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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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immer schon gut leiden können – und außerdem war sie dabei gewesen, sich von einer bestimmten Lebensweise abzunabeln.
    Jetzt bin ich also spießig, sagte sie sich, und ich bin glücklich dabei.
    Ein ganz gewöhnliches Hausfrauenleben, nichts Außergewöhnliches außer der Familie, die ab und zu zu einem Bier herüberkam. Hin und wieder ein Kirchenbesuch, während Pete, der Agnostiker, sich ausschlief; Urlaubsreisen nach Neuengland oder in die Rocky Mountains, Pläne für ein Kind, das sie bald haben wollten … was konnte man sich mehr vom Leben wünschen?
    Ihre früheren Freunde waren immer bereit gewesen, sich über die Langweiligkeit des Spießbürgerlebens zu amüsieren, betrachtete man die Dinge aber genauer, dann erkannte man, daß sie nur ein Verhaltensmuster gegen ein anderes ausgetauscht hatten und bei diesem Geschäft einen Teil der Wirklichkeit verloren zu haben schienen.
    Sheila schüttelte verwundert den Kopf. Es war gar nicht ihre Art, so in den Tag hineinzuträumen. Ihre Gedanken schienen sogar irgendwie anders zu klingen.
    Sie beendete ihre Hausarbeit und sah sich um. Normalerweise pflegte sie sich vor dem Mittagessen eine Weile mit einem der spannenden Schmöker zu entspannen, die ihr liebstes Laster waren. Danach mußte sie dann einkaufen, machte vielleicht einen kurzen Spaziergang durch den Park oder einen Besuch bei einer Freundin oder hatte selbst Besuch, und dann war es Zeit, das Abendessen zu machen und auf Pete zu warten. Aber heute …
    Sie nahm den Krimi zur Hand, den sie hatte lesen wollen. Einen Augenblick lang ruhte der grellbunte Umschlag zwischen unsicheren Fingern, und fast hätte sie sich gesetzt. Dann schüttelte sie den Kopf, stellte das Buch zurück, ging zu dem überladenen Bücherregal hinüber, nahm Petes zerlesenes Exemplar von Lord Jim heraus und ließ sich in den Sessel nieder. Es war bereits später Nachmittag, bevor sie merkte, daß sie das Mittagessen völlig vergessen hatte.
    Corinth traf Felix Mandelbaum, als er im Lift nach unten fuhr. Sie gehörten zu jenen seltenen Kombinationen von Nachbarn in New Yorker Mietskasernen, die zu engen Freunden geworden waren. Sheila mit ihrem kleinstädtischen Hintergrund hatte darauf bestanden, zumindest alle Nachbarn auf der gleichen Etage kennenzulernen, und Corinth war, was die Mandelbaums betraf, froh darüber. Sarah war ein molliges, ruhiges, in sich zurückgezogenes Hausmütterchen, freundlich, aber farblos; ihr Mann war da ganz anders.
    Felix Mandelbaum war vor fünfzig Jahren im Lärm und Dreck des Ausbeutungsbetriebs der Lower East Side auf die Welt gekommen, und das Leben hatte ihm seitdem nur Tritte versetzt, aber er trat mit großer Begeisterung und mit voller Kraft zurück. Er war schon alles gewesen, vom umherziehenden Obstpflücker über Maschinist bis zum OSS-Agenten in Übersee während des Krieges, wobei ihm sein Talent im Umgang mit Sprachen und Menschen bestimmt von Nutzen gewesen war. Seine Karriere als Gewerkschaftsorganisator verlief parallel, von den alten JWW zu der vergleichsweisen Respektabilität seines gegenwärtigen Jobs: Offizieller Exekutivsekretär des Ortsverbandes, was hieß, daß er als Feuerwehr für besondere Problemfälle herumreiste und eine gewichtige Stimme im Gewerkschaftsapparat hatte. Er war nicht mehr so radikal wie in seiner Jugend, behauptete sogar, einer der letzten echten Konservativen zu sein. Felix hatte sich sein beträchtliches Wissen selbst angeeignet. Er war äußerst belesen und hatte bestimmt mehr vom Leben als alle anderen Mitglieder seines Freundeskreises, abgesehen von Nat Lewis vielleicht. Eigentlich komisch, wenn man es so bedachte.
    „Hallo“, sagte der Physiker. „Du hast dich verspätet.“
    „Nicht direkt.“ Mandelbaums Stimme hatte einen barschen New Yorker Tonfall. Er war ein kleiner, drahtiger, grauhaariger Mann mit einem knorrigen, hakennasigen Gesicht und glühenden, dunklen Augen. „Ich wachte mit einer Idee auf. Einem Reorganisationsplan. Erstaunlich, daß bisher niemand daran gedacht hat. Er würde den Papierkrieg um die Hälfte reduzieren. Und ich habe bereits einen Entwurf skizziert.“
    Corinth schüttelte mitleidig den Kopf. „Inzwischen, Felix, solltest du gelernt haben, daß die Amerikaner viel zu sehr in ihren Papierwust vernarrt sind, als daß sie sich von einem einzigen Blatt trennen könnten“, sagte er.
    „Du kennst die Europäer nicht“, grollte Mandelbaum.
    „Weißt du“, meinte Corinth, „es ist komisch, daß du ausgerechnet heute

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