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Der Puppengräber

Der Puppengräber

Titel: Der Puppengräber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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beinahe die Gitter abgebrochen. Drei Pfleger waren nötig gewesen, ihn zu bändigen. Und man durfte nicht vergessen, er hatte einen Menschen getötet.
    «Das war kein Mensch», widersprach Jakob. «Das war eine blutrünstige Zecke. Außerdem war es Notwehr, hat die Polizei gesagt. Wenn Ben ihm nicht das Genick gebrochen hätte, hätte Lukka unsere Kleine abgestochen und ihn wahrscheinlich auch.»
    Die Einschätzung der Polizei interessierte nur am Rande. Was hieß schon Notwehr bei einem, der es nicht abschätzen konnte?
    Trude kam dazu. Sie hatte es nicht länger ertragen, neben dem Bett zu sitzen und Bens fahle Haut zu betrachten, hatte ihm nur noch einmal über die Stoppeln gestrichen und geflüstert: «Du bist doch mein guter Ben, du bist mein Bester. Ich hol dich hier raus, das verspreche ich dir. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.»
    Den Rest der Erklärung, mit der Jakobs Verlangen abgeschmettert wurde, hörte Trude noch. «Da ist aber das letzte Wort noch nicht gesprochen», sagte sie. «Er kann es sehr wohl abschätzen. Haben Sie seine Hände nicht gesehen? In die Klinge gefasst hat er, um Lukka aufzuhalten. Wenn Lukka ihm das Messer freiwillig gegeben hätte, könnte er noch leben. Dass Ben hier tobt, wundert mich nicht. Hier würde ich auch toben. Er will nur raus. Mehr wollte er nie.»
    Auf der Rückfahrt hatte Trudes Gesicht ein wenig Farbe bekommen. Anfangs war es hilflose Wut, die ihre Wangen rosig überzog. Nur blieb sie nicht lange hilflos. Zuerst schwieg sie noch, ließ sich alles durch den Kopf gehen. Dann erklärte sie: «Wenn Erich meint, er hätte gewonnen, irrt er sich gewaltig. Wir brauchen bestimmt einen guten Anwalt, wenn ich der Polizei alles sage. Aber jetzt, wo ich wieder da bin, soll er auch wieder da sein, wo er gerne ist.»
    Und Jakob sollte nicht allein sein mit seiner Schuld, sollte sich nicht unentwegt fragen müssen, was geschehen wäre, wenn er gesprochen hätte. Gleich damals, 1945, als es vorbei war und man wieder offen reden konnte, als Werner Ruhpold und alle Welt hätten erfahren müssen, dass Edith Stern nie auf den Weg nach Idaho gelangt war. Doch das sprach Trude nicht aus.
    Jakob war nicht einverstanden, als sie ihm erklärte, was sie vorhatte. Die ganze Nacht bettelte er. Es sei keinem geholfen, auch Ben nicht. Aber Trude ließ sich auf nichts ein.
    Am nächsten Tag rief sie mich an und schlug mir einen Deal vor. Ihre gegen Bens Freiheit. Einen Anwalt hatte sie noch nicht konsultiert. Er hätte ihr garantiert abgeraten und wohl auch erklärt, dass es völlig überflüssig war, sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen.
    Für Bens Entlassung aus der Landesklinik war nicht die Polizei zuständig. Als Trude das begriff, war es zu spät. Da hatte sie mir bereits erzählt von Svenja Krahls Handtasche, den beiden Fingern, dem blutigen Rucksack und dass sie Ben geschickt hatte, ihr den Kopf zu bringen. Sie erzählte mir auch von Althea Belashi und dass Marlene Jensen noch leben könnte, hätte nicht fünfzehn Jahre vor ihr die junge Artistin sterben müssen.
    «Das ist mir bei der Hochzeit im November aufgefallen», sagte Trude. «Sie war dem Mädchen vom Zirkus wirklich sehr ähnlich. Und da hat er vielleicht gedacht, nochmal soll sie nicht verschwinden. Aber sie hätte nicht an Lukkas Tür geklingelt. Sie wäre bestimmt zu Paul und Antonia gelaufen, wenn Ben nicht versucht hätte, sie aufzuhalten. Und er hat sicherlich Rabenaas gesagt, das sagt er seit fünfzehn Jahren zu den Mädchen. Es ist sein Wort für tot, und Freund ist sein Wort für Mörder. Unsere Kleine hat mich darauf gebracht. Er wollte sie doch nur warnen, und wir haben es nicht begriffen.»
    Trude war überzeugt, dass die Leichen noch in der Nähe waren. «Wenn Lukka sie im Auto weggeschafft hätte, hätte er das auch mit Britta getan und bestimmt nicht irgendwelche Sachen verloren», sagte sie. «Dann hätte Ben nichts heimbringen können.»
    Was sie erklärte, war ungeheuerlich. Der Staatsanwalt geriet außer sich: «Das war wiederholte Vernichtung von Beweismaterial. Darüber kann ich nicht hinwegsehen, es war Begünstigung. Das hat strafrechtliche Konsequenzen. Stellen Sie sich nur einmal vor, die Frau hätte Alarm geschlagen, als er die Tasche nach Hause brachte. Das war im Juli. Wenn wir zu dem Zeitpunkt hätten aktiv werden können, wäre es vielleicht bei einem Opfer geblieben. Jetzt sind es vier. Denken Sie auch mal an die betroffenen Familien, die werden das nicht stillschweigend

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