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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Bewegung war so schnell, daß sie den Fremden überraschte, er schwankte, tastete im Gürtel nach dem blanken Griff einer Pistole.
    »So nicht, mein Hübscher«, murmelte Carwithen ruhig, beinahe freundlich. Dann schoß seine andere Hand unter dem Rock hervor, ein Enterbeil blitzte auf. Carwithen schlug kurz und brutal zu – der Pickel der Axt grub sich in den Nacken des Mannes. Mit einem mächtigen Ruck zog Carwithen den schon Bewußtlosen ganz über die Felskante, riß das Beil heraus, drehte es um und durchschlug mit der Schneide seine Kehle. Nochmals hob sich das Beil und schlug zu.
    Blut spritzte über Armitages Seesoldaten. Wieder riß Carwithen das Beil hoch, aber Bolitho fiel ihm in den Arm. Er fühlte den irren, aufgestauten Haß in den Muskeln des anderen, der ihn abzuschütteln versuchte.
    »Halt! Genug, verdammt noch mal!«
    In schreckerfülltem Schweigen starrten die Männer einander und den Toten an, der über dem toten Seevogel lag. Heiser flüsterte Carwithen: »Dieser Mistkerl treibt keine Seeräuberei mehr!«
    Bolitho zwang sich, den Leichnam näher anzusehen: ein Javaner vermutlich, bekleidet mit irgendwelchen Fetzen, aber eine Pistole mit dem Wappen der Ostindischen Handelskompanie. »Hat er wahrscheinlich einem armen, ehrlichen Seemann abgenommen, der Bastard!« murmelte Carwithen.
    Niemand sah ihn an. Bolitho kniete mit seinem Teleskop hinter einem Felsblock und suchte sorgfältig die Bucht unten ab. Carwithen hatte schnell und nachdrücklich getan, was getan werden mußte. Aber es hatte ihm Spaß gemacht, das entwertete die Tat.
    Bolitho beobachtete den fernen Ausguck in seinem felsigen Versteck und die winzigen Gestalten, die noch immer in den Prielen herumstocherten. »Sie haben nichts gesehen«, sagte er leise.
    Mit einem Blick auf den immer noch schluchzenden Armitage fragte Davy: »Ändert das etwas für uns, Sir?«
    Bolitho schüttelte den Kopf. »Höchstens we nn der Mann von seinen Leuten vermißt wird.« Er studierte die länger werdenden Schatten der Felsen. »Wir müssen abwarten und können nur hoffen, daß es bald dunkel wird.«
    Carwithen wischte sein Enterbeil an einem Fetzen ab, den er von der Kleidung des Toten gerissen hatte. Sein Gesicht drückte nur Befriedigung aus – sonst nichts.
    Davy gab seinen Männern ein Zeichen. »Schafft das da beiseite! Mit Steinen bedecken!« Er schluckte. »Diesen Tag werde ich so bald nicht vergessen.«
    Bolitho faßte den Midshipman bei der Schulter und zog ihn vom Felsen weg. »Hören Sie zu, Mr. Armitage!« Er schüttelte ihn heftig, da die Augen des Jungen immer noch an der roten Spur hafteten, die der Leichnam hinterlassen hatte. »Reißen Sie sich zusammen! Ich weiß, das war ein schrecklicher Anblick, aber Sie sind nicht bloß zum Zusehen hier, verstanden?« Er schüttelte ihn nochmals; es tat ihm weh, den Schmerz und Abscheu in den Augen des Jungen zu sehen. »Schließlich sind Sie einer meiner Offiziere und sollen ein Vorbild für unsere Leute sein!«
    Armitage nickte benommen. »Jawohl, Sir. Ich werde versuchen, mich...« Wieder überfiel ihn Brechreiz.
    »Ich weiß, das werden Sie«, sagte Bolitho freundlich. Er merkte, daß ihn Allday über die zitternde Schulter des Jungen hinweg anbückte und leise den Kopf schüttelte. »Nun weg mit Ihnen, sehen Sie nach, ob der Kurier schon unterwegs ist!«
    »Armer Kerl«, sagte Allday leise. »Der wird sich nie an diese Dinge gewöhnen.«
    Bolitho blickte ihn ernst an. »Ich auch nicht. Sie etwa?«
    Allday zuckte die Schultern. »Wir haben gelernt, uns nicht anmerken zu lassen, was wir denken. Mehr kann ein Mann nicht tun.«
    »Mag sein.« Er sah, daß Davy mit dem Fuß Sand über das trocknende Blut scharrte. Dann blickte er Carwithen in das schwärzliche Gesicht, der eben die Pistole des Toten untersuchte. »Doch es gibt manche, die haben überhaupt keine Gefühle, und ich fand immer, daß sie keine richtigen Menschen sind.«
    Er trat in den Schatten zurück, und Allday kam hinterher. Beim ersten Anzeichen, daß es losging, würde sich Bolithos Stimmung schon ändern, dachte er; im Moment war es besser, wenn man ihn in Ruhe ließ.

D er Segelmacher aus Bristol
    »Wird es nicht langsam Zeit, Sir?« fragte Davy. Bolitho spähte vorsichtig über die Felsen; bleich hob sich sein Hemd gegen den schon dunkler werdenden Himmel ab.
    »Ja, das glaube ich auch. Carwithen soll antreten lassen.«
    In der kühlen Abendbrise überlief ihn ein Frösteln. Sowie die Sonne hinter den Bergen versunken war,

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