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Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)

Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)

Titel: Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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griff nach dem Stiel der Axt. Jamade war schneller und schnitt mit der Klinge über seinen linken Unterarm. Er heulte auf und taumelte zurück, blickte sie noch einen Augenblick entsetzt an, drehte sich dann um und rannte davon. Sie tat, als verfolge sie ihn, dabei hinkte sie, als sei sie verwundet. Noch zweimal sah sie, wie er sich umdrehte, dann war der Vorsprung so groß geworden, dass die Dunkelheit ihn verschluckte. Jamade blieb stehen. Sie hörte ihn durch die Nacht davonstolpern.
    »H offentlich ist er nicht so ungeschickt, von der Mauer zu fallen«, murmelte sie und kehrte zum Turm zurück. Sie wechselte die Gestalt und schlenderte zum Feuer. Dorgal war noch nicht tot. Sie vermied es, wenn möglich, unter dem Zauber der Gestaltmagie zu töten, auch wenn diese Form der Magie ihr auch nach einem Mord weiter gehorchte. Meister Iwar meinte, diese Magie sei von ganz anderer Art als die, die von Schatten und Zauberern beschworen wurde. Aber es lief dann ein sehr unangenehmes Gefühl durch den geliehenen Körper, eine Spannung, die sie glauben ließ, ihre Haut würde reißen. Sterben musste der Westgarther allerdings doch.
    Dorgal sah sie mit schreckgeweiteten Augen an; er begriff wohl nicht, woher plötzlich dieses nackte Mädchen mit dem blutigen Messer in der Hand kam. Sie lächelte, beugte sich über ihn, strich ihm sanft eine Haarsträhne aus der Stirn und tötete ihn. Lange konnte sie sich hier nicht aufhalten. Sie nahm sich etwas von dem Kaninchen, sammelte Ainas Kleider auf, dann lief sie schnell zu der Stelle, an der sie in die Ebene hinabgestiegen waren. Sie fand das Kletterseil und nahm es an sich, denn sie konnte es sicher noch gebrauchen. Für einen Augenblick starrte sie hinaus in die Ebene, aber es war zu dunkel, um zu sehen, ob Sahif schon in der Nähe war. Sie schloss die Augen, rief die Ahnen und wechselte wieder die Gestalt. Leider waren diese Westgarther keine Gegner für einen Schatten, aber sie würden Sahif beschäftigen, ihn aufhalten– und vor allem würden sie ihm nach diesem kleinen Kampf keines ihrer kostbaren Schiffe zur Verfügung stellen. Nun musste sie nur noch sehen, wie sie selbst an eines kam. Als sie über die Mauer zur Stadt eilte, war ihr, als würde sie in der Ebene jemanden rufen hören. Sie blieb stehen. Ja, ohne Zweifel: Sahif war näher, als es ihr lieb war.
    ***
    »I ch bin ein Narr«, fluchte Sahif.
    Sie standen vor der Wand, die sie erst vor einem Tag heruntergeklettert waren, doch das Seil war verschwunden, und niemand reagierte auf ihre Rufe.
    Ela rief noch einmal. »S ie müssten uns doch hören, wenn sie im Turm sind. Ich meine, was ist der Sinn dieser Wache, wenn sie nicht merken, dass jemand aus der Ebene zurückkehrt?«
    »I ch hätte es bedenken müssen«, meinte Sahif düster. »E ntweder sind wir nicht willkommen, oder Jamade war vor uns hier.«
    »D u meinst…?«
    Er zuckte mit den Schultern. »W enn ich es mir recht überlege, wäre es das, was ich an ihrer Stelle machen würde.« Er schüttelte den Kopf. »W äre ich bei Kräften, wäre diese Wand kein Hindernis, aber so…«
    »I ch könnte versuchen, dort hinaufzugelangen«, schlug die Köhlertochter vor.
    »I n der Dunkelheit? Willst du dir das Genick brechen? Nein, wir werden einen anderen Weg finden.«
    Er drehte sich um und zuckte zusammen. Die Zahl der Toten, die ihm folgten, war gewaltig gewachsen. Es schienen Tausende zu sein, und er konnte sie nun viel besser sehen als zuvor: Ihre leeren Augenhöhlen, die maskenhaften Züge der bleichen Gesichter, die Schemen alter Rüstungen, selbst ihre nutzlosen Waffen führten diese Geister mit.
    »K ennt Ihr einen anderen Weg hinauf?«, fragte er.
    Sahif bekam keine Antwort, aber im Heer der bleichen Schemen öffnete sich eine Gasse, die ihm die Richtung wies.
    »W ir müssen dort entlang«, sagte er.
    Ela zögerte. Er packte sie am Handgelenk und zog sie hinter sich her durch das dichte Spalier der Toten, die ihm schweigend zusahen. Die Gasse schloss sich hinter ihnen, und Sahif spürte eine Eiseskälte, die von diesen Geistern auszugehen schien. »N icht stehen bleiben«, mahnte er die zögernde Ela. Das Fieber schwächte ihn. Er musste sich wieder auf das Mädchen stützen. Er konnte ihrer beider Atem als kleine verlorene Wolken unter dem roten Nachthimmel sehen. Was würde geschehen, wenn sich die Geister auf ihn und Ela stürzten– würde der Frost sie töten? Warum schlug ihnen plötzlich diese Feindseligkeit entgegen? Er blieb jetzt selbst stehen.

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