Der neue Geist von Pao
Violettskala sehen. Ich kann Radiowellen hören. Ich kann mich unter Wasser bewegen. Ich kann im luftleeren Raum schweben. Statt eines Knochens habe ich einen Flammenwerfer in meinem Zeigefinger. Außerdem verfüge ich noch über eine Anzahl weiterer Kräfte, die ihre Energie alle aus einer sich selbsttätig aufladenden Batterie unterhalb meiner Rippen beziehen.«
Beran schwieg eine Weile ehrfürchtig, dann fragte er schließlich schüchtern: »Wenn ich nach Breakness komme, werde ich dann auch modifiziert?«
Palafox betrachtete ihn überlegend, als wäre ihm dieser Gedanke bisher noch nicht gekommen. »Wenn du alles genau tust, wie ich es dir sage.«
»Und was muß ich tun?«
»Darüber brauchst du dir im Augenblick noch nicht den Kopf zu zerbrechen ...« Er blickte auf den Zeitmesser und trat in die Beobachtungskuppel. »Hier ist Breakness. Wir setzen zur Landung an.«
Beran folgte ihm und starrte mit großen Augen auf die riesigen grauen Berge, deren schneebedeckten Gipfeln sie immer näher kamen. Das Schiff ließ sie hinter sich zurück und flog über einen graugrünen Ozean, auf dem tote Pflanzen schwammen. Dann hob es sich erneut, brauste über öde Felsen hinweg und senkte sich endlich in ein weites Tal, dessen Grund unter Nebelschwaden verborgen war. Es streifte darüber hinweg und näherte sich einem felsigen Hang, auf dem eine grauweiße Kruste sichtbar wurde. Als das Schiff dichter heran war, entpuppte sie sich als kleine Stadt, die sich an den Berg schmiegte. Die Gebäude waren langgestreckt und niedrig, aus Schmelzstein gebaut, mit rostbraunen Dächern. Mehrere von ihnen waren miteinander verbunden und hingen wie eine Kette den Felshang herab. Das Ganze wirkte düster und alles andere als einladend.
»Ist das Breakness?« fragte Beran.
»Das ist das Breakness-Institut«, erwiderte Palafox.
»Ich habe es mir anders vorgestellt«, murmelte Beran enttäuscht.
»Wir geben nicht viel auf Äußerlichkeiten«, erklärte Palafox. »Es gibt schließlich nur sehr wenige Dominies, und wir verkehren kaum miteinander.«
Beran öffnete die Lippen, zögerte jedoch, denn er fühlte, daß er möglicherweise ein empfindliches Thema anschnitt. Vorsichtig fragte er: »Leben alle Ihre Söhne bei Ihnen?«
»Nein«, erwiderte Palafox kurz. »Sie besuchen natürlich das Institut.«
Das Schiff sank tiefer. Die Zeiger auf der Armaturentafel zitterten und hüpften wie lebendige Wesen.
Beran blickte über die trostlose Landschaft und erinnerte sich plötzlich voll Sehnsucht an die frischen Farben seiner Heimat. »Wann darf ich wieder nach Pao zurück?« fragte er.
»Sobald die Umstände es erlauben«, erwiderte Palafox abwesend.
»Und wann wird das sein?«
Jetzt erst schien der Dominie wieder auf ihn aufmerksam zu werden. »Willst du Panarch von Pao sein?«
»Ja«, sagte Beran fest. »Wenn ich modifiziert werden kann.«
»Vielleicht erfüllen sich deine Wünsche. Aber vergiß nie: wer nimmt, muß auch geben.«
»Was muß ich geben?«
»Darüber unterhalten wir uns später.«
»Bustamonte wird nicht erfreut sein, mich wiederzusehen«, murmelte Beran bedrückt. »Ich glaube, er möchte ebenfalls Panarch sein.«
Palafox lachte. »Bustamonte hat jetzt genügend Probleme. Sei froh, daß er sich an deiner Stelle damit herumschlagen muß.«
7.
Bustamontes Schwierigkeiten und Probleme waren wahrhaftig groß. Sein Traum von Macht war zerplatzt wie eine Seifenblase. Statt über Kontinente zu herrschen und einen großen Hof in Eiljanre zu führen, bestand sein ganzes Gefolge aus einem Dutzend Mamaronen, drei seiner am wenigsten begehrenswerten Konkubinen und einigen mürrischen Beamten von Magistratsrang. Sein ganzes Reich war ein einsames Dorf im regnerischen Moorland von Nonamand, wohin er sich geflüchtet hatte, und sein Palast eine Hütte. Und hier war er nur deshalb sicher, weil die Brumbos noch kein größeres Verlangen danach gezeigt hatten, ihn zu suchen und zu töten.
Ein Monat verging. Bustamontes Laune wurde immer schlechter. Er schlug seine Konkubinen und beschimpfte die Mamaronen und Beamten. Die Schäfer aus der Umgebung mieden das Dorf, und die wenigen Landsleute gingen ihm aus dem Weg. Eines grauen, regnerischen Morgens erwachte er und stellte fest, daß er allein war. Selbst seine Konkubinen hatten sich mit den anderen aus dem Staub gemacht.
Wütend starrte er in den Nieselregen hinaus. Plötzlich hörte er das wilde Kriegsgeheul der Brumbos, und ein Trupp blondzöpfiger Krieger senkte
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