Der Preis -Thriller (German Edition)
Mitschuld an ihrem möglichen Tod zu drohen, war schon ein starkes Stück.
Außerdem musste er sich eingestehen, dass sie unter ihrer mühsam aufrechterhaltenen Maske aus kühler Geschäftsmäßigkeit, wohl tatsächlich eingeschüchtert war. Nolde hatte im Laufe der Jahre mit genügend Gewaltopfern zu tun gehabt , um da s sicher beurteilen zu können.
Trotzdem fand er, dass für Fälle von Mord und Totschlag eher die Polizei zuständig sei, als ein privates Sicherheitsunternehmen wie Nolde Securities.
Nolde erkundigte sich also, weshalb Milena auf die Idee kam, dass ausgerechnet er ihr bei ihrem Problem helfen könnte.
Weil er ihr von Monsieur Gustave Pascin empfohlen worden sei, hatte Milena geantwortet.
Pascin war Chefjustiziar einer der wichtigsten Versicherungsgesellschaften Frankreichs .
Nolde konnte es sich nicht leisten , ihn vor den Kopf zu stoßen. Dazu verdankte s eine Firma Pascin zu viele Aufträge.
So hatte er Mademoiselle schließlich widerwillig doch noch nach oben in sein Penthouse gebeten.
3 .
Milena war eine attraktive Frau. Groß und schlank, mit langem lockigen Haar, einem vollen Mund und blauen, weit auseinander stehenden Augen, konnte sie sich darauf verlassen, dass die Männer (und so manche Frau) ihr bewundernd nachsahen.
Sie besaß eine kleine Wohnung im II. Arrondissement, die sie mit schlichten, aber recht teuren Möbeln ausgestattet hatte. Und in einer Tiefgarage, einige fünfzig Meter von ihrem Haus die Straße herunter, war ihr fas fabrikneuer kleiner Fiat geparkt.
Milena trieb regelmäßig Sport und aß die richtige Sorte Mahlzeiten - viel Gemüse, Müsli und wenig rotes Fleisch, vor allem nicht zuviel Salz, Kaffee oder Zucker und schon gar kein Fast Food. Sie spendete regelmäßig für den guten Zweck. Sie fand, dass es nur angemessen war, dass jene, denen es besser ging, denen halfen, welche weniger Glück gehabt hatten.
Milena verfügte über einen Mathematik-Abschluss von der Sorbonne und einen Master of Business der London School of Economics. Bei beiden Abschlüssen erzielte sie ein summa cum laude und für ihre Sorbonne Abschlussarbeit zu bestimmten Aspekten von Wahrscheinlichkeitsrechnungen, war sie überdies in einer renommierten Fachzeitschrift besonders lobend erwähnt worden.
Trotzdem hatte sie es angesichts ihrer Qualifikation bislang nur zu einem vergleichsweise bescheidenen Posten bei einem großen Versicherungskonzern gebracht. Zuweilen mochte sie sich über den etwas schleppenden Verlauf ihrer Karriere Sorgen machen. Andererseits waren die Zeiten nicht rosig und eine Menge hoch qualifizierter Leute hatten sich mit wesentlich schlechteren Posten zufrieden zu geben, als sie. Zumal Milena auch bislang nie ernstlich bezweifelt hatte, dass ihre Stunde noch kommen würde. Ihre Eltern waren seit langem tot und die nächste Verwandte, von der sie wusste, war eine entfernte Cousine ihres Vaters, die in irgendeinem Pflegeheim ihrem Ende entgegendämmerte. Doch ihr Adressbuch war voll mit Nummern von Leuten – Männern und Frauen gleichermaßen – die gern mit ihr ausgingen, Sport trieben oder tratschten. Einsam war sie also nicht.
Milena war jung, sie war intelligent, sie hatte einen relativ guten Job und war außerdem attraktiv. Selbstverständlich glaubte sie fest daran, dass ihre Zukunft rosig sein musste.
Sie hatte bislang stets alles richtig gemacht. Nie war sie weiter als ein paar Zentimeter vom schmalen Pfad der Tugend abgewichen. Ihr ganzes Leben lang hatte sie hart gearbeitet und sich nur selten etwas gegönnt. Bescheidenheit und harte Arbeit, hatte man sie gelehrt, bildeten immer noch die besten Voraussetzungen dafür, Zufriedenheit und Glück im Leben zu finden. Der Platz an der Sonne war nicht umsonst zu haben. Alles im Leben hatte seinen Preis. Doch wer bereit war, diesen Preis zu bezahlen, dem standen die Tore zu Erfolg und Anerkennung weit offen. Milena war überzeugt eines Tages zu bekommen, was ihr zustand: Sicherheit, Erfolg, Liebe, und - in ferner Zukunft - sogar ein bis zwei Kinder.
4 .
Donnerstag, 13. Juli.
Nichts deutete für Milena darauf hin, dass sich an diesem Nachmittag ihr Leben für immer verändern würde.
Auf dem Weg zur Metrostation dachte sie darüber nach, wie sie den morgigen Nationalfeiertag verbringen sollte. Sie nahm sich vor, zunächst einmal lange auszuschlafen, dann etwas Leichtes zum Essen zu kochen und später spontan darüber zu entscheiden, was sie mit dem Rest des Tages
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