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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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sie gegen Kaution freikommen würden. Und obwohl ihnen schwere Verstöße zur Last gelegt würden, nicht nur Betrug gemäß § 420, sondern auch Fälschung gemäß § 467 und § 468, könne er, der Inspektor, ihre Freilassung gegen Kaution erwirken. Für etwas mehr Geld könne sogar der ganze Prozeß geregelt werden. Aber Dipu und Meetu hatten das, was ihnen von den vierzigtausend noch geblieben war, komplett an ihren Anwalt gezahlt, und das bißchen, das ihr Vater für sie hatte zusammenkratzen können, hatten sie ebenfalls ausgegeben. Also waren sie nun hier in Gewahrsam und warteten auf ihre Gerichtsverhandlung, ihren Termin. Sie saßen seit einem halben Jahr. Manche Männer warteten auch schon ein ganzes Jahr, ein paar abgerissene Gestalten sogar seit drei, vier, sieben Jahren. Und so hatten sich Dipu und Meetu, die sich wie Idioten verhalten hatten, aber lernfähig waren, an meine Jungs gewendet. Und jetzt redeten sie mit mir, lange nach Einbruch der Nacht in den Waschräumen von Baracke vier.
    Sie versicherten mir, daß sie blutige Arbeit tun könnten, das seien sie gewohnt, sie seien in Gorakhpur aufgewachsen, das härte ab, dort fänden die studentischen politischen Aktivitäten in Form von Stimmenwerbung mit Messer und Lathi statt, ihre Gegend habe mehrere berühmte Dakus hervorgebracht, das liege ihnen im Blut. Ich hatte keine Gelegenheit, sie auf die Probe zu stellen, da sie sich ruhig halten und im Hintergrund bleiben mußten, abseits von meinen Jungs. Aber sie waren rekrutiert.
    Jede Woche wurde ich zum Haftprüfungstermin beim zuständigen Gericht gebracht. Die Gefängniswärter steckten immer auch noch andere Häftlinge in den Transporter, alle, die am jeweiligen Tag einen Gerichtstermin hatten. Und so fuhren Dipu und Meetu immer im selben Wagen wie ich zum Gericht - wir hatten das mit den Anwälten und Richtern so ausgemacht. Ich, die beiden Brüder und entweder Date oder Kataruka. Letztere wechselten sich ab, es saß immer einer von ihnen zu meiner Linken auf der Bank an der Wand. Zu meinen Füßen, bei den gemeinen Gefangenen auf dem Boden, saßen Dipu und Meetu. Und mir gegenüber, auf der anderen Bank, die Männer anderer Companys. So war das im Gefangenentransporter geregelt: Die Bhais saßen auf den Bänken und die normalen Häftlinge auf dem Boden. Date und Kataruka hätten es vorgezogen, wenn ich bei der Ausführung des Plans gar nicht dabei gewesen wäre, sie wollten mich keiner Gefahr aussetzen. Sie versuchten mich zu überreden, die Sache ihnen zu überlassen, aber ich erklärte ihnen, es sei entscheidend, daß ich dabei sei, ohne mich ergebe das Ganze keinen Sinn. Und nun sollten sie die Klappe halten. Dann wartete ich auf den passenden Tag im Gefangenentransporter.
    In den ersten zwei Wochen gehörten die Männer auf der gegenüberliegenden Bank immer anderen Companys an, nicht der von Suleiman Isa. In der dritten Woche hatten Kataruka und ich uns bereits auf der Bank breitgemacht, als Suleiman Isas Jungs hereinkamen. Es waren vier, die ich alle nicht erkannte, doch Kataruka zu meiner Linken setzte sich aufrecht hin und zog an dem Seil an seinen Handgelenken. Wir wurden immer gefesselt zum Gericht gebracht, aneinandergebunden wie Tiere. Für das, was wir tun mußten, war das Seil indes lang genug. Suleimans Männer machten es sich bequem und grinsten mich an. Sie waren amüsiert und hatten keine Angst.
    »Was gibt's zu lachen, Maderchod?« fragte Kataruka. Er war sehr hellhäutig, mein Kataruka, aber pockennarbig. Und meist schweigsam, doch jetzt erhob er die Stimme.
    »Kein Grund zur Aufregung«, sagte ich zu ihm. Ich selbst war völlig entspannt. Mir sauste das Blut in den Ohren, aber ich war ganz ruhig. Die Jungs gegenüber waren ebenfalls entspannt, denn sie waren zu viert und wir nur zu zweit, außerdem hatten sie ja gehört, daß ich ein Feigling war.
    »Ist dein Gaand noch wund?« fragte mich einer von ihnen. »Wir haben gehört, Parulkar hat dich monatelang jeden Abend rangenommen. Er hat erzählt, es wäre ein Vergnügen, dich zu besteigen, du hättest gestöhnt wie ein Mädchen.«
    Ich lächelte ihn an. »Parulkar ist ein ehrenwerter Polizist«, sagte ich. »Was er sagt, muß stimmen.« Ich rutschte auf der Bank nach hinten, setzte einen Fuß auf der Sitzfläche auf und kratzte mich am Knöchel.
    Sie lachten alle. Die Vordertüren des Transporters wurden zugeschlagen, der Motor drehte zu einem langen vibrierenden Heulen hoch, das ihr Gekicher übertönte, dann fuhr der Wagen mit

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