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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    In ihr Schweigen fragte Michael: »Und wie steht's jetzt mit der Kanalisation dort drüben?«
    Ruthie lächelte nicht, und er merkte, daß sie sich nicht erinnerte und dann doch erinnerte. »Das kümmert mich jetzt nicht mehr«, sagte sie.
    »Ich weiß nicht, ob es daran liegt, daß die Toiletten besser geworden sind oder daß ich erwachsen geworden bin.« Sie schaute zur Tür hin, durch die ihr Vater verschwunden war, und schüttelte den Kopf. »Was wißt ihr schon hier herüben«, sagte sie leise. »Was wißt ihr schon wirklich. Wenn ihr es wüßtet, dann wäret ihr dort und nicht hier.«
     
    »Pop hat dir die Antwort gegeben«, sagte Michael. »Wir sind Amerikaner.«
    »Eben. Meine Kinder sind Juden, so wie ihr Amerikaner seid«, sagte sie.
    »Sie haben gewußt, was man zu tun hat, als die Flieger herüberkamen.
    Sie sind wie der Teufel in den nächsten Unterstand gerannt und haben hebräische Lieder gesungen.«
    »Gott sei Dank, daß keiner von euch verletzt worden ist«, sagte Michael.
    »Hab ich das gesagt?« fragte sie. »Nein, sicher nicht. Ich hab gesagt, wir sind wohlauf, und das sind wir auch -jetzt. Saul hat einen Arm verloren.
    Den rechten.«
    Leslie hielt unwillkürlich den Atem an, und Michael fühlte sich müde und elend. »Wo?« fragte er.
    »Am Ellbogen.«
    Er hatte wissen wollen, wo es geschehen war, und als er nichts erwiderte, merkte sie ihr Mißverständnis und sagte: »Bei einem Ort, der Petach Tikwah heißt. Er war bei der Irgun Zwi Leumi.« Leslie räusperte sich. »Bei den Terroristen? Ich meine, waren die nicht eine Art Untergrundbewegung?«
    »Ja, am Anfang, noch unter den Engländern. Später, während des Krieges, wurden sie ein Teil der regulären Armee. In der Zeit war auch Saul dabei. Nur sehr kurz.«
    »Unterrichtet er wieder?« fragte Leslie.
    »Natürlich, schon seit langem. Durch seine Verwundung hat er es sehr leicht, Disziplin zu halten. Die Kinder sehen in ihm einen großen Helden.«
     
    Sie drückte ihre Zigarette aus und lächelte ihnen zu, aber ihr Lächeln war ohne Zärtlichkeit.
    Am Morgen nach der schiwe fuhren Abe und Michael mit Ruthie nach Idlewild.
    »Aber zu Besuch wirst du doch wenigstens kommen?« sagte sie und küßte Abe zum Abschied.
    »Wir werden sehen. Vergiß das Datum nicht -vergiß nicht, jahrzeit zu sagen.« Sie klammerte sich an ihn. »Ich komm sicher«, sagte er.
    »Es ist ein Jammer«, sagte sie, als sie Michael knapp vor dem Einsteigen umarmte. »Ich kenne dich und deine Familie nicht, und du kennst mich und meine Familie nicht. Dabei hab ich das Gefühl, daß wir einander alle sehr gern haben könnten.« Und sie küßte ihn auf den Mund.
    Sie warteten noch, bis das Flugzeug der EL AL ihren Blicken entschwand, und gingen dann zurück zum Wagen.
    »Und was jetzt?« fragte Michael, während sie fuhren. »Wie wär's mit Kalifornien? Du bist bei uns jederzeit willkommen, das weißt du.« Abe lächelte. »Denk an deinen sejde. Nein. Aber ... danke.« Michael hielt den Blick auf den Verkehr gerichtet. »Also was dann? Florida?«
    Sein Vater seufzte. »Ohne sie ist das nichts. Ich könnte es nicht. Ich werd nach Atlantic City gehen.«
    Michael seufzte. »Und was hast du dort?«
    »Ich kenne Leute, die sich dorthin zurückgezogen haben. Andere, die sich noch nicht zurückgezogen haben, aber ihren Sommerurlaub dort verbringen. Leute aus der Branche - Leute von meiner Art. Fahr morgen mit mir hin. Hilf mir, etwas zu finden, was mir zusagt.«
    »Einverstanden«, sagte Michael.
     
    »Ich hab das Meer gern. Und all den gottverdammten Sand.«
    In einem kleinen, aber guten Villenhotel in Ventnos, nur zwei Blocks vom Strand entfernt, mieteten sie für ihn ein Schlafzimmer mit Kitchenette, Wohnzimmer und Bad, alles möbliert. »Es ist zwar teuer«, sagte Abe, »aber-wenn schon.« Er lächelte. »Deine Mutter ist in den letzten vier, fünf Jahren ein bißchen knauserig geworden, hast du das gewußt?«
    »Nein.«
    »Willst du das Zeug aus der Wohnung haben?« fragte Abe. »Hör zu -«
    sagte Michael.
    »Ich will es nicht. Kein einziges Stück davon. Wenn du magst, nimm es dir. Die Wohnung soll dann ein Agent verkaufen.« »Okay«, sagte Michael nach einer Weile. »Vielleicht das Messingbett vom sejde.« Er war ärgerlich, ohne zu wissen warum. »Nimm alles. Was du nicht brauchen kannst, gib weg.«
    Nach dem Mittagessen machten sie einen langen Spaziergang, sahen eine Zeitlang einer Ramschauktion zu, auf der schnokes

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