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Der negative Erfolg

Der negative Erfolg

Titel: Der negative Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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Müßiggang, Hilfsbereitschaft gegenüber dem Bedürftigen und schloß in der Überzeugung, daß die Anwesenden seiner mahnenden Worte gedenken sollten, wenn die Aufforderung an sie ergehe, sich um einen fähigen Mann zu scharen, der sie zu einem gottgefälligen Werk führen werde.
    Die Leute blieben noch eine Weile stehen. Sie hatten etwas gehört, und sie hatten nichts gehört. Es war ihnen zumute wie dem Hungrigen, dem es in den Magen geschneit hat. Murrend und achselzuckend gingen sie schließlich auseinander. Am nächsten Tage fanden sie sich jedoch wieder ein, denn sie hatten Langeweile.
    Der Kardinal hatte kaum mit seiner Predigt begonnen, als man ihn durch ungeduldige Zwischenrufe unterbrach. Er solle sich genauer ausdrücken, und was er mit Müßiggang meine und wer der Mann wäre, um den sie sich scharen sollten. In die Enge getrieben, rückte er schließlich mit dem Vorhaben des ehrenwerten Magnus Err heraus. Alle wären aufgefordert, sich zu bestimmter Stunde einzufinden, um unter der Schutzherrschaft der Kirche dem gottgefälligen Unternehmen dieses christlichen Herrn Err ihre Unterstützung nicht zu versagen. Die Versammelten stießen einen Schrei der Begeisterung aus und stoben davon, um ihren Beitrag zu diesem gottgefälligen Unternehmen ins Werk zu setzen. Der Kardinal hob die Hände gen Himmel, entsann sich der Fragwürdigkeit dieser Gebärde und bekam wieder seine Zuckungen.
    Nach kurzer Zeit hatten sich die verschiedensten Gruppen entschieden, wie sie sich an der Zahnstocherproduktion des Magnus Err beteiligen wollten. Die Bürokraten richteten ein Büro ein, durch welches die Arbeitswilligen registriert, in die verschiedensten Altersstufen, Berufsgruppen usw. unterteilt, nach Haarfarbe, Körpergröße, Gesichtsausdruck, Schuhgröße, Augenfarbe usw. spezifiziert und wie ihre Fingerabdrücke katalogisiert werden sollten. Die Individualisten gründeten einen Verein, der dem Unternehmen mit dem Ziel beitreten sollte, die Wahrung der Freiheit der Persönlichkeit zu garantieren und die Tendenzen der Vermassung konsequent zu bekämpfen. Die praktischen Idealisten verfaßten nach heftiger Debatte, in der es über den Gebrauch des Semikolons beinahe zu einer Schlägerei gekommen war, einstimmig eine Resolution, in welcher das Unternehmen aufs herzlichste begrüßt wurde, und versanken darauf in den Zustand völliger Erschöpfung, weshalb die Resolution nicht abgesandt wurde. Kurzum, jeder beteiligte sich auf seine Weise an dem Unternehmen, so daß es wirklich zustande gekommen wäre, wenn nicht die Arbeiter gefehlt hätten. Aber sie waren um nichts in der Welt aufzutreiben. Weder die praktischen Idealisten noch die Bürokraten, weder die Individualisten noch die Verfertiger absurder Gemälde, weder die Tagediebe noch die Existentialisten dachten auch nur im entferntesten an etwas dergleichen. Entrüstet wiesen sie jedes derartige Ansinnen zurück und stürzten sich aufs neue in ihre Angelegenheiten. ›Wir sind für die Freiheit der Persönlichkeit!‹ riefen die Individualisten. ›Gott möge seine schützende Hand darüber halten‹ riefen die Theologen. ›Wer nicht registriert ist, darf nicht arbeiten!‹ ließen sich die Bürokraten hören. ›Ohne Beschlüsse geht die Welt zugrunde!‹ erhitzten sich die praktischen Idealisten. ›Der passive Reiz ist das Wesen der Ruhe‹, räsonierten die Existentialisten. ›Verfluchte Bande!‹ fluchte der Kapitalist und ›Verdammter Dreck!‹ und wurde von Tag zu Tag magerer. Er fuhr sich mit zwei Fingern in den Hemdkragen, der ihm viel zu weit geworden war. Er konnte sich nicht fassen vor Wut. Jahrelang hatte er diese Schmarotzer ausgehalten. Und jetzt, da sie nur ein einziges Mal für ihn arbeiten sollten, ließen sie ihn im Stich. Aber sie würden schon noch kommen und ihn anflehen. Doch sie kamen nicht, sondern sie predigten, verfaßten Schriften und Resolutionen, verteilten Flugblätter und verlasen Pamphlete und kümmerten sich nicht um den Kapitalisten. Sie waren vollauf beschäftigt. Und je mehr der Kardinal predigte und der Kapitalist fluchte, desto eifriger stürzten sie sich in ihre Geschäfte, schauten nicht rechts noch links und ereiferten sich, daß ihnen der Schweiß ausbrach. ›Auf den Knien werden sie mich noch anflehen‹, dachte der Kapitalist. Doch sie kamen und kamen nicht. Der Kapitalist magerte zusehends ab und sah bald aus wie ein Arbeitsloser in der Zeit der großen Krise. Da brach etwas in ihm zusammen.



 
     
     

Er sank auf

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