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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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der in ein langgezogenes Kreischen überging, das aber plötzlich wie abgeschnitten verstummte. Wie weit mochte es wohl bis zur offenen See sein? Der Sklavenfänger mußte so unauffällig, wie er hereingekommen war, auch wieder hinaus und sich alle Mühe geben, jedes Aufsehen zu vermeiden, bis sein Schiff klar von der Küste war.
    Bolitho konnte kaum glauben, daß er hier saß und ausgerechnet dieses Schiff beobachtete. Während die Undine lange nach den Überlebenden der Nervion gesucht und dann noch weite Umwege gemacht hatte, um das Land und andere Schiffe zu meiden, war dieser Sklavenfänger in aller Ruhe seinen Geschäften nachgegangen, als sei nichts geschehen. Er mußte eiserne Nerven besitzen.
    Jetzt waren wieder Schreie zu hören, wie von Tieren im Schlachthaus. Slavenhändler hatten keine Empfindungen. Und schon gar kein Mitleid.
    Bolitho hörte ein schwaches Geräusch hinter sich und dann Soames' leise, unbewegte Stimme: »Der junge Keen hat recht. Es ist tatsächlich dasselbe Schiff.« Prüfend blickte er über die Brigantine hinweg zu den Baumwipfeln empor. »Nicht mehr viel Zeit, Sir. In einer Stunde ist es stockfinster, vielleicht schon früher.«
    »Glaube ich auch.« In der Lichtung wurden jetzt die Sklaven zusammengetrieben. Ein paar Rauchfetzen stiegen von einem Feuer auf; vielleicht hatte daran ein Schmied an den Handfesseln gearbeitet. Dort war der schwächste Punkt.
    »Nehmen Sie zwanzig Mann und umgehen Sie das Lager. Beim ersten Alarmzeichen feuern Sie mit allem, was Sie haben. Das sollte wenigstens eine Panik verursachen.«
    »Aye. So wird's gehen.«
    Bolithos Kopf war eiskalt vor Erregung. Bei solchen Gelegenheiten überkam ihn stets eine Art Besessenheit. »Ich brauche zehn Mann, die schwimmen können. Wenn wir es schaffen, an Bord zu kommen, solange sie noch verladen, müßten wir das Achterdeck halten können, bis Sie die Boote gestürmt haben und uns zu Hilfe kommen.«
    Er hörte, wie Soames sich das stoppelige Kinn rieb. »Ein tollkühner Plan, Sir – aber jetzt oder nie!«
    »Also dann... Sagen Sie Rojart, er soll mit ein paar Mann als Flankenschutz den Platz hier halten. Denn wenn alles schiefgeht, müssen wir wieder hierher zurück.«
    Soames kroch zurück und gab flüsternd die Befehle weiter. Weitere Gestalten krochen raschelnd heran, und Keen meldete: »Unsere Abteilung ist klar, Sir.«
    »Unsere Abteilung?«
    Keens weiße Zähne blitzten in dem schwindenden Licht. »Ich schwimme ausgezeichnet, Sir.«
    Besorgt murmelte Allday: »Hoffentlich gibt es hier keine von diesen verdammten Wasserschlangen!«
    Bolitho blickte in die Gesichter der Männer. Wie gut er inzwischen die meisten von ihnen kannte! Er sah alles in diesen letzten Augenblicken. In manchen Augen glitzerte Angst, Erregung, auch die gleiche Wildheit, die ihn selber überkommen hatte. Und manche Gesichter waren von schierer brutaler Kampfeslust verzerrt.
    Kurz befahl er: »Wir gehen unter diesen überhängenden Büschen ins Wasser. Laßt Schuhe und Strümpfe und alles andere bis auf die Waffen hier. Allday, Sie sorgen dafür, daß die Pistolen gut eingewickelt werden, damit sie trocken bleiben!«
    Er inspizierte den Himmel. Es wurde schnell dunkel, nur an den Baumwipfeln hielt sich noch der sanfte Widerschein der Abendsonne. In der Bucht und bei der Brigantine war das Wasser schwarz und glanzlos wie flüssiger Schlamm.
    »Los!«
    Er hielt den At em an, als ihm das Wasser über den Gürtel und dann bis zum Hals stieg. Es war sehr warm. Noch ein paar Sekunden wartete er, etwa auf einen Alarmruf oder Musketenschuß. Aber die erstickten Schreie vom Lager her verrieten, daß er den Zeitpunkt gut gewählt hatte. Die Sklavenfänger waren jetzt zu beschäftigt, um überall zugleich aufzupassen.
    Die anderen schwammen mit hochgehaltenen Waffen, nur Keen überholte ihn mit gleichmäßigem Kraulen. »Ich schwimme zur Ankerkette, Sir«, flüsterte er und grinste tatsächlich dabei.
    Weiter, immer weiter... Dann hatten sie den halben Weg hinter sich, und Bolitho wußte: wenn sie jetzt entdeckt wurden, waren sie verloren. Hoch ragten die Masten und Rahen über ihnen auf, die gerefften Segel hoben sich scharf gegen den Himmel ab. In der Dämmerung leuchtete die Ankerlaterne besonders hell. Nackte Füße platschten über die Decksplanken, und ein Mann lachte wild auf: ein trunkenes Lachen. Vielleicht brauchte man eine Extraration Rum für solche Arbeit, dachte Bolitho.
    Und dann klammerten sie sich am Schiff fest; die Strömung zerrte

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