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Der Opal

Der Opal

Titel: Der Opal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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nicht getan hatte.
    »Gut«, sagte das Schiff. »Zur Strafe musst du meinen neuen Namen erraten.«
    Sie streckte die Zunge heraus und versuchte dabei ein möglichst furzähnliches Geräusch zu erzeugen. Dann erinnerte sie sich daran, dass ihr Lexikon und ihr Raumanzug von den Taan während ihres Aufenthalts im Opal modifiziert worden waren. Sie suchte die Sachen und blies sie genauso durch die Schleuse ins All wie das Ei mit Nidihanns Rumpf.
     
    Latil wachte von der leisen Musik auf, die das Schiff abspielte. Selbst im Schlaf machte ihr diese Musik Kopfschmerzen, weil sie entfernt an den Gesang der Taan erinnerte.
    »Stell das ab«, sagte sie.
    »Ich wollte, dass du aufwachst. Ziehst du dir etwas Besonderes an?«
    »Was?« Die Frage verblüffte Latil so sehr, dass sie zunächst glaubte, sie habe sich verhört.
    »Ich möchte, dass du dir etwas Schönes anziehst. Worin du hübsch aussiehst. Etwas für besondere Gelegenheiten.«
    Latil fühlte sich rot werden. Was sie dabei empfand, war ein unbeschreibliches Gemisch aus Wut, Scham, Rührung und Verblüffung.
    »Ganz schlechter Witz, Passage. Erstens bin ich nicht diese Art Frau. Zweitens bin ich nicht ganz auf dem Laufenden, was die zeitgenössische Mode angeht. Drittens würde ich nur zu gerne wissen, um welche ›besondere Gelegenheit‹ es sich handelt.«
    »Schau doch bitte mal in deiner Tasche nach. Nur zum Spaß.«
    Latil zögerte kurz, dann stand sie auf und ging zu ihrer Tasche hinüber. Die Tasche war verschlossen, aber als sie sie öffnete, lagen obenauf Kleider, die sie noch nie gesehen hatte. Als erstes war da ein Pullunder aus einem bernsteinfarbenen, federflaumähnlichen Stoff, der wie Seide durch ihre Hände glitt, aber nicht so kühl war. Latil wollte den Pullunder sofort anziehen, aber sie beherrschte sich gerade noch, bevor sie allzu viel von ihrer freudigen Überraschung zeigte. Dann eine schwarze Hose aus einem glänzenden festen Material, das auf den ersten Blick unflexibel und wenig geschmeidig wirkte und einen starken Geruch verströmte, der ihr in die Nase stieg. Zuletzt ein Paar Schuhe, schwarz und weiß, mit flacher Sohle, ohne erkennbaren Verschlussmechanismus. Sie fragte sich, wie man diese Schuhe an den Füßen behalten sollte, während sie den Pullunder überzog. Er fühlte sich auf ihrer Haut an, als sollte sie nie wieder etwas anderes tragen. Die Hose entpuppte sich als überaus bequem und saß wie angegossen, die Schuhe schlossen sich von selbst um ihre Füße, als sie sie überstreifte, und keine Naht war zu sehen. Das Schiff verspiegelte eine Fläche ganz in ihrer Nähe, und sie erschrak: Alles war gut. Ihre kurzen grauen Haare, das breite Gesicht, ihre Markierungstätowierungen, ja selbst die Narben an ihren Unterarmen wurden von den neuen Kleidern zueinander in ein stimmiges Verhältnis gesetzt, alles war rund, es fehlte nichts, sie war ansehnlich. Schwein, dachte sie mit einem Kloß im Hals und meinte damit das Schiff. Dreckiges Schwein. Studiert mich und spioniert mich aus und legt mir dann die Kleider hin, die ich tragen soll.
    »Kommst du?«, fragte das Schiff.
    »Wohin?« Ihre Stimme klang widerlich unsicher.
    »Na, wohin wohl? In die Kommandozentrale. Ich möchte etwas mit dir besprechen.«
    Auf dem Weg dorthin verflog ihre Wut. Sie nahm die Schuhe an ihren Füßen kaum wahr, und doch unterstützten sie ihre Gelenke so bestimmt, dass sie sicherer auftrat als sonst. Alles schon patentiert, für das ganze bekannte Universum, dachte sie bösartig.
    In der Kommandozentrale begrüßte sie ein schwach pulsierendes Gitterwerk aus farbigem Nebel, dessen Stelzen langsam über den Boden wanderten. Üppig, aber nicht allzu aufdringlich. Die Musik dazu war einfach und schön, gleichzeitig feierlich und fröhlich. Latil bewegte sich zögernd durch die sanften Bewegungen des Nebelnetzes. Sie setzte sich in einen Suspensorsessel und sagte: »Also?«
    »Es gibt etwas zu feiern.« Das Schiff räusperte sich. »Erstens bin ich vollständig wiederhergestellt. Alles repariert. So gut wie vorher. Eigentlich noch ein bisschen besser, denn ich habe mich um ein paar geringfügige Konstruktionsfehler kümmern können, die mir früher nicht so wichtig waren. Und zweitens habe ich Geburtstag.«
    Latil fing sich schnell. »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke. Ich freue mich immer über meinen Geburtstag, aber über diesen ganz besonders. Eine kurze Zeit nach der Explosion des Begleiters sah es so aus, als hätte ich ausgepfiffen. Ich möchte mit dir

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