Der Pate von Bombay
unterhielten sich über Frauen, über den Sex, den sie sich gönnen würden, sobald sie wieder draußen wären. Kataruka lachte sie aus. »Ihr Ganwars«, sagte er. »Ihr haltet die Huren aus der Lamington Road für Frauen? Diese Bhenchods sind doch schlimmer als Tiere. Da könnt ihr's genausogut mit der nächstbesten Hündin treiben, die ihr an einem Müllhaufen herumschnüffeln seht. Ihr werdet nie echte Lust kennenlernen, wenn sich eine Frau euch nicht freiwillig hingibt. Ein Mädchen, das auf der Klosterschule war, das gut erzogen ist, schüchtern und reserviert, das umworben werden muß - das ist die wahre Bewährungsprobe für einen Mann. Aber warum erzähle ich euch beiden das, ihr werdet so einem Mädchen sowieso nie nah genug kommen, um auch nur seinen Duft zu riechen.« Woraufhin sie natürlich bettelten und quengelten, meine großartigen, gefährlichen Daku-Brüder, er solle sie doch unterweisen. Ich hörte zu, wie Kataruka sich bis in den Abend hinein über die Geheimnisse der Verführung ausließ. »Wenn ihr sie erobern wollt«, sagte er, »müßt ihr Kishore Kumar 346 sein. Und damit meine ich nicht nur, daß ihr seine Lieder für sie singt, nein. Ihr müßt so mühelos charmant und gut gelaunt sein wie er. Wenn ihr das hinkriegt, kommt sie zu euch, und zwar mit größtem Vergnügen. Und wenn das passiert ist, wenn man sie hat, dann muß man Mohammad Rafi singen, nichts als Rafi.«
»Warum denn?« fragte Meetu gähnend. »Wenn man sie schon gebumst hat, warum soll man dann noch irgendwas singen?«
Kataruka setzte sich auf und gab Meetu eine Kopfnuß. »Hör zu, Gaandu. Hör mir ganz genau zu. Man singt Rafi, weil man sie sonst kein zweites Mal bumsen wird. Mit Rafi verschafft man sich den dauerhaften Zugang zu ihrer Chut.« Er wandte sich zu mir um. Ich lachte. »Was machen wir nur mit diesen Bauern, Bhai?«
Ich schüttelte den Kopf. »Und was singt man nach Rafi?«
»Aha, hier haben wir einen Mann, der das Leben kennt«, sagte Kataruka. Er legte sich wieder hin, reckte sich. »Wenn es vorbei ist, wenn sie einen verlassen hat oder man selbst sie verlassen hat - hört ihr mir zu, Chutiyas? -, wenn ihr das Gefühl habt, das Herz wird euch an einem Haken aus dem Hals gezogen, dann singt ihr Mukesh. Mukesh ist der einzige Ausweg, nur mit ihm wird man einen weiteren Monsun erleben. Mukesh heilt einen, damit man irgendwann wieder anfangen kann, Kishore zu singen. Damit man noch mal eine Chance hat. Kapiert, Chutiyas? Kishore, Rafi, Mukesh.«
Meetu und Dipu nickten, aber ich wußte, daß sie kaum etwas verstanden hatten. Sie waren zu jung, um zu begreifen, daß man Rafi brauchte, von Mukesh ganz zu schweigen. Aber sie grinsten, zeigten ihre riesigen Hasenzähne. »"Wie wär's denn jetzt mit ein bißchen Kishore?« schlug ich vor. Es war die richtige Stimmung, der richtige Abend für eine solche Einlage. Wir waren alle glücklich.
Wie sich herausstellte, war es Date, der singen konnte. »Khvab ho tum ya koi haqiiqat, kaun ho tum batalaao« 341 , sang er. Und dann: »Khilte hain gul yahaan, khilake bikharane ko, milte hain dil yahaan, milke bichhadne ko. 335 « Die ganze Baracke verstummte, und wir hörten ihm zu. Jedesmal wenn er ein Lied beendet hatte, riefen die Männer nach Zugaben, baten um Lieblingssongs, und es wurde viel gelacht. Bald hatten sich ihm ein paar Background-Sänger und zwei Tabla-Spieler zugesellt, die auf leeren Kanistern spielten. Wenn Date sang, hielt er sich wie ein Profi eine Hand hinters Ohr, und zwischen den Liedern erfuhr ich nach und nach, daß er aus einer Musikerfamilie stammte und als Kind Musikunterricht genommen hatte, daß sein Vater in einer Hochzeitsband Trompete gespielt hatte, bis ihm das Alter die Kraft aus den Lungen nahm, und daß Date immer davon geträumt hatte, Playback-Sänger zu werden. »Pag ghungru baandh Mira naachi thi« 464 , sang er, und »Ye dil na hota awaara« 673 , und dann war es Zeit fürs Abendessen.
Später am Abend kam Date zu mir und stupste mich an. »Bhai«, sagte er. »Können Sie nicht schlafen?« Ich hatte mich hin und her gewälzt, zusammengerollt und gestreckt, eine entspannte Haltung gesucht, die es mir erlauben würde einzudämmern.
»Was ist denn, Kishore Kumar?«
»Das Problem ist, Bhai, daß wir Frauen brauchen.«
»Natürlich brauchen wir Frauen, Saala. Willst du mir eine Frau besorgen, Maderpat? Aus der Frauenbaracke?«
»Nein, nein, Bhai. Absolut ausgeschlossen. Das riskieren die Wärter nicht, das Risiko ist einfach zu
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