Der Prinzessinnenclub
zehn Tage bis dahin, oder?«
Sissi nickte und schob ihr Haarband zurecht. Emma und ich beugten uns erwartungsvoll vor.
»Ehrlich gesagt, ich hab noch keinen blassen Schimmer!«
Passend zu dem Haarband trug Sissi eine eng anliegende bestickte Weste aus weinrotem Samt. Wieder einmal wirkte ihr Outfit gleichzeitig altmodisch und total »hip«. Ich seufzte. Neben Sissi hatte ich immer das Gefühl, total langweilig auszusehen. Andererseits wusste ich ganz genau, dass ich selber gar nicht den Mut hätte, mit so auffallenden Klamotten herumzulaufen. Aber Sissi schien es überhaupt nichts auszumachen, wenn sie verwundert angestarrt wurde.
»Wie wär’s denn mit einer Übernachtungsparty?«, schlug ich vor.
»In meinem kleinen Kämmerchen?« Sissi zog eine Grimasse. »Und nebenan die drei Nervzwerge? Wie soll das denn gehen?«
»Okay«, gab ich zu. »Keine gute Idee! - Also sag lieber mal, was wir dir schenken sollen! Hast du einen Wunsch?«
Sissi lächelte. »Euer Geschenk habe ich doch schon: den Prinzessinnenclub! An meinem Geburtstag ist unsere vereinbarte Zeit vorbei. Vier Wochen hattet ihr mir versprochen!«
»Und dann?«, fragte Emma besorgt. »Was machen wir danach?«
Sissi zuckte die Achseln. »Dann entscheiden wir drei Prinzessinnen, ob wir weitermachen wollen.«
»Komisch, an unsere Regeln habe ich mich inzwischen richtig gewöhnt«, sagte ich und begann aufzuzählen: »Also, ich finde, ich drücke mich mittlerweile ziemlich gewählt aus -«
»Ach, tatsächlich?«, grinste Sissi.
»Ich sage die Wahrheit«, fuhr ich ungerührt fort.
Emma zog die Augenbrauen hoch.
»Okay«, gab ich zu, »ich sage meistens die Wahrheit. - Was noch?« Ich überlegte. »Ach ja, ich bin eine sehr zuverlässige Freundin.«
Emma und Sissi nickten eifrig.
»Und das mit unseren guten Taten klappt doch inzwischen auch, findet ihr nicht? Und zwar nicht nur wegen unserem Einsatz für Frau Blümlein.«
Tatsächlich hatten wir alle drei festgestellt, dass sich in den letzten Wochen etwas verändert hatte. Wir erkannten inzwischen viel schneller, wenn jemand Hilfe oder Unterstützung brauchte, und wir waren insgesamt, ja, aufmerksamer als früher. Klar, meistens waren unsere »guten Taten« nur kleine Gesten. Wir hoben ein heruntergefallenes Spielzeug auf, sammelten herumliegenden Müll ein, ließen eine Mutter mit einem quengelnden Kleinkind an der Kasse vor oder erklärten Kevins Tischnachbarn Jannis, der in Mathe noch weniger schnallte als Sissi und ich, eine Algebraformel. Aber egal was es war. Es erzeugte fast immer ein gutes Gefühl im Bauch.
»Nur dass wir kein klitzekleines bisschen lästern dürfen«, seufzte ich. »Das ist wirrrrrklich schade!«
»Hmm... wir könnten uns ja eine kleine Ausnahmeregel überlegen«, schlug Sissi vor, »für besondere Fälle.«
»Gute Idee«, nickte Emma.
»Sehr gute Idee«, bekräftigte ich.
Zwei Tage später trafen wir uns bei Sissi, um gemeinsam für die bevorstehende Mathearbeit zu üben. Emma hatte als Einzige von uns drei Prinzessinnen begriffen, wie man ein gleichschenkliges Dreieck im Koordinatenkreuz spiegelte, und großzügig angeboten, Sissi und mir auf die Sprünge zu helfen.
»Ihr müsst aber zu mir kommen«, hatte Sissi gesagt. »Ferdi ist immer noch krank. Ich kann ihn nicht den ganzen Nachmittag alleine lassen.«
Während die Zwillinge Mats und Tilda sich schnell von ihren Windpocken erholt hatten und schon wieder in den Kindergarten gingen, sah der arme Ferdi weiterhin aus wie ein Streuselkuchen und kratzte jammernd an seinen grässlich juckenden roten Pusteln herum.
»Natürlich langweilt er sich zu Tode«, hatte Sissi uns stöhnend erzählt. »Deswegen ruft er alle zwei Minuten nach mir! Ich schwöre euch: Ich werde noch wahnsinnig!«
Emma hatte Ferdi eine gelbe Wasserpistole mitgebracht und damit anscheinend genau seinen Geschmack getroffen. »Super Teil«, rief er begeistert, »die probiere ich gleich aus!«
»Oh nein, das lässt du schön bleiben!«, bestimmte Sissi. »Wenn du hier alles nass machst und wir dein Bett neu beziehen müssen, flippt Mama aus!«
»War wohl doch keine so tolle Idee von mir, Ferdi ausgerechnet eine Wasserpistole zu schenken«, meinte Emma zerknirscht.
»Mach dir bloß keine Gedanken«, winkte Sissi ab. »Bei uns ist doch sowieso immer Chaos! Darauf kommt’s auch nicht mehr an.« Sie schloss die Tür zu Ferdis Zimmer. »Kommt mit, wir setzen uns in die Küche.«
Wir breiteten gerade unsere Mathesachen aus, als im Treppenhaus
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