Der Papalagi
hängt und nie genug haben und nicht aufhören kann, möglichst vieles an sich zu reißen. Er kann nicht so denken: ich will ohne Beschwerde und Unrecht aus der Welt gehen, wie ich hineingekommen bin; denn der große Geist hat mich auch ohne das runde Metall und schwere Papier auf die Erde geschickt. Daran denken die wenigsten. Die meisten bleiben in ihrer Krankheit, werden nie mehr gesund im Herzen und freuen sich der Macht, die ihnen das viele Geld gibt. Sie schwellen auf in Hochmut wie faule Früchte im Tropenregen. Sie lassen mit Wollust viele ihrer Brüder in roher Arbeit, damit sie selber fett von Leib werden und gut gedeihen. Sie tun dies, ohne daß ihr Gewissen krankt. Sie freuen sich ihrer schönen, bleichen Finger, die nun nie mehr schmutzig werden. Es plagt sie nicht und nimmt ihnen nie den Schlaf, daß sie dauernd die Kraft anderer rauben und zu ihrer eigenen tun. Sie denken nicht daran, den anderen einen Teil ihres Geldes zu geben, um ihnen die Arbeit leichter zu machen.
So gibt es in Europa eine Hälfte, die muß viel und schmutzig arbeiten, während die andere Hälfte wenig oder gar nicht arbeitet. Jene Hälfte hat keine Zeit, in der Sonne zu sitzen, diese viele. Der Papalagi sagt: es können nicht alle Menschen gleich viel Geld haben und alle gleichzeitig in der Sonne sitzen. Aus dieser Lehre nimmt er sich das Recht, grausam zu sein, um des Geldes willen. Sein Herz ist hart und sein Blut kalt, ja er heuchelt, er lügt, er ist immer unehrlich und gefährlich, wenn seine Hand nach dem Gelde greift. Wie oft erschlägt ein Papalagi den anderen um des Geldes willen. Oder er tötet ihn mit dem Gift seiner Worte, er betäubt ihn damit, um ihn auszurauben. Daher traut auch selten einer dem anderen, denn alle wissen von ihrer großen Schwäche. Nie weißt du daher auch, ob ein Mann, der viel Geld hat, gut im Herzen ist; denn er kann wohl sehr schlecht sein. Wir wissen nie, wie und woher einer seine Schätze genommen hat.
Dafür weiß aber der reiche Mann auch nicht, ob die Ehre, die man ihm darbietet, ihm selber oder nur seinem Gelde gilt. Sie gilt zumeist seinem Gelde. Deshalb begreife ich auch nicht, warum die sich so sehr schämen, die da nicht viel rundes Metall und schweres Papier haben und den reichen Mann beneiden, statt sich beneiden zu lassen. Denn wie es nicht gut ist und unfein, sich mit einer großen Last Muschelketten zu behängen, so auch nicht mit der schweren Last des Geldes. Es nimmt dem Menschen den Atem und seinen Gliedern die rechte Freiheit.
Aber kein Papalagi will auf das Geld verzichten. Keiner. Wer das Geld nicht liebt wird belächelt, ist valea 1 . »Reichtum – das ist viel Geld haben – macht glücklich«, sagt der Papalagi. Und: »Das Land, das am meisten Geld hat, ist das glücklichste.«
Wir alle, ihr lichten Brüder, sind arm. Unser Land
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dumm
ist das ärmste unter der Sonne. Wir haben nicht soviel rundes Metall und schweres Papier, um eine Truhe damit zu füllen. Wir sind armselige Bettler im Denken des Papalagi. Und doch! Wenn ich eure Augen sehe und vergleiche sie mit denen der reichen Alii, so finde ich die ihren matt, welk und müde, eure aber strahlen wie das große Licht, strahlen in Freude, Kraft, Leben und Gesundheit. Eure Augen habe ich nur bei den Kindern des Papalagi gefunden, ehe sie sprechen konnten, denn bis dahin wußten auch sie nichts vom Gelde. Wie hat uns der große Geist bevorzugt daß er uns vor dem Aitu schützte. Das Geld ist ein Aitu; denn alles, was er tut, ist schlecht und macht schlecht. Wer das Geld nur berührt, ist in seinem Zauber gefangen und wer es liebt, der muß ihm dienen und ihm seine Kräfte und alle Freuden geben, solange er lebt. Lieben wir unsere edlen Sitten, die den Mann verachten, der etwas für eine Gastlichkeit, der für jede gereichte Frucht ein Alofa 1 fordert. Lieben wir unsere Sitten, die es nicht dulden, daß einer viel mehr hat als der andere oder einer sehr vieles und der andere gar nichts. Damit wir nicht im Herzen werden wir der Papalagi, der glücklich und heiter sein kann, auch wenn sein Bruder neben ihm traurig und unglücklich ist.
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Geschenk, Gegengabe
Hüten wir uns aber vor allem vor dem Gelde. Der Papalagi hält nun auch uns das runde Metall und schwere Papier entgegen, uns lüstern danach zu machen. Es sollte uns reicher und glücklicher machen. Schon sind viele von uns geblendet und in die schwere Krankheit geraten. Doch wenn ihr den Worten eures demütigen Bruders glaubt und wißt, daß ich die
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