Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
flüsterte, als sei die Mannschaft des Schoners in Hörweite. »Ihre Boote haben sie mächtig weit auf den Strand gezogen.«
    Davy hob die Schultern. »Müssen sich wohl sicher fühlen.« Bolitho zog ein kleines Teleskop aus der Tasche und stützte es sorgfältig auf einen Fels. Eine falsche Bewegung, und ein Sonnenreflex würde aufblitzen, der gewiß meilenweit zu sehen war.
    Ein Ausguckposten... Mindestens einer mußte am Strand so plaziert sein, daß er die kleine Bucht gut überblicken konnte, aber nicht die andere Seite der Insel, wo jetzt die Undine lag. Bolitho lächelte grimmig. Bei diesem langen, beschwerlichen Anmarsch war es kein Wunder, daß sie hier oben keinen Posten aufgestellt hatten.
    Bolitho fuhr zusammen und erstarrte. Jenseits der Bucht, fast in einer Linie mit dem reglos liegenden Schoner, bewegte sich etwas auf einer Felskante. Langsam stellte er sein Glas darauf ein: ein weißer, breitkrempiger Hut, darunter ein dunkles Gesicht.
    »Auf dem Felsrand gegenüber sitzt ein Ausguck. Dort – fast genau über dem Priel.«
    »Kein Problem«, sagte Carwithen. »Von See her geht's nicht, aber von hinten könnt' ich ihn leicht fertigmachen.« Kampfeslust klang aus seiner Stimme.
    Unten krachte ein Schuß, und sie duckten sich; hinter sich hörte Bolitho Waffenklirren, als seine Leute in Deckung gingen. Etwas Weißes, Flatterndes fiel vom Himmel und blieb reglos am Strand liegen. Die muschelsuchenden Matrosen des Schoners blickten kaum auf, als einer der Ihren hinging und es aufnahm.
    »Er hat einen Tölpel geschossen«, sagte Carwithen.
    »Schmeckt ganz gut, wenn man nichts Besseres hat.«
    Der Seesoldat meinte: »Muß 'n verdammt guter Schütze sein, Sir.«
    Der Soldat hatte recht. Das Gleiche hatte auch Bolitho gedacht. Ein Frontalangriff war also zu riskant, dabei wären sie alle umgekommen.
    Er sagte: »Ich schicke Nachricht zum Schiff, wir müssen warten, bis es dunkel ist. Hier«, sagte er zu dem Seesoldaten, »nimm das Glas, aber deck' es gut ab.« Er brauchte nichts weiter zu erklären. Der Mann hatte soeben bewiesen, daß er nicht nur schießen, sondern auch denken konnte.
    Die anderen lagerten weiter hinten noch zwischen den Felsen. Allday hielt ihm eine Feldflasche hin: »Trinken Sie, Captain. Schmeckt wie Bilgewasser.«
    Bolitho kritzelte etwas auf seinen Block und gab das Blatt einem Matrosen. »Bring das zur Küste und übergib es dem Deckoffizier dort.« Er sah das verzweifelte Gesicht des Mannes und fügte beruhigend hinzu: »Du brauchst nicht zurückzukommen. Wenn du bei der Undine bist, hast du eine Ruhepause verdient.«
    Da krachte noch ein Schuß, diesmal durch die Felsen gedämpft, und dann folgte ein anderer Ton: etwas Weiches fiel zu Boden. Carwithen sprang auf. »Noch 'n Vogel, Sir!«
    Bolitho schlich mit ihm zu dem Ausschau haltenden Seesoldaten zurück. Der starrte verwirrt auf den großen Tölpel nieder, der ihm mit ausgebreiteten Schwingen und blutiger Brust fast direkt vor die Füße gefallen war.
    Ärgerlich sagte Davy: »Also, wie in drei Teufels Namen hat er ...«
    Bolitho hob die Hand, und sie erstarrten in Schweigen. Schwach erst, dann deutlicher, hörte man Scharren und das Rollen loser Steinchen – jemand kam eilig herauf, um den toten Vogel zu holen.
    Bolitho blickte sich blitzschnell um. Hinter diesen paar kleinen Felsen konnte er seine dreißig Mann nicht verstecken.
    Er sah, wie Allday ihnen Zeichen machte, ganz still zu sein, sah die Angst in Armitages Augen, der wie gebannt auf die letzte Felsbarriere starrte.
    Die Geräusche wurden lauter; Bolitho konnte hören, wie sich der Mann keuchend das letzte Stück Abhang hinauf kämpfte.
    Niemand bewegte sich. Der Seesoldat blickte starr seine Muskete an, die zwei Fuß von seiner Hand entfernt lag. Das geringste Geräusch, und sie waren alle verloren.
    Da handelte Carwithen, der am dichtesten bei der Felsenbarriere war. Fast lautlos ergriff er den toten Vogel und zog ihn ein paar Zoll unter die Kante des nächsten Felsens. Mit der anderen Hand zerrte er etwas unter seinem kurzen blauen Überrock hervor, die Augen ohne zu blinzeln auf den Vogel gerichtet.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis etwas geschah. Aber dann ging es so schnell, daß man kaum folgen konnte.
    Das dunkle Gesicht des Fremden starrte offenen Mundes auf sie herab, sein Blick flog von dem Vogel zu Carwithen, als er sich mit dem Oberkörper über die Felskante zog, um nach seiner Beute zu greifen. Der Bootsmannsmaat ließ den Lockvogel fallen; die

Weitere Kostenlose Bücher