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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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bestimmt für den U-Bahn-Bau unter der Hermannstraße. Der Fahrer des Gefangenentransporters war inzwischen ausgestiegen und gab dem Kommissar
     einen Wink. Rath kletterte fluchend über einen Stapel Bretter, und da sah er den Pornokaiser: geduckt mit hängenden Hosenträgern
     die Hermannstraße hinunterlaufend, hinab in Richtung Hermannplatz.
    »Halt, stehen bleiben! Polizei!«, rief Rath. Sein Ruf wirkte auf Wilhelm zwo wie ein Startschuss. Der Mann richtete sich auf
     und schoss nach vorn, quer über die Fahrbahn zum Bürgersteig, auf dem er sich rüde an ein paar Passanten vorbeipöbelte.
    »Haltet den Mann fest«, rief Rath. »Dies ist ein Polizeieinsatz!«
    Kein Mensch reagierte.
    »Gib dir keine Mühe«, hörte er eine bekannte Stimme hinter sich. »Die Leute hier helfen keinem Bullen.« Wolter klopfte ihm
     auf die Schulter. »Lauf«, sagte der Onkel und spurtete los. »Zusammen kriegen wir die Ratte!«
    Rath war erstaunt, wie schnell der kräftig gebaute Wolter trotz seines Körpergewichts die leicht abschüssige Hermannstraße
     hinunterlief. Nur mit Mühe konnte er ihm folgen. Erst kurz vor dem Hermannplatz hatte er den Onkel wieder eingeholt.
    »Siehst du ihn?«, keuchte Rath. Er spürte Stiche in der Seite und musste sich an einer Straßenlaterne abstützen. Erst jetzt
     merkte er, dass er seinen Hut noch immer in der Hand hielt, und setzte ihn auf. Wolter wies mit einem kurzen Kopfnicken zum
     Hermannplatz. Vor ihnen türmte sich der gigantische Koloss des Karstadt-Rohbaus in den Himmel. Das neue Kaufhaus sollte dem
     biederen Hermannplatz einen Hauch von New York verleihen. Für diesen Sommer war die Einweihung geplant, jetzt aber war da
     nur ein riesiges Baugerüst zu sehen, flankiert von Lastenaufzügen und Kränen. Fast sechzig Meter ragten die beiden Türme an
     der Nord- und Südseite in die Höhe. Und Wilhelm zwo rannte auf die Südecke der Baustelle zu, quer über die große Kreuzung,
     vorbei an hupenden Autos. Um ein Haar wäre er der Straßenbahn der Linie 29 unter die Räder gelaufen, die gerade die Hermannstraße
     hinaufwollte,doch im letzten Moment kreuzte er die Fahrbahn des quietschenden Monstrums mit einem Hechtsprung und war den Blicken der beiden
     Polizisten entschwunden. Sie mussten warten, bis die Bahn an ihnen vorbeigerumpelt war. Und dann war von ihrem Mann nichts
     mehr zu sehen. Sie überquerten die Kreuzung und hielten den Platz im Blick.
    »In die U-Bahn hat er es jedenfalls nicht geschafft«, meinte Wolter. »So viel Zeit hatte er nicht.«
    »Aber dafür hatte er Zeit«, sagte Rath und deutete auf den Bauzaun. Eine mit Plakaten tapezierte Bretterwand, gut zwei Meter hoch, riegelte
     die gesamte Kaufhausbaustelle vom Menschengewimmel auf dem Hermannplatz ab.
    Der Onkel nickte. Sie näherten sich der Baustelle, ihre Augen suchten die Stelle, an der der Mann über den Zaun geklettert
     sein könnte. Nehmt eure Rechte wahr! Demonstriert am 1. Mai! hatte jemand mit roter Farbe quer über den Bauzaun gepinselt und dabei gleich mehrere Werbebotschaften verhunzt.
    Da! Das Plakat!
    Rath schaute Wolter an. Der musste es im gleichen Moment entdeckt haben. Sie gingen auf die Sinalco -Werbung zu und untersuchten sie aus der Nähe. Über dem S und unter dem C war das Papier eingerissen. Schmutzabrieb wie von Schuhen. Keine Sachbeschädigung. Kletterspuren.
    Wolter machte Räuberleiter, Rath zog sich an dem glitschig nassen Holz hoch und lugte über die Bretterwand. Tatsächlich, da
     sah er ihn! Wilhelm zwo lief in Richtung Urbanstraße und hatte das gegenüberliegende Ende der Baustelle fast erreicht. Eine
     ordentliche Strecke, die Kaufhausfassade nahm die komplette Längsseite des Hermannplatzes ein, bestimmt an die dreihundert
     Meter.
    »Er will zur Urbanstraße! Halt ihn auf«, rief er dem Onkel zu, setzte über den Zaun und nahm die Verfolgung wieder auf. Wenn
     Bruno ihm den Weg abschneiden würde, dann hätten sie ihn in der Zange. Wilhelm zwo hatte ihn bemerkt, sein Blick wurde zusehends
     gehetzter. Der falsche Kaiser war jetzt auf der Höhe des Nordturms, lief an dem Lastenaufzug vorbei, der den Turm flankierte, direkt auf den Zaun an der Urbanstraße zu. Gleich säße er in der Falle! Doch der Mann blieb stehen. Er machte kehrt
     und verschwand hinter dem Stahlgerüst des Aufzugs – und dann sah Rath ihn an den Stahlstreben nach oben klettern, flink wie
     eine Ratte. So schnell gab der nicht auf. Rath überlegte nicht lange, er musste hinterher.
    Unmöglich auf dem

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