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Der Pfad der Dolche

Der Pfad der Dolche

Titel: Der Pfad der Dolche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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preßte beide Hände auf ihren Magen. Sie würde sich nicht übergeben. Sie hatte schon Schlimmeres als eine gedämpfte Frau gesehen. Viel Schlimmeres.
    »Es gibt wohl keine Hoffnung mehr?« murmelte Turanna mit belegter Stimme. Sie weinte lautlos und starrte den Silberbecher in ihren zitternden Händen wie einen entfernten und erschreckenden Gegenstand an. »Keine Hoffnung.«
    »Es gibt immer einen Ausweg, wenn man nur danach sucht«, erklärte Verin und tätschelte der Frau beiläufig die Schulter. »Ihr müßt stets danach suchen.«
    Ihre Gedanken rasten, doch keiner berührte Turanna. Das Licht wußte, daß Irgains Dämpfung ihr Inneres sich umkehren ließ. Aber warum mahlte die Frau Korn? Und weshalb war sie wie eine Aiel-Frau gekleidet? Mußte sie genau an dieser Stelle arbeiten, damit Verin sie sehen konnte? Eine törichte Frage. Selbst bei so starkem Ta'veren wie Rand al'Thors in nur wenigen Meilen Entfernung gab es Grenzen der Anzahl an Zufällen, die sie akzeptieren würde. Hatte sie sich verrechnet? Aber es konnte schlimmstenfalls kein allzu großer Fehler sein. Allerdings erwiesen sich kleine Fehler manchmal als ebenso tödlich wie große. Wie lange konnte sie aushalten, wenn Sorilea sie zu brechen beschloß? Vermutlich nur beunruhigend kurze Zeit. Sorilea war auf vielerlei Weise härter als jeder andere Mensch, dem sie jemals begegnet war. Und sie konnte nichts vorbringen, um ihr Einhalt zu gebieten. Aber darum würde sie sich ein anderes Mal sorgen. Es hatte keinen Zweck, gedanklich vorauszueilen.
    Sie kniete sich hin und bemühte sich ein wenig, Turanna zu beruhigen, aber nicht allzu sehr. Ihre tröstenden Worte klangen für Turanna wohl ebenso hohl wie für sie selbst, wenn man die Leere in ihren Augen betrachtete. Nichts konnte Turannas Lage ändern außer Turanna, und das mußte sie selbst vollbringen. Die Weiße Schwester weinte nur noch heftiger, wenn auch lautlos, während ihre Schultern bebten und Tränen ihr Gesicht herabströmten. Das Eintreten zweier Weiser Frauen und zweier junger Aiel-Männer, die sich im Zelt nicht aufrichten konnten, bedeutete eine gewisse Erleichterung, jedenfalls für Verin. Sie erhob sich und vollführte einen geschmeidigen Hofknicks, aber keiner der vier schenkte ihr auch nur die geringste Aufmerksamkeit.
    Daviena war eine Frau mit grünen Augen und rotblondem Haar, und Losaine hatte graue Augen und dunkles Haar, das nur in der Sonne ein wenig Rot zeigte. Beide waren über einen Kopf größer als Verin und machten ein Gesicht, als sei innen eine unangenehme Aufgabe zugedacht worden, die sie jemand anderem wünschten. Keine konnte die Macht ausreichend stark lenken, um Turanna allein halten zu können, aber sie verbanden sich, als hätten sie schon ihr ganzes Leben lang Zirkel gebildet, wobei das Licht Saidars um die Frauen zu verschmelzen schien, obwohl sie ein Stück voneinander entfernt standen. Verin zwang sich zu einem Lächeln, um nicht grimmig zu erscheinen. Wo hatten sie das gelernt? Sie hätte ihren ganzen Besitz darauf verwettet, daß sie es noch vor wenigen Tagen nicht gekonnt hatten.
    Dann ging alles schnell und reibungslos vonstatten. Als die beiden Männer Turanna an den Armen hochzogen, ließ sie den Silberbecher fallen, der zu ihrem Glück leer war. Sie wehrte sich nicht, was ebensogut war, weil sie bedachte, daß jeder der Männer sie wie einen Sack Mehl unter einem Arm hätte davontragen können, aber ihr Mund stand offen, und sie stieß lautlos Verwünschungen aus. Die Aiel kümmerten sich nicht darum. Daviena in der Mitte des Zirkels übernahm den Schild, und Verin ließ die Quelle vollkommen los. Keine von ihnen vertraute ihr, ungeachtet der Eide, die sie geschworen hatte, in ausreichendem Maße, um sie Saidar ohne ersichtlichen Grund festhalten zu lassen. Niemand schien es zu bemerken, aber sie hätten es gewiß gemerkt, wenn sie an der Macht festgehalten hätte. Die Männer zerrten Turanna davon, wobei ihre bloßen Füße über die auf dem Boden des Zeltes ausgelegten Teppiche schleiften, und die Weisen Frauen folgten ihnen hinaus. Dann war alles vorbei. Was mit Turanna getan werden konnte, war getan worden.
    Verin atmete tief aus und sank auf eines der bunten, mit Quasten versehenen Kissen. Ein edles, goldenes, mit einem Rankenmuster verziertes Tablett stand auf den Teppichen neben ihr. Sie füllte einen der Silberbecher aus einem Zinnkrug und trank in großen Schlucken. Dies war eine schweißtreibende und ermüdende Arbeit. Es blieben noch

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