Der Pate von Florenz
müssen jeweils ein Teil Messing und ein Teil Silber beigemischt werden. Aber reines Gold ist teuer. Und deshalb hat Vater Waschgold gekauft, das in Flüssen vorkommt. Aber um an das Gold heranzukommen, das in dem Gestein steckt, muss man es als Erstes fein zerbröseln«, erklärte sie und trat an den Werktisch. Dort türmte sich in einer Holzschale ein kleiner Haufen aus kieselgroßem Gestein. Fiora nahm einen der Steine, der etwas größer war als eine dicke Olive und der so gar nichts Goldenes an sich zu haben schien, in die Hand. »Hier, siehst du die feinen goldenen Äderchen, die das Gestein durchziehen?«
Er beugte sich vor, sodass ihre Köpfe nah beieinander waren, und schaute genauer hin. »Ja, jetzt sehe ich es. Aber das sind ja spinnwebenfeine Fäden! Wie willst du da genügend Gold für die Beschläge der Schatulle herausholen?«
Sie schmunzelte, griff zu einem Hammer und einem Lederbeutel und sagte: »Dazu braucht man Kraft. Die Steine müssen nämlich als Erstes im Lederbeutel zertrümmert werden, bis sie so klein sind wie Pfefferkörner. Anschließend kommen sie da drüben in die Steinmühle. Und wenn sie dann ganz fein zermahlen sind, wandern sie in den Schmelztiegel, zusammen mit fein zerriebener Steinkohle, einer Prise Quecksilber und ein wenig Alkohol. Das gibt dann ziemlich viel Qualm im Brennofen, der in den Augen beißt. Oft bekommt man Kopfschmerzen davon.«
Er nickte. »Also, worauf warten wir dann? Mach mir auch einen solchen Beutel fertig und sag mir, welchen Hammer ich nehmen soll«, forderte er sie tatendurstig auf.
»Das lasse ich mir nicht zweimal sagen«, erwiderte Fiora dankbar und wenig später standen sie Seite an Seite am Werktisch und schlugen im Takt auf die Lederbeutel ein.
Marcello hätte nie geglaubt, dass die Arbeit eines Goldschmiedes so viel Kraft und Ausdauer verlangte, und seine Hochachtung vor Fiora wuchs, als er beobachtete, mit welcher Entschlossenheit und Kraft sie ihren Lederbeutel bearbeitete.
Als sie mit ihrem Beutel zur Mühle gehen wollte, stieß sie aus Versehen den hohen Hocker um, der hinter ihr stand. Sie verlor das Gleichgewicht und drohte zu stolpern.
Geistesgegenwärtig griff Marcello nach ihr und hielt sie fest. Einen kurzen Augenblick lang lehnte sie sich gegen seine Brust und ihr Haar kitzelte seine Nase. Er spürte ihren schlanken Körper und hatte plötzlich das Verlangen, sie noch fester an sich zu ziehen.
Aber da richtete Fiora sich auch schon auf und löste sich von ihm. »Danke, dass du mich festgehalten hast«, sagte sie und eine feine Röte überzog ihr Gesicht.
»Das habe ich gern getan«, erwiderte er und folgte ihr gedankenversunken zur Steinmühle. Diese leichte Röte stand ihr ganz ausgezeichnet zu Gesicht. Sie sah überaus reizend aus, eine schöne junge Frau, bei deren Anblick sein Herz schneller schlug, wie er feststellte.
Sie mied seinen Blick und machte sich an der Mühle zu schaffen. »Das hätte böse ausgehen können! Nicht auszudenken, wenn ich gestürzt wäre und dabei den Beutel fallen gelassen hätte! Dann hätte ich über den Boden kriechen müssen und jedes Körnchen einzeln aufsammeln!«
»Dann wären wir eben gemeinsam über den Boden gekrochen«, sagte Marcello leichthin und überspielte damit seine Verlegenheit, die der kurze Augenblick der unfreiwilligen Umarmung auch in ihm hervorgerufen hatte. Zugleich wünschte er, sie würde noch einmal in seine Arme stolpern.
Aber das Glück hatte er leider nicht, denn schon bald kam Meister Emilio aus der Kirche zurück und sprach mit ihm, um sich auch persönlich von seinem Stillschweigen zu überzeugen und ihm zu versichern, wie sehr sie ihm dafür dankten.
»Jetzt stehen wir in deiner Schuld«, sagte Meister Emilio.
Marcello winkte ab. Er wollte nichts davon hören.
Nach dem mühseligen Zermahlen der Körner kam die Mischung aus Steinmehl, zerriebener Kohle, Quecksilber und Alkohol in einem Tiegel auf die Glut im Ofen und schon bald waberten grünlich gelbe Dämpfe durch die Werkstatt. Es war, wie Fiora gesagt hatte. Der Qualm war überaus unangenehm, er brannte in Nase und Augen und nur zu gern hätte Marcello die Schlagläden vor den Fenstern weit aufgerissen, damit frische Luft in die Werkstatt dringen konnte. Er wartete noch, bis Fiora den Tiegel mit einer Zange aus dem Ofen holte und das flüssige rotgelbe Gold vorsichtig auf eine Schieferplatte rinnen ließ. Dann war es Zeit für ihn zu gehen.
»Du kannst wiederkommen, wann immer du Lust dazu hast«, sagte
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