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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wurde es in Minutenschnelle kalt. Sie hatten zu lange in der Sonne gelegen, geplagt von Durst und Hitze, von Legionen von Fliegen. Bolitho musterte den Umriß des vor Anker liegenden Schoners und die an der Poop und im Bug glimmenden Lichter. Das Feuer am Strand war zu einem Häufchen glühender Asche erstorben. Niemand hielt sich mehr dort auf, soweit er sehen konnte; aber vermutlich hockte der Späher immer noch gegenüber auf seiner Felskante.
    Allday meldete flüsternd: »Klar zum Abmarsch, Captain«, und paßte dabei auf, daß sein Entersäbel nicht an die Felsen schlug. »Mr. Davy kontrolliert noch mal, ob auch jeder weiß, was er zu tun hat.«
    Wortlos nickte Bolitho und versuchte, die Entfernung zu schätzen, die sie überwinden mußten. Sonderbarerweise kam sie ihm im Dämmerlicht größer vor; aber nach den ruhigen Stimmen zu urteilen, die hier und da in Bruchstücken vom Schoner herüberklangen, schienen sie dort noch nicht bemerkt zu haben, daß einer von ihnen fehlte.
    Davy glitt heran. »Ich habe Carwithens Abteilung losgeschickt, Sir.« Er warf einen Blick auf die we nigen hellen Wölkchen. »Der Wind ist ziemlich stetig.«
    »Ja.« Bolitho kontrollierte seine Pistole und schnallte den Gürtel enger. »Folgt mir einzeln im Gänsemarsch.« Geistergleich glitten sie über die letzte Felsbarriere. Wenn einer auf lose Kiesel trat, hörte sich das in der Abendstille überlaut an. Aber wie Davy schon bemerkt hatte, hielt sich der Wind, so daß die Brandung laut genug war, um die schwachen Geräusche zu übertönen, welche die Männer machten.
    Einmal, als sie um den Fuß des Hügels bogen, traten sie fast auf zwei schlafende Seevögel, die mit schrillem Kreischen aufflatterten. Die ganze Abteilung erstarrte vor Schreck.
    Bolitho wartete, horchte auf seinen eigenen Herzschlag und auf das erregte Atmen der Männer hinter ihm. Nichts. Er hob den Arm, und sie schritten weiter.
    Über die Schulter konnte er hinten noch die Felsbrocken sehen, in deren Schutz sie ungeduldig auf den Sonnenuntergang gewartet hatten; jetzt lagen sie schon weit oberhalb seiner langsam vorrückenden Abteilung. Inzwischen hatten sie fast Meereshöhe erreicht; er hörte einen Mann leise fluchen, der aus Versehen in den ersten kleinen Priel trat. Davys Abteilung mußte zur Rechten flaches Wasser durchwaten; Bolitho hoffte nur, es würde keiner der Länge nach in einen der Priele fallen, die dort von der auflaufenden Flut schon überdeckt wurden.
    Flüchtig dachte er an sein Schiff, das auf der anderen Seite der Insel vor Anker lag, an die altgewohnten Geräusche und Gerüche. An Herrick, der nervös auf die Nachricht von Sieg oder Katastrophe wartete. Im letzteren Fall konnte er ihnen nicht mehr helfen. Es würde dann seine Sache sein, mit dem Feind Kontakt aufzunehmen und daraus zu machen, was er konnte. Es war leichter, wenn man die anderen als Feinde betrachtete, nicht als Menschen von Fleisch und Blut wie man selbst.
    Allday faßte ihn hastig am Arm. »Ein Boot hält auf uns zu, Captain!«
    Bolitho hob den Arm, beide Abteilungen machten lautlos halt. Das Boot mußte von der ihnen abgewandten Seite des Schoners gekommen sein. Er sah den Schaum der eintauchenden Riemen und der Bugwelle – jetzt stieß es durch die Brandung.
    Bolitho dachte an Carwithen und seine Handvoll Männer, die außen herum gingen, um dem einsamen Wächter in den Rücken zu fallen. Sie mußten jetzt ungefähr am Ziel sein. Carwithens brutale Wildheit fiel ihm wieder ein – ob er den unglücklichen Posten inzwischen niedergemacht hatte?
    Unvermittelt erklang eine Stimme in der Dunkelheit, und Bolitho dachte schon, Carwithen sei aufgehalten worden. Aber die Stimme kam vom Boot her, und trotz der fremden Sprache hörte Bolitho, daß der Mann eine Frage stellte. Oder vielleicht einen Namen rief.
    Allday flüsterte: »Sie suchen nach dem Vermißten, Captain.« Er ließ sich auf die Knie nieder, um das Boot gegen die hellere Brandung besser erkennen zu können. »Sechs sind es.«
    Leise sagte Bolitho: »Aufpassen, Jungs! Laßt sie rankommen.« Er hörte, wie einer der Männer mit den Zähnen knirschte: gespannt, nervös, das waren sie alle, verängstigt vielleicht durch die ungewohnte Umgebung.
    »Einer klettert drüben den Abhang zum Ausguck hinauf«, flüsterte Allday.
    Vorsichtig zog Bolitho seinen Degen. Natürlich. Dort mußte jemand zuerst hingehen und den Posten fragen, ob er den Vermißten gesehen hatte. Die anderen fünf schlenderten den Strand entlang und

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