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Der Pfad der Dolche

Der Pfad der Dolche

Titel: Der Pfad der Dolche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Legende besagte, daß Kirukan einen falschen Drachen eigenhändig enthauptet und einem anderen Mann, der die Macht lenken konnte, zwei Söhne geboren hatte. Oder vielleicht dem gleichen Mann. Sie hatte sicherlich gewußt, wie man seine Ziele erreicht und überlebt.
    Wie erwartet, waren die ersten beiden jener Männer bereits angekommen, die Ethenielle treffen wollte, beide mit jeweils zwei Begleitern. Paitar Nachiman hatte mehr Falten in seinem länglichen Gesicht als der erstaunlich gutaussehende ältere Mann, den sie als Mädchen bewundert hatte, obwohl er kaum noch Haare aufwies und diese überwiegend grau waren. Er hatte glücklicherweise von der Mode der Arafeller, Zöpfe zu tragen, Abstand genommen und trug sein Haar kurz geschnitten. Er saß aufrecht in seinem Sattel, die Schultern der bestickten grünen Seidenjacke ungepolstert, und sie vermutete, daß er das Schwert an seiner Hüfte noch immer kraftvoll und geschickt führen konnte. Easar Togita, mit kantigem Gesicht und bis auf einen weißen Haarschopf geschorenem Schädel, die einfache Jacke in der Farbe alter Bronze, war einen Kopf kleiner und schlanker als der König von Arafel, und doch ließ er Paitar fast sanft erscheinen. Easar von Shienar runzelte nicht die Stirn -lediglich in seinen Augen schien ständig eine Spur Traurigkeit zu liegen -, aber er war vielleicht ebenso hart wie der Stahl des Langschwerts auf seinem Rücken. Sie vertraute beiden Männern - und hoffte, daß ihre Familienverbindung hilfreich wäre, dieses Vertrauen zu bewahren. Durch Heirat erzielte Bündnisse hatten die Grenzlande stets ebenso zusammengeschweißt, wie es ihr gemeinsamer Krieg gegen die Große Fäule getan hatte, und sie hatte eine Tochter mit Easars drittältestem Sohn und einen Sohn mit Paitars Lieblingsenkelin verehelicht, wie auch ein Bruder und zwei Schwestern in ihre Häuser eingeheiratet hatten.
    Ihre Begleiter waren genauso unterschiedlich wie ihre Könige. Ishigari Terasian sah stets so aus, als sei er gerade aus der Benommenheit nach einer durchzechten Nacht erwacht. Er war der dickste Mann, den Ethenielle jemals auf einem Pferd gesehen hatte. Seine edle rote Jacke war zerknittert, seine Augen trüb, die Wangen unrasiert. Kyril Shianri dagegen war groß und schlank und trotz des Staubs und Schweißes auf seinem Gesicht fast ebenso gepflegt wie Baldhere, mit Silberglöckchen an seinen Stiefelspitzen und Handschuhen sowie in seinen Zöpfen. Er trug seine übliche unzufriedene Miene zur Schau und hatte die Angewohnheit, stets an seiner Hakennase entlang auf jedermann außer Paitar kühl herabzusehen. Shianri war auf vielerlei Arten wirklich ein Narr - arafellische Könige gaben kaum jemals vor, auf ihre Berater zu hören, sondern verließen sich statt dessen auf ihre Königinnen -, aber er war mehr, als er auf den ersten Blick zu sein schien.
    Agelmar Jagad hätte eine größere Ausgabe Easars sein können, ein einfacher, schlicht gekleideter, stahlharter Mann mit mehr Waffen am Körper als Baldhere - er schien nur auf eine Gelegenheit zu lauern, seine todbringenden Waffen einzusetzen -, während Alesune Chulin ebenso schlank wie Serailla beleibt, ebenso hübsch wie Serailla nichtssagend und ebenso temperamentvoll wie diese zurückhaltend war. Alesune schien für ihre edlen blauen Seidengewänder geboren. Man tat gut daran, sich in Erinnerung zu rufen, daß es auch bei Serailla ein Fehler war, nur nach dem Äußeren zu urteilen.
    »Friede und Licht mögen Euch gewogen sein, Ethenielle von Kandor«, sagte Easar verdrießlich, als Ethenielle ihr Pferd vor den Männern verhielt. Und Paitar hob im selben Moment an; »Das Licht umarme Euch, Ethenielle von Kandor.« Paitars Stimme konnte Frauenherzen noch immer schneller schlagen lassen. Auch das Herz einer Frau, die wußte, daß er ganz und gar ihr gehörte. Ethenielle bezweifelte, daß Menuki jemals in ihrem Leben eifersüchtig gewesen war oder Grund dazu gehabt hatte.
    Sie begrüßte die Männer ebenso knapp und endete schroff: »Ich hoffe, Ihr seid hierher gelangt, ohne entdeckt zu werden.«
    Easar schnaubte, lehnte sich in seinem Sattel zurück und betrachtete sie grimmig. Er war ein harter Mann, der aber seit elf Jahren verwitwet war und noch immer trauerte. Er hatte für seine Frau Gedichte geschrieben - hinter dem äußeren Anschein verbarg sich stets mehr. »Wenn wir bemerkt worden wären, Ethenielle«, grollte er, »könnten wir jetzt ebensogut umkehren.«
    »Ihr sprecht bereits von Umkehr?« Shianri gelang

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