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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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    Inch’on, Südkorea
    Während Ted Beck in westlicher Richtung über den verrottenden Pier schlenderte, sah er durch seine rundum abgeschirmte Oakley-Sonnenbrille mit zusammengekniffenen Augen in die Spätnachmittagssonne. Sein Schatten verfolgte ihn auf den zersplitterten Planken. Beck war allein und bewegte sich ohne jede Eile. Weil er frühzeitig eingetroffen war, war von dem Boot, das er hier treffen sollte, noch nichts zu sehen.
    Schließlich erreichte er das Ende des Docks. Hier, am östlichen Rand des Gelben Meeres, dümpelte der Müll aus drei Ländern – aus China und den beiden koreanischen Staaten – im trüben Wasser. Über ihm zogen Möwen ihre Kreise und tauchten gelegentlich einem Fisch hinterher, dem es irgendwie gelungen war, in diesem Hafen zu überleben. Die Luft war schwer vom Rauch der Schiffe, die tagtäglich in Inch’on anlegten, um Autos und Fernsehgeräte für die USA zu laden. Die Sonne hatte den Qualm zu einem braunen Smog verdichtet, der Beck in der Kehle brannte und in ihm den Wunsch nach einer Zigarette weckte.
    Er zog ein Päckchen Camel Lights aus der Tasche und zündete sich eine an. Seit Jahren versuchte er, sich das Rauchen abzugewöhnen. Aber wenn er sich für Missionen wie
diese meldete, welchen Sinn hatte das dann? Er rauchte langsam, und als die Zigarette abgebrannt war, schnippte er die Kippe ins Wasser. Sie wirbelte um die eigene Achse, ehe sie sich im Hafen zu der leeren OB-Bierdose und den Kondomverpackungen gesellte.
    Dann hörte er das tiefe Grollen eines Bootsmotors.
    Inch’on war ein Industriehafen, der etwa achtzig Kilometer westlich von Seoul und einige Kilometer südlich der demilitarisierten Zone lag, jenes fünf Kilometer breiten Streifens, der Nord- und Südkorea trennte. Während des Koreakriegs war General Douglas MacArthur hier gelandet und hinter die nordkoreanischen Linien vorgedrungen, um den Vormarsch des Kommunismus zu stoppen. MacArthur, der gewiss nicht zur Untertreibung neigte, schätzte, dass die Chancen für das Gelingen dieser Operation bei eins zu fünftausend standen.
    Die Landung sollte sein letzter großer Erfolg als Kommandeur sein. Ein Jahr später entband ihn Truman wegen Insubordination von seinem Kommando, sodass er unehrenhaft entlassen in die USA zurückkehrte. Hier jedoch stand noch immer eine Statue von ihm auf einem Hügel, nicht weit entfernt von diesem Pier. Mit dem Fernglas in der Hand hatte der General auf das Gelbe Meer hinausgeblickt, das China und die koreanische Halbinsel voneinander trennte. An diesem Nachmittag würde Beck auf demselben Gewässer zu einer Mission aufbrechen, die zwar kleiner war als MacArthurs Angriff, aber keineswegs weniger gefährlich.
    Das Grollen des fernen Bootsmotors wurde lauter. Beck zog aus der Hose eine Brieftasche – ein altes Stück aus Rindsleder -, die ihn durch zweiunddreißig Länder und drei Kämpfe gegen Aufständische begleitet hatte. Sie enthielt weder einen Identifikationsnachweis noch einen Pass,
sondern lediglich Geld – acht druckfrische Einhundertdollarscheine, dreitausend chinesische Yuan und eine Million koreanische Won. Insgesamt etwa dreitausend Dollar. Und drei Fotos: eines von seiner Frau und je eines von seinen beiden Söhnen. Er nahm die Fotos heraus und küsste sie.
    Dann hielt er sie in die Flamme seines Feuerzeugs und sah zu, wie sie verbrannten. Er hielt die Fotos so lange fest, bis die Flammen seine Finger anzusengen drohten und er sie fallen lassen musste. Die Überreste schwebten auf das Wasser hinunter und trieben davon.
    Beck führte dieses Ritual vor jeder Mission aus, einerseits, weil es praktisch war, andererseits aus Aberglauben. Wenn man ihn schnappte, würden die Fotos seinen Häschern einen psychologischen Vorteil bringen. Dass er mit dem Verbrennen der Fotos die Gefährlichkeit seiner Mission akzeptierte, war jedoch wichtiger. Sobald er zurückkehrte, würde er wieder neue Fotos in die Brieftasche stecken. Bis zum nächsten Mal.
    Die Botschaft war vor zwölf Tagen bei einer Nachrichtenstelle des Geheimdienstes in Camp Bonifas eingetroffen, das knapp an der demilitarisierten Zone lag. Die sechshundert Amerikaner und Südkoreaner, die in Bonifas stationiert waren, standen Tag und Nacht in Bereitschaft. Sie wussten, dass sie als Stolperdraht für die gesamte Welt fungierten, sollte die nordkoreanische Armee die demilitarisierte Zone überschreiten. Während sie warteten, überwachten sie die Ätherwellen im Norden und suchten nach codierten Botschaften

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