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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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entsagen soll. Um wieviel mehr muß man dann um der Sündenstrafe willen das böse Reden vermeiden!« Und weiter hieß es: »Leichtfertige Spaße aber und albernes oder zum Lachen reizendes Geschwätz verdammen wir allezeit und überall, und keinem Jünger erlauben wir, zu derlei Reden den Mund zu öffnen.«
    »Jawohl, und das gilt auch für die Marginalien, von denen wir heute sprachen«, konnte sich Jorge nicht enthalten, leise zu kommentieren. »Wie Johann Chrysostomus sagte: Christus hat nie gelacht!«
    »Nichts in seiner menschlichen Natur untersagte es ihm«, warf William ein, »denn das Lachen ist, wie uns die Theologen lehren, dem Menschen eigentümlich.«
    » Forte potuit, sed non legitur eo usus fuisse « 25 , sagte Jorge mit fester Stimme, ein Diktum von Petrus Cantor zitierend.
    » Manduca, iam coctum est « 26 , murmelte William.
    »Was?« fragte Jorge verwirrt, offenbar in der Meinung, William spreche von einem Braten, den man essen solle, solange er knusprig ist.
    »Diese Worte sprach, wie Ambrosius berichtet, der heilige Lorenz auf dem Feuerrost, als er seine Henker aufforderte, ihn auf die andere Seite zu drehen, wie auch Prudentius in seinem Peristephanon zu berichten weiß«, sagte William mit der Miene eines Heiligen. »Sankt Lorenz war also durchaus imstande, zu lachen und Spaße zu machen, sei's auch nur, um seine Feinde zu demütigen …«
    »Was nur beweist, wie nah das Lachen dem Tod und dem Verderben des Körpers ist«, knurrte Jorge, und ich muß zugeben, daß er wie ein guter Logiker argumentierte.
    An diesem Punkt mahnte der Abt uns gütig zu schweigen. Als das Mahl beendet war, erhob er sich und stellte William den Mönchen vor. Er lobte seine Weisheit, hob seinen Scharfsinn hervor und erklärte den Versammelten, daß er ihn gebeten habe, den Tod des Adelmus zu untersuchen. Die Brüder seien mithin gehalten, seine Fragen getreulich zu beantworten und die ihnen Unterstellten in der ganzen Abtei anzuweisen, ein gleiches zu tun. Auch sollten sie ihm die Untersuchung soweit wie möglich erleichtern – sofern er nicht etwas von ihnen verlange, was gegen die Ordnung des Klosters verstoße, in welchem Falle sie vorher seine, des Abtes, Erlaubnis einholen müßten.
    Als die Mahlzeit beendet war, standen die Mönche auf, um sich zur Komplet in den Chor zu begeben. Sie zogen ihre Kapuzen über und ordneten sich vor der Tür zu einer Reihe. Dann bewegten sie sich in langer Prozession hinaus und über den Friedhof durchs Nordportal in die Kirche.
    Wir gingen neben dem Abt. »Zu dieser Stunde, nicht wahr, wird das Aedificium verschlossen?« fragte William.
    »Sobald die Diener das Refektorium und die Küche gereinigt haben, schließt Malachias eigenhändig beide Pforten und verriegelt sie von innen.«
    »Von innen? Und wo geht er dann hinaus?«
    Der Abt sah William streng ins Gesicht und schwieg. »Zweifellos schläft er nicht in der Küche«, sagte er schließlich schroff und beschleunigte seinen Schritt.
    »Gut, gut!« flüsterte William mir zu. »Es gibt also noch einen anderen Eingang, und den sollen wir nicht kennen.« Ich grinste, stolz über diese treffliche Deduktion meines klugen Meisters, aber der schalt mich leise: »Lach nicht! Du hast doch gemerkt, in diesen Mauern hält man nicht sehr viel vom Lachen!«
    Wir traten in den Chor. Nur ein einziger Leuchter brannte, hoch auf einem schweren bronzenen Dreifuß von doppelter Mannesgröße. Die Mönche begaben sich schweigend ins Chorgestühl, während der Vorleser aus einer Homilie des heiligen Gregor las.
    Als alle versammelt waren, gab der Abt ein Zeichen, und der Cantor intonierte Tu autem Domine miserere nobis . Der Abt respondierte Adjutorium nostrum in nontine Domini , und alle sangen gemeinsam Qui fecit coelum et terram . Dann folgte das Psalmensingen: Erhöre mich, wenn ich rufe, Gott meiner Gerechtigkeit; Danken will ich dir, Herr, von ganzem Herzen; Auf, lobet den Herrn, alle Knechte des Herrn!
    William und ich hatten nicht im Chorgestühl Platz genommen, sondern uns in das Hauptschiff zurückgezogen. Dort sahen wir plötzlich Malachias aus dem Dunkel einer Seitenkapelle auftauchen.
    »Merk dir die Stelle«, raunte William mir zu. »Vielleicht ist da ein Gang, der zum Aedificium fuhrt.«
    »Unter dem Friedhof hindurch?«
    »Warum nicht? Es muß sogar, wenn man es recht bedenkt, irgendwo ein Ossarium geben, Katakomben oder dergleichen. Es kann doch unmöglich sein, daß alle Mönche, die in den Jahrhunderten hier gestorben sind,

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