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Der Neue Frühling

Der Neue Frühling

Titel: Der Neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Und außerdem wollte sie in der eiskalten Luft nicht ihr Kleid ausziehen. Sicherlich würde man Namen in irgendeinem Unterstand aufschreiben, wo ein Feuer oder eine Kohlenpfanne für Wärme sorgte. Natürlich würde man das. Die meisten Leute in den Lagern würden sie aller Wahrscheinlichkeit nach für Schwestern halten, genau wie Tamra gesagt hatte.
    Als Nächstes holte sie einen schmalen Ledergürtel mit Silberschnalle und einer einfachen Dolchscheide aus dem Kleiderschrank; der Dolch war mit Silber verziert, die Klinge war etwas länger als ihre Hand. Sie hatte ihn seit ihrer Ankunft in der Burg nicht mehr getragen, und er fühlte sich zuerst unbehaglich an, als er an ihrer Taille hing. Vielleicht war es verboten, sich mit der Macht zu verteidigen, aber der Dolch würde hilfreich sein, falls sie in die Verlegenheit kam. Sie nahm ihren Gürtelbeutel von dem weißen Ledergürtel ab, den sie auf dem Bett abgelegt hatte, dann dachte sie kurz nach. Es war schön und gut, dass Tamra gesagt hatte, dass alles, was sie brauchen würden, auf sie wartete, aber es war unklug, sich darauf zu verlassen, dass jemand anderes sich um alles kümmerte, selbst wenn es die Amyrlin war. Sie steckte ihren Elfenbeinkamm und die Haarbürste mit dem Elfenbeingriff in eine Ledertasche. Ganz egal, wie dringend sie die Namen brauchten, sie bezweifelte, dass eine Aufgenommene, die ihr Äußeres lange Zeit vernachlässigte, mit einer scharfen Zurechtweisung davonkam. Es folgten ihre guten Reithandschuhe, die aus dunkelblauem Leder mit dem schlichten Stickmuster auf dem Handrücken, Nähzeug in einem verzierten Schwarzholzkästchen, ein Knäuel fester Bindfaden, zwei Paar saubere Strümpfe für den Fall, dass die, die sie trug, nass wurden, mehrere Taschentücher in verschiedener Größe und einige andere Gegenstände, die möglicherweise von Nutzen sein konnten, einschließlich einem kleinen Federmesser für das Zuspitzen von Schreibfedern für den Fall, dass sie damit arbeiten mussten. Schwestern würden sich niemals mit solchen Unannehmlichkeiten herumschlagen müssen, aber sie waren keine Schwestern.
    Sie hängte sich die Ledertasche über die Schulter, nahm den Umhang mit dem gestreiften Saum und der mit einem Streifen versehenen Kapuze und eilte gerade noch rechtzeitig hinaus, um zu sehen, wie Meidani und Brendas mit hinter ihnen herflatternden Umhängen durch die Tür zur Galerie huschten. Siuan wartete ungeduldig, unter dem Umhang ebenfalls eine Ledertasche über der Schulter, und in ihren blauen Augen funkelte es unternehmungslustig. Sie war nicht die Einzige, die von der Aufregung des Augenblicks erfasst worden war. Auf der anderen Seite der Galerie schoss Katerine Alruddin aus ihrem Zimmer und verlangte lauthals danach, dass Carlinya ihr Nähzeug zurückbrachte, dann verschwand sie wieder darin, ohne auf eine Antwort zu warten.
    »Alanna, Pritalle, kann eine von euch mir ein Paar saubere Strümpfe leihen?«, rief jemand von unten.
    »Edesina, ich habe dir gestern ein Paar geliehen«, kam von oben die Erwiderung.
    Zuknallende Türen hallten durch den Schacht, als Frauen herauseilten und nach Temaile oder Desandre, Coladara oder Atuan oder einem Dutzend anderer riefen, um diesen oder jenen geliehenen Gegenstand zurückzufordern oder sich etwas zu leihen. Wäre eine Schwester anwesend gewesen, hätte der Lärm sie alle in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht.
    »Wo steckst du denn, Moiraine?«, sagte Siuan atemlos. »Komm schon, sonst lässt man uns zurück.« Sie schritt schnell los, als würde sie ernsthaft damit rechnen, dass die Wächter ohne sie abrückten, wenn sie sich nicht beeilten. Natürlich war das Unsinn, aber Moiraine trödelte nicht. Sie würde sich die Gelegenheit, aus der Stadt herauszukommen, auf keinen Fall entgehen lassen. Vor allem keine solche Gelegenheit.
    Draußen hatte die Sonne noch immer nicht den halben Weg zu ihrem Zenit zurückgelegt. Dichter werdende graue Wolken wälzten sich über den Himmel. Möglicherweise würde es heute noch neuen Schnee geben. Das würde die vor ihnen liegende Aufgabe keinesfalls leichter machen. Der Weg war mühelos, da der breite, mit Kies bestreute Pfad durch die Bäume zum Weststall jenseits der Aufgenommenen-Quartiere geräumt worden war. Natürlich nicht um der Bequemlichkeit der Aufgenommenen willen; die meisten Schwestern hatten ihre Pferde im Weststall untergestellt, und falls nötig schaufelten die Diener den Pfad zwei- oder dreimal täglich frei.
    Der Stall selbst bestand

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