Der Prinz und das Maedchen von nebenan
Aura von Reichtum, Glamour und rotem Teppich umgeben.
Er ist nichts weiter als ein verwöhnter Playboy, versuchte sie sich einzureden. Zeichen von Verweichlichung entdeckte sie an ihm jedoch nicht. Weder die Linien um seinen Mund noch die ausgeprägten Wangenknochen oder das markante Kinn ließen darauf schließen. Der schlanke muskulöse Körper zeugte nicht von Maßlosigkeit, in den kalten hellen Augen fand sich keine Spur von Nachgiebigkeit.
Sie ertappte sich dabei, wie sie ihn stumm und staunend anstarrte, und sah rasch beiseite. „Sie hätten anrufen sollen. Es ist Samstag, es hätte sein können, dass ich ausgehe.“
„Haben Sie das vor?“ Skeptisch ließ er den Blick über sie gleiten, worauf sie trotzig das Kinn hob.
„Zufällig nicht.“
„Vielleicht darf ich hereinkommen und Ihnen erklären, worum Lotty Sie bittet. Oder möchten Sie die Unterhaltung auf der Türschwelle führen?“
Ihre Freundin hatte sie für einen Moment ganz vergessen. Unwillkürlich presste Caro kurz die Lippen aufeinander. „Nein, natürlich nicht.“
Auf der Straße parkte eine schwarze Limousine mit verdunkelten Fenstern, die sicher bald die Aufmerksamkeit der Nachbarn auf sich ziehen würde. Rasch trat sie einen Schritt zurück und hielt ihm die Tür auf. „Treten Sie bitte ein.“
Der Flur war schmal, und sie hielt den Atem an, als Philippe an ihr vorüberging. Vermutlich war das der Auslöser für den leichten Schwindelanfall und die Luftnot, unter denen sie plötzlich litt. Er bewegte sich mit der Anmut eines schwarzen Panthers. Geschmeidig glitt er an ihr vorüber und wirkte dabei überraschend groß, kräftig und überwältigend männlich.
Sie führte ihn ins Wohnzimmer. Dort herrschte zwar ein schreckliches Chaos, doch da er nicht den Anstand besessen hatte, seinen Besuch anzukündigen, konnte er sich darüber kaum beschweren.
Philippe blickte sich voll Abscheu in dem kleinen Raum um. Nie zuvor hatte er eine solche Unordnung gesehen. Über den Heizkörpern hingen Strumpfhosen zum Trocknen. Kleider, Schuhe, Bücher und dergleichen lagen auf dem Teppich verstreut, auf einem Couchtisch, zwischen Kosmetika, Ladegeräten, Zeitschriften und nur teilweise geleerten Tassen, stand ein geöffneter Laptop.
Diese Frau unterschied sich drastisch von Lottys anderen Freundinnen, die durchweg kultiviert, elegant und stets makellos gekleidet waren und auf den Gütern ihrer Familien oder in geräumigen Apartments in New York, London oder Paris lebten. Das hätte er bereits ahnen müssen, als der Wagen in ihre Straße einbog, in der sich ein bescheidenes Häuschen an das andere reihte. Was hat Lotty sich nur dabei gedacht?
„Möchten Sie eine Tasse Tee?“, bot Caro ihm höflich an.
Um acht Uhr abends? Wer, um Himmels willen, trank um diese Zeit Tee? Er unterdrückte nur mit Mühe ein Stöhnen.
„Haben Sie nichts Stärkeres?“
„Hätten Sie Ihr Kommen angekündigt, hätte ich meine Champagnervorräte aufgestockt. So kann ich Ihnen leider nur Kräutertee anbieten.“
Für einen Moment entglitten dem ansonsten kaum zu erschütternden Philippe die Gesichtszüge, und Caro fuhr voller Schadenfreude fort: „Sie haben die Wahl zwischen Ginkgo-, Brennessel- oder Disteltee …“
Nun erst erkannte er, dass sie sich über ihn lustig machte. „Was immer Sie nehmen“, erwiderte er und ärgerte sich sofort darüber, wie steif und förmlich seine Worte klangen. Normalerweise war er lässig und entspannt, doch etwas an dieser sonderbar gekleideten Frau raubte ihm die Fassung. Hinzu kam, dass er sich in ihrer Welt, in der die ihm geläufigen Gewohnheiten nicht galten, unsicher fühlte.
Er könnte in diesem Moment in einer eleganten Bar sitzen und Cocktails mit einer Schönheit genießen, die die Spielregeln kannte. Stattdessen befand er sich in dieser winzigen Wohnung, wo ihm nur Tee angeboten wurde – noch dazu Kräutertee! –, von einem Mädchen, das sich über ihn lustig machte.
„Dann mache ich Johanniskrauttee“, kündigte sie fröhlich an. „Nehmen Sie Platz, ich bin gleich zurück.“
Ich kann es kaum erwarten, dachte er zynisch.
Seufzend räumte er einen Platz auf dem Sofa frei und ließ sich darauf nieder. Lotty hatte ihn überredet, hierher zu kommen und eine Aufgabe zu erledigen. Es ist auch in meinem Sinn, redete er sich selbst gut zu. Wenn Caro tatsächlich hielt, was Lotty versprach, war sie seine Rettung.
„Sie ist nicht schön im herkömmlichen Sinn, dafür aber interessant“, hatte Lotty sie
Weitere Kostenlose Bücher