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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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«
    »Ich meine, wirklich, so daß er für diesen andern der wichtigste Mensch auf der Welt wäre.« Michael wußte nichts zu sagen. »Du hast mich einmal in einer Situation gesehen, die für dich recht häßlich war«, sagte sein Vater.
    »Fang nicht wieder damit an.«
    »Nein, nein«, sagte der Vater und redete schnell weiter. »Ich wollte dir nur sagen, es war nicht das erstemal während meiner Ehe mit deiner Mutter, daß ich eine andere Frau hatte. Auch nicht das letzte.
    Auch nicht das letzte.«
     
    Michael umklammerte die Lehne seines Stuhls. »Warum glaubst du eigentlich, daß du mir das antun mußt?«
    »Ich möchte, daß du verstehst«, sagte Abe. »An irgendeinem Punkt hat das alles aufgehört.« Er zuckte die Schultern. »Vielleicht waren es die Hormone, vielleicht eine Änderung in meiner Lebenseinstellung. Ich kann mich an mindestens ein halbes Dutzend hübscher Gelegenheiten erinnern. Aber ich hab damit aufgehört und mich in deine Mutter verliebt. - Du hast ja nie eine Möglichkeit gehabt, sie zu kennen, wirklich zu kennen. Weder du noch Ruthie.
    Aber für mich ist es jetzt noch schlimmer. Sehen Sie das ein, Rabbi?
    Können Sie das verstehen, m'lamed, mein gescheiter Sohn? Ich hab sie lange Zeit nicht gehabt, und dann hatte ich sie, aber nur für eine kleine Weile, und jetzt ist sie fort.«
    »Pop! « sagte Michael.
    »Nimm meine Hand«, sagte sein Vater. Michael zögerte, und Abe langte hinüber und nahm die Hand seines Sohnes in die seine. »Was ist los?« fragte er mit rauher Stimme. »Hast du Angst, sie werden uns für verrückt halten?«
    »I c h liebe dich, Pop«, sagte Michael.
    Abe drückte seine Hand. » Scha «, sagte er.
    Möwen zogen ihre Kreise. Die Menge flutete vorüber. Es gab viele Männer mit Fez darunter, eine ganze Gemeinde von Muslims. Nach und nach verschwand der kleine schwarze Fischdampfer hinter dem Horizont. VIELE BEWERBEN SICH UM DEN TITEL, ABER
    NUR HIER GIBT ES DIE ECHTEN UND WIRKLICH
    GRÖSSTEN FRANKFURTER DER WELT.
     
    Das Mädchen auf dem Pferd war anscheinend wieder ins Meer gesprungen, denn sie hörten die Menge in der Ferne leise aufschreien. Ihre Schatten vor ihnen im Sand wurden länger und verschwommener.
    Als es Zeit zum Gehen war, zog Abe seinen Sohn zum Bierstand und bestellte, indem er zwei Finger hob. Hinter dem Tisch stand ein junges braunhaariges Mädchen mit gelangweiltem Gesichtsausdruck, ein recht gewöhnliches Mädchen von vielleicht achtzehn Jahren, leidlich hübsch, aber mit schadhaften Zähnen und unreinem Teint.
    Abe sah ihr zu, wie sie die Becher nahm und nach dem Hahn griff.
    »Ich heiße Abe.«
    »Ja?«
    »Und Sie?«
    »Sheila.« Sie hatte ein Grübchen in der Wange.
    Er prüfte es mit Daumen und Zeigefinger, ging dann zu dem Luftballonverkäufer hinüber und erstand einen knallroten, den er dem Mädchen ans Handgelenk band, so daß er wie ein großes blutunterlaufenes Auge über ihnen schwebte. »Der Bursche da ist mein Sohn. Von ihm laß die Hände, er ist ein verheirateter Mann.«
    Gleichgültig nahm sie das Geld und gab heraus. Aber als sie von der Kasse zurückkam, lachte sie und ließ ihre Kurven beim Gehen mehr spielen als zuvor, und der Ballon schwankte über und immer ein Stückchen hinter ihr. Abe schob ihm eine Stange Bier zu. »Für die Fahrt«, sagte er.

36
    Michael begann zu verstehen, daß das Leben aus einer Reihe von Kompromissen bestand. Sein Rabbinat am Tempel Isaiah hatte sich nicht so entwickelt, wie er es hoffte, mit Scharen von Menschen, die zu seinen Füßen saßen, um seinen blendenden modernen Interpretationen talmudischer Weisheit zu lauschen. Seine Frau war jetzt Mutter, und er suchte verstohlen in ihren Augen nach den Augen des Mädchens, das er geheiratet hatte, des Mädchens, das erschauert war, wenn er sie mit dem bestimmten wissenden Blick angesehen hatte. Jetzt stieß sie ihn manchmal nachts mitten in der Liebe von sich, wenn ein dünnes Weinen aus dem Nebenzimmer sie zum Baby rief, und dann lag er im Dunkel und haßte das Kind, das er liebte.
    Die hohen Feiertage kamen, und der Tempel quoll über von Menschen, die sich plötzlich daran erinnerten, daß sie Juden waren, und meinten, es wäre an der Zeit, so viel Reue zu zeigen, daß es wieder für ein Jahr reichte. Der Anblick des von Menschen überfüllten Gotteshauses erregte ihn und erfüllte ihn mit neuer Hoffnung und dem festen Vorsatz, nicht aufzugeben und sie am Ende doch für sich zu gewinnen.
    Er entschloß sich zu einem neuen Versuch, solange ihnen

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