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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Ich bin ihm einmal in Petersburg begegnet. Ein kleiner Mann mit schlechten Zähnen. Sie hatten einen dritten bei sich, einen mongolischen Führer. Er fand sich nach ihrem Tod wohlbehalten in Russland ein und lieferte seine Informationen ab. Der Tibetexperte in Moskau war damals Badmajew. Er sprach ausführlich mit dem Mann und schrieb dann einen Bericht.
    Offiziell waren Maiski und Skrypnik als Forscher nach Tibet gereist. So kam es, dass mit einem umfangreichen wissenschaftlichen Apparat versehene Versionen des Berichts von ihrer Expedition auch in die entsprechenden Institutionen gelangten – das Institut für Ostsprachen beim Außenministerium, die Ostsektion der Archäologischen Gesellschaft und die Akademie der Wissenschaften. Sogar in Zeitschriften erschienen mehrere Artikel. Einige habe ich gelesen.«
    Winterpole verstummte und drehte gedankenverloren am Lenkrad. Niemand ging über die Straße. Es war Dienstagabend und kalt, die Kinder waren bereits im Bett und sahen im Traum den Weihnachtsmann oder den großen Pudding, den sie gegessen hatten.
    »Der eigentliche Bericht, die unbearbeitete Version, wurde in einer Akte des Geheimdienstarchivs abgelegt und geriet prompt in Vergessenheit. Der Mongole verschwand. Ziemlich sicher wurde er getötet, weil er zu viel wusste.«
    »Was wusste er denn?«
    »Nur Geduld, Christopher. Darauf komme ich noch. Ich denke, Badmajew wollte auf Grund des Berichts etwas unternehmen. Aber zunächst brauchte er dafür Geld und die Unterstützung der richtigen Leute. Allerdings schrieb mandas Jahr 1913, und für eine Unternehmung in Tibet war die Lage alles andere als günstig. So blieb die Akte, wo sie war, und staubte langsam ein. Ich hatte natürlich keine Ahnung, dass es sie überhaupt gab. Niemand wusste davon.
    Von allem, was ich Ihnen gerade erzählt habe, erhielt ich erst in diesem Jahr Kenntnis, nachdem mir der Bericht über Samjatins Auftauchen am Berg Kailash zugesandt worden war. Die Information stellte sich als verlässlich heraus. Ihr lagen Fotos bei, das sagte ich bereits. Das überzeugte mich, dass Samjatin tatsächlich dort gewesen war. Ich fragte mich natürlich, was einen Mann wie Nikolai Samjatin an einen so gottverlassenen Ort geführt haben mag. Einen Mann, der eindeutig auf dem Weg nach oben ist. Der Zugang zu den Korridoren der Macht hat.
    Da fiel mir ein, dass Sie 1912 in dieser Gegend gewesen waren und dort nach russischen Agenten gesucht hatten. Vielleicht, so dachte ich mir, hatten Sie sich geirrt und russische Agenten waren wirklich dort gewesen, zumindest einer. Wenn das so war, so überlegte ich, dann musste es irgendwo einen Bericht darüber geben … Nikolai Samjatin hatte ihn wahrscheinlich gefunden und gelesen.«
    Winterpole streckte seine Hand aus und wischte die frisch beschlagene Scheibe wieder frei. Draußen fielen noch immer dichte Flocken. Sie schwebten vor der Straßenlaterne herunter, fern und farblos wie Schatten von einem anderen Stern.
    »Ich wies meinen besten Agenten in Moskau an, nach dem Bericht zu suchen. Nach einer Woche hatte er ihn gefunden. Genauer gesagt, die Akte, in der er gelegen hatte. Der Bericht selbst war verschwunden. Samjatin hatte ihn entweder mitgenommen oder vernichtet. Das war nicht mehr festzustellen. Badmajew hatte jedoch noch ein zweites Papier angefertigt. Dabei handelte es sich um eine Zusammenfassung, die der Zar persönlich zur Kenntnis erhielt. Sie ist kaum eineSeite lang und für unsere Zwecke wenig ergiebig. Aber eines geht daraus klar hervor: Maiski und Skrypnik wurden nach Tibet geschickt, um nach etwas zu suchen. Und was immer es war, sie haben es gefunden.
    Außerdem ließ das Papier darauf schließen, dass ihre Entdeckung nicht zusammen mit dem mongolischen Führer nach Russland gelangt war. Sie war in Tibet geblieben. Badmajews Zusammenfassung endete mit der Bitte nach weiteren Finanzmitteln, um eine Expedition auszurüsten, die sie nach Russland holen sollte. Dann aber brach in Europa der Krieg aus, und die Expedition kam nie zustande. Bis zu diesem Jahr. Bis Nikolai Samjatin sich selbst mit dieser Sache beauftragte.«
    Irgendwo waren laute Schritte auf hartem Untergrund zu hören und verklangen. In einem Haus auf der anderen Straßenseite ging ein Licht an und verlosch wieder. Ein Hund bellte und beruhigte sich bald. Die Nacht trat in ihre Rechte ein.
    »Was hat all das mit mir oder meinem Sohn zu tun?«, fragte Christopher noch einmal.
    Winterpole presste seine Stirn gegen das kalte Metall des

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