Der Rabbi
sagte Kahners ohne Umschweife. »Und Ihren Einfluß.«
Elkins grinste. »Kommen Sie ins Haus«, sagte er.
Mrs. Elkins lag auf der Couch und las ein Taschenbuch mit einer nackten Leiche auf dem Umschlag. Sie blickte auf und lächelte den Eintretenden zu. Ihr Blick begegnete Michaels Blick und ließ ihn nicht los. Michael war sich der Gegenwart ihres Gatten und Kahners'
bewußt, die rechts und links von ihm standen, aber wie unter einem widersinnigen Zwang vermochte er nicht, den Blick abzuwenden. Nach einer Zeit, die unendlich lang schien, obwohl es in Wirklichkeit nur ein Moment war, lächelte sie abermals und unterbrach den Kontakt, indem sie ihre Lektüre wieder aufnahm. Ihre Figur unter dem rosa Schlafrock war gut, aber in den Augenwinkeln zeigten sich schon kleine Fältchen, und das fahle Haar sah im gelben Licht der Wohnzimmerlampe wie Stroh aus.
Elkins nahm an dem Louis-quatorze-Schreibtisch Platz und schlug ein umfangreiches Scheckbuch auf. »Wieviel wollen Sie?«
»Hunderttausend«, sagte Kahners.
Elkins lächelte und zog unter dem Scheckbuch eine Liste der Mitglieder des Tempels Emeth hervor. »Ich hab mir das eben durchgesehen, bevor Sie kamen. Dreihundertdreiundsechzig Mitglieder. Einige davon kenne ich. Männer wie Ralph Plotkin und Joe Schwartz und Phil Cohen und Hyman Pollock. Männer, die es sich leisten können, ein bißchen Geld herzugeben, um eine gute Sache zu unterstützen.« Er schrieb einen Scheck aus und riß ihn aus dem Heft. »Fünfzigtausend Dollar«, sagte er und übergab Michael den Scheck. »Wenn Sie versuchen müßten, eine Million aufzubringen, hätte ich hunderttausend gegeben.
Aber bei vierhunderttausend soll jeder seinen gerechten Anteil tragen.«
Sie dankten, und Michael verwahrte den Scheck in seiner Brieftasche.
»Ich wünsche eine Tafel in der Eingangshalle«, sagte Elkins. »In liebendem Gedenken an Martha Elkins, geboren 6. August 1888, gestorben 2. Juli 1943. Das war meine erste Frau«, setzte er hinzu. Mrs.
Elkins wandte eine Seite in ihrem Buch.
Sie verabschiedeten sich und wünschten gute Nacht.
Als sie schon draußen waren und in den Wagen stiegen, hörten sie eine Tür zuschlagen. »Rabbi Kind! Rabbi Kind! « rief Mrs. Elkins. Sie warteten, und die Frau kam auf sie zugelaufen, wobei sie den Saum ihres rosa Schlafrocks hochhielt, um nicht zu stolpern. »Er sagt«, berichtete sie atemlos, »daß er den verbindlichen Schriftentwurf für die Gedenktafel sehen will, bevor sie gegossen wird.«
Michael versprach das, und die Frau wandte sich um und ging ins Haus zurück.
Er startete den Wagen, und Kahners, der neben ihm saß, lachte leise, wie einer, der im Crapspiel soeben einen Treffer gelandet hat. »So wird's gemacht, Rabbi.«
»Sie haben nur die Hälfte des gewünschten Betrags bekommen«, sagte Michael. »Bedeutet das nicht, daß wir nun von den wichtigeren Spendern auf der ganzen Linie nur die Hälfte kriegen werden?«
»Ich habe Ihnen gesagt, daß wir hundert verlangen werden«, sagte Kahners. »Gerechnet habe ich mit vierzig.«
Michael schwieg unter dem Druck einer unnennbaren Depression; ihm war, als spüre er die fünfzigtausend Dollar in seiner Brieftasche.
»Ich bin jetzt seit zweieinhalb Jahren Rabbiner in dieser Gemeinde«, sagte er schließlich. » In dieser ganzen Zeit habe ich Harold Elkins dreimal gesehen, den heutigen Abend mitgerechnet. Im Tempel war er zweimal, bei bar-mizwes, glaube ich, vielleicht auch bei Hochzeiten.«
Eine Weile fuhren sie schweigend dahin. »Mir wird um einiges wohler sein«, sagte Michael schließlich, »wenn ich Geld von den Leuten bekomme, die vom Tempel auch Gebrauch machen, die ihre Kinder in den HebräischUnterricht schicken ... Um einiges wohler ... «
Kahners lächelte ihm zu, aber er sagte nichts.
Am folgenden Vormittag läutete das Telephon in seinem Arbeitszimmer im Tempel, und eine zögernde, leise und etwas rauhe Frauenstimme fragte nach dem Rabbi.
»Hier spricht Jean. Jean Elkins«, fügte sie hinzu und gestand damit ein, daß sie seine Stimme erkannt hatte.
»Oh, Mrs. Elkins«, sagte Michael und merkte gleichzeitig, daß Kahners, als ihr Name fiel, aufblickte und lächelte. »Was kann ich für Sie tun?«
»Die Frage ist vielmehr, was ich für Sie tun kann«, sagte sie. »Ich würde gern bei der Baukostenkampagne mithelfen.« »Oh«, sagte er.
»Ich kann tippen und Korrespondenz ablegen und mit einer Rechenmaschine umgehen. Harold ist von der Idee sehr angetan«, sagte sie nach einer kaum
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