Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
Sie befühlte seine Stirn. »D u hast Fieber. Wir bringen dich wieder ins Bett.« Sie lief in den Flur und winkte einen Bediensteten heran. »S chnell, hole dir noch einen oder zwei Männer und bringe den Herzog zurück in seine Kammer!«
Der Diener lief los. Seit die Stadt belagert wurde, gehorchten ihr die Menschen in der Burg.
Shahila sprach ihrem Mann Mut und Trost zu, bis die Diener kamen und ihn behutsam fortführten.
»W ird er das noch lange durchstehen, Hoheit?«, fragte Almisan.
Shahila hatte sich wieder gefangen. »I ch bin vorsichtig in der Dosierung, Almisan. Keine Sorge, ich lasse ihn nicht sterben, solange ich ihn noch brauche.« Sie gab sich hart, aber sie spürte doch Mitleid mit ihrem Gatten, der nun einmal das Unglück hatte, in ein großes, gefährliches Mühlwerk geraten zu sein. Sie hatte zwei gute Jahre mit ihm gehabt. Er hatte sie respektiert, geachtet und hatte in seiner Einfalt nicht bemerkt, welch gefährliche Pläne sie ausheckte. Er hätte es auch kaum verstanden. Und nun litt er an dem Gift, das sie ihm verabreichte, damit er ihr nicht in die Quere kam. Noch brauchte sie ihn. Ein Heer des Seebundes lag vor den Mauern ihrer Stadt, und vielleicht würde Beleran nur noch als Sündenbock taugen, und nicht als Erbe großer Geheimnisse, wie sie es vorgesehen hatte. Sein Bruder Gajan war angeblich noch am Leben, hatte Hamoch, der Zauberer, behauptet. Und der Schlüssel zu den Geheimnissen unter der Stadt war fort, gestohlen von ihrem Halbbruder Sahif, der sie verraten hatte. Wie nahe sie daran gewesen war, die Kammer zu öffnen! Sie war es immer noch, aber es war, als hätte jemand eine dicke Wand aus Glas zwischen sie und ihr Ziel gezogen. Sie konnte es sehen, aber nicht erreichen. Und so blieb ihr nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass Jamade Sahif inzwischen den Schlüssel abgejagt hatte. Es machte sie krank, dass sie nicht wusste, ob ihr Halbbruder noch lebte oder nicht, und es machte sie krank, dass ihr nicht klar war, wo Prinz Gajan steckte, und diese Belagerung machte sie ebenfalls krank. Sie konnte nicht viel tun, nur warten, musste sich gedulden und musste die Stunden zählen, gemessen in den Donnerschlägen der Bombarden, die ihre Stadt beschossen.
***
Als Jamade die Treppen von der Mauer zur Stadt erreichte, spürte sie eine ungewisse Anspannung, die über den weißen Ruinen zu liegen schien. Etwas war im Gange, und es war bestimmt nichts Gutes. Die Frage war, ob es auch sie betraf. Sie eilte die Treppen hinab und weiter Richtung Hafen. Immer noch wusste sie nicht, wie sie die Westgarther dazu bewegen sollte, ihr ein Schiff oder wenigstens ein Fischerboot zur Verfügung zu stellen. Geld hatte sie keins; sie konnte natürlich gewisse Dienste anbieten, aber diese Dienste erforderten Zeit, die sie nicht hatte. Sahif war nicht weit hinter ihr.
Sie war so sehr in Gedanken, dass sie die Westgarther fast übersehen hätte. Sie saßen in einer Ruine, und hätte nicht einer dem anderen etwas zugeraunt, wäre sie wohl in diese Gruppe hineingestolpert. Sie verfluchte ihren Leichtsinn, drückte sich an die Wand und rief die Schatten. Was hatten diese Männer hier zu suchen, weit von dem eigenen Lager entfernt? Wieder raunte einer der Männer etwas, dann erhoben sich die Krieger und huschten einer nach dem anderen lautlos über die Straße. Es waren sieben, zu wenige für einen Angriff, zu viele, um heimlich etwas auszukundschaften. Jamade folgte ihnen kurz entschlossen. Die Männer durchquerten vorsichtig einen ehemaligen Innenhof und verschwanden hinter eingestürzten Mauern. Jamade war dicht hinter ihnen, so dicht, dass sie den letzten fast berühren konnte. Sie wollte hören, was die Männer sprachen, aber sie schwiegen jetzt. Auf jeden Fall, das wurde ihr bald klar, ging es nach Westen, dorthin, wo die Scholaren in ihrer Bibliothek saßen. Dann hielten die Männer wieder an. Jamade zog sich ein Stück zurück. Das Verhalten der Krieger war ihr ein Rätsel. Sie bemerkte, dass sie zwei schwere Schlachthämmer mitführten, für einen heimlichen Überfall denkbar ungeeignet.
Sie wartete eine Weile, aber als sich nichts tat, beschloss sie, sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Sie glitt lautlos aus der Ruine heraus und kletterte in der daneben eine Mauer hinauf. Es war nicht leicht, denn sie musste leise sein, und das Licht dieser rötlich eingefärbten Nacht war trügerisch. Sie arbeitete sich langsam nach oben, einmal löste sich ein großes Stück Putz unter ihren Füßen
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