Der Pate von Bombay
schicken wir sie zuerst auf Botengänge, lassen sie ein-, zweimal Prügel beziehen, damit sie sich beweisen können, damit sie sich hocharbeiten, wie es sich gehört. Trotzdem, beharrte ich. Ich brauche neue Gesichter, zwei, die bisher nichts mit uns zu tun hatten.
Also trieben sie zwei Jungs für mich auf, Dipu und Meetu. Sie waren Brüder, stammten aus dem Norden und waren mit einem Abschluß von irgendeinem Gaandu-College in Gorakhpur nach Bombay gekommen. Einundzwanzig und zweiundzwanzig waren sie und echte Bhaiyyas, Bauernsöhne. Sie hatten bei einem Taxifahrer gewohnt, der auch aus Gorakhpur kam, und sich von Job zu Job gehangelt. Dipu hatte unter anderem als Waschmittelvertreter gearbeitet, Meetu als Verkäufer in einem Geschäft für Badezimmerarmaturen. Es waren aufgeweckte Burschen, voll Energie, und gerade als ihre Illusionen einen ernsthaften Knacks zu bekommen drohten, sie allmählich begriffen, daß in diesem Bombay nicht alle Träume wahr wurden und nicht jeder Depp aus Uttar Pradesh sich in einen Shahrukh Khan verwandelte, erhielten sie einen Anruf von einem entfernten Cousin aus Lucknow. Er habe einen Plan, sagte er, ein Projekt. Er wolle in Lucknow einen Handel aufziehen, mit An-und Verkauf auch in Bombay. Dafür brauche er in der Stadt ein Bankkonto, um dort Geld direkt zur Verfügung zu haben. Dipu und Meetu sollten ein gemeinsames Konto eröffnen. Er werde ihnen Geld schicken, das sie auf das Konto einzahlen sollten, sowie genaue Anweisungen, wem etwas davon auszuzahlen sei. Eine Woche später erhielten sie per Kurier einen Bankwechsel über anderthalb Lakhs. Der Wechsel wurde akzeptiert, und wie angewiesen, nahmen sie sich selbst vierzigtausend für Spesen. Sie hauten ordentlich auf den Putz, und eine Woche später kam der nächste Bankwechsel, diesmal über zwei Lakhs. Der Zweigstellenleiter sagte ihnen, die Formalitäten würden einen Tag in Anspruch nehmen, das Geld sei am nächsten Tag verfügbar. Also gingen unsere beiden Brüder am nächsten Tag wieder zur Bank. Sie traten grinsend an den Schalter, und im nächsten Moment lagen sie auf dem Boden, die Pistolenläufe von Polizisten im Nacken.
»Nicht gekennzeichnete Jeeps, Bhai«, sagte Dipu. Er erzählte die Geschichte. »Wir saßen in der Falle. Die Bankwechsel waren gestohlen, das haben sie uns auf der Wache erzählt, während sie uns verprügelten. Unser Cousin hat uns verraten.«
»Hör zu, Bhenchod«, sagte ich. »Das Unschuldslamm kannst du vor dem Richter spielen. Wenn du mich anlügst, reiß ich dir die Golis ab. Willst du mir wirklich erzählen, daß ihr völlig nichtsahnend dieses Konto eröffnet und die Wechsel eingelöst habt? Was für ein Handel sollte das denn sein?«
Er schluckte. »Ich weiß nicht, Bhai.«
»Ihr habt es nicht gewußt, aber eurem Cousin blind gehorcht? Und ihr habt gedacht, ihr kriegt vierzigtausend allein dafür, daß ihr mit sauberem Hemd und sauberer Hose in eine Bank geht? Lüg mich nicht an, Maderchod. Ihr habt ganz genau gewußt, daß die Wechsel gestohlen waren.«
Er und sein Bruder hatten das gleiche breite Gesicht, reizlos wie eine Schaufel. Er blinzelte, dachte nach, dann gab er auf. »Ja, Bhai. Wir haben halt gedacht, ein weiterer Wechsel kann nicht schaden.«
Sie waren emporgekommene Bauern, die sich für schlauer hielten, als sie es waren, deswegen waren sie der Polizei so leicht ins Netz gegangen. Dipu erzählte mir den Rest der Geschichte. Die Polizisten hatten Namen, Adresse und Telefonnummer ihres Cousins aus ihnen herausgeprügelt, aber natürlich hatte der sein Nest in Lucknow längst verlassen. Dann hatten die Policiyas weitergeprügelt, mit Pattas auf die Fußsohlen, mit Stöcken auf die Hände, mit den Fäusten in die Nieren. Sie drohten ihnen mit der Erschießung, sagten, sie würden mit ihnen ans Meer fahren und ihnen ein paar Kugeln in den Kopf jagen. Sie sagten, sie würden die Polizei von UP auf den Hof ihres Vaters schicken, zu ihrer Mutter in die Küche. »Raus mit der Sprache«, sagten die Inspektoren. Aber die Brüder hatten nichts mehr zu sagen, und der Cousin war weg, also wanderten sie schließlich aus der Untersuchungshaft ins Gefängnis, und da warteten Dipu und Meetu nun auf die Gerichtsverhandlung. Der Inspektor, der ihren Fall bearbeitete, hatte ihnen gesagt, für einen Lakh würde er vor Gericht keinen Einspruch gegen Haftverschonung erheben, und der Staatsanwalt würde es ihm für fünfzigtausend gleichtun, so daß der Antrag ihres Anwalts glatt durchgehen und
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