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Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition)

Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition)

Titel: Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordula Simon
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gehörte es sich halt, an die Ostwand der Küche gehängt hatte.
    »Sicher.« Serjoga wedelte immer noch, »Nur glaub ich, wenn man nicht ganz so fromm ist, kann man die Ewigkeit ein bisschen abkürzen.« Vlad schüttelte den Kopf, weniger um zu widersprechen, denn aus Unglauben über Serjogas Antwort.
    »Ein Totengräber«, sagte er, »ist auch nichts anderes als ein Fährmann. Immer zwischen den Lebenden und den Toten. So wie in der griechischen Mythologie.«
    »Aber wir sind keine Griechen. Keine Griechen sind wir«, gab ihm Serjoga zurück. »Übrigens, Grieche. Der kleine Grieche vom Nachbarhaus hat mir diesen Witz erzählt, hör mal: Die Zurfut fliegt übers Land …«
    Vlad fuhr fort: »Nein, vielleicht nicht ganz. Wir wissen, dass wir am Leben sind, weil wir ja dauernd Tote sehen, die wir zuschaufeln, aber der Fährmann, Gott, wie hieß er gleich? Der Fährmann hat vermutlich gar nicht mehr gewusst, ob er lebt oder tot ist.«
    »Hörst du, Vlad, Zurfut fliegt übers Land und flucht immer ›Zur Fut, so ein Tag!‹«, dabei schlug Serjoga auf den Tisch, »weil Zurfut nämlich einen schlechten Tag hat, und jedes Mal, wenn Zurfut schimpft, haut sie auf die Erde.«
    »Vielleicht war er vorher lebendig, der Fährmann«, Vlad fuhr wieder die Tischkante entlang, »oder ganz tot und hat dann den Auftrag bekommen, die Toten hin- und herzuschippern und hat irgendwann den Verstand verloren und nicht mehr gewusst, ob er tot oder lebendig ist.«
    Serjoga schlug wieder auf den Tisch: »›Zur Fut, so ein Tag‹ und walzt einen Wald platt …«
    Vlad schenkte sich nun doch einen Vodka ein: »Oder er konnte sich einfach nicht entscheiden. Entscheiden, ob er im Totenreich bleiben sollte. Und wollte wieder weg und dann hat ihm jemand ein paar Kopeken für die Überfahrt angeboten und er hat gesagt, ›na, meinetwegen‹«, während er sprach, trank auch Serjoga noch einen Rjumoč leer, »hat sich aber zurück am Eingang zum Totenreich wieder nicht entschließen können hineinzugehen und ist wieder losgefahren.«
    »›Zur Fut, so ein Tag‹ und macht ein Dorf dem Erdboden gleich«, diesmal verzögerte sich das Schlagen auf den Tisch ein wenig. Offenbar hatte Serjoga es beinahe vergessen. Schenkte ihnen beiden nochmals ein, und Vlad räusperte sich: »Bevor er aber ganz sicher wusste, dass er bei den Lebenden an Land gehen will, ist wieder einer mit ein paar Kopeken gekommen.«
    »›Zur Fut, so ein Tag‹«, rief Serjoga laut, schlug diesmal zum richtigen Zeitpunkt auf den Tisch, »und schlägt in einen See, dass ringsum alles überschwemmt wird.«
    »Gestorben wird ja dauernd«, nickte Vlad, »natürlich. Und klar, wenn man der Einzige mit einem Boot ist. Und schwimmen und dann triefnass bei der toten Verwandtschaft auftauchen, das mag niemand.«
    Noch einmal schlug Serjoga auf den Tisch: »Und wieder flucht sie ›Zur Fut‹, aber nichts passiert.« Er schenkte ihnen beiden abermals ein und Vlad griff nach seinem Glas: »Das wird ja dem Cerberus auch so gegangen sein. Der hat sich nicht mehr gerührt. Hat mit seinen vielen Köpfen – weil viele Köpfe verderben den Brei – Streit gehabt, ob hineingehen oder nicht, und da stand er dann am Eingang und kläffte die Ankommenden an.« Er kippte den Vodka die Kehle hinunter. »Oder er hat so viele angekläfft, dass ein Kopf überzeugt war, er wär tot, einer überzeugt, er wär lebendig und der dritte wusste nur mehr, dass ihm der Fährmann komisch vorkam.«
    »Da probiert es Zurfut noch einmal an der gleichen Stelle: ›Zur Fut‹«, Serjoga begann zu husten, »aber wieder nichts.«
    »Und Persephone ja sowieso. Dieses ganze Auf und Ab. Nicht entscheiden können zwischen Mutter und Ehemann? Neinneinnein. Die hat auch nicht entscheiden können, die Hadesbraut, ob sie jetzt tot sein will oder lebendig. Granatapfel essen, das ist wie eine zu geringe Dosis Schlaftabletten zum Suizid. Und da ist das Mädel nun, irgendwo dazwischen, und kennt sich nicht mehr aus, was los ist.«
    »Da schaut sie sich um und stellt fest: ›Ich bin am Schwanz.‹ Verstehst du? Am Schwanz, so wie ›mir egal‹.« Serjoga kicherte, sank dabei auf seinem Stuhl regelrecht zusammen. Ein hohes Kichern, im Vergleich zu Serjogas Sprechstimme.
    »Vielleicht hast du recht, Serjoga, vielleicht sollte ich wirklich die Gedenkfeiern sein lassen, vielleicht dreh ich auch schon durch wie die armen Griechen, weil ich dauernd tote Menschen sehe.« Er fasste sich an die Schläfen, nein, das war es nicht, nein, er wusste

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