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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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einzutreiben, ist ein ekelhaftes und undankbares Geschäft. Jemand muß es doch tun.«
    »Lassen Sie sich von denen doch nicht unter Druck setzen«, sagte Leslie.
    »Schließlich muß jeder selber am besten wissen, wieviel er geben kann.
    Geben Sie das, und denken Sie nicht länger daran.« »Wieviel können wir schon aufbringen! « sagte June. Sie wartete, bis das Serviermädchen den Kaffee und die Sandwiches abgestellt hatte. »Es ist doch ein offenes Geheimnis, wie schlecht ein junger Universitätsdozent in Wyndham bezahlt ist. Die Universität zahlt Sandy ganze fünftausendeinhundert im Jahr -«
    »Junie«, sagte Sandy.
    » Fünftausendeinhundert, sage ich, plus weitere zwölfhundert für die Sommerkurse. Und weil wir einen Wagen brauchen, wird Sandy im Herbst auch noch zwei Abendkurse für kaufmännisches Englisch übernehmen müssen. Macht noch einmal bare achtzehnhundert.
    Zusammen ergibt das ein Jahreseinkommen von achttausendeinhundert Dollar. Und diese ... Idioten ... schreiben uns vor, eintausendsiebenhundertfünfzig Dollar für den Tempel auf den Tisch zu legen.«
    »Das sind doch nur vorläufige Schätzungen«, sagte Michael. »Ich weiß positiv, daß das Komitee froh ist, einen Bruchteil davon hereinzubekommen.«
    »Zweihundertfünfzig, mehr kann ich nicht«, sagte Sandy. »Dann stellen Sie einen Scheck über zweihundertfünfzig aus, und wenn man Ihnen
    >Danke schön< sagt, so erwidern Sie >Gern geschehen!< « meinte Leslie.
    Aber Michael winkte ab. »Es soll eine Mindestgrenze von siebenhundertfünfzig festgelegt werden«, sagte er.
    Stille.
    »Also, dann nicht, Rabbi«, sagte Sandy.
    »Und wie wird das mit der Hebräischen Schule für Ihre Kinder?« »Ich zahle den Unterrichtsbeitrag wie bisher. Einhundertvierzig pro Jahr für alle drei, plus dreißig im Monat für die Fahrt.« »Das wird nicht mehr gehen. Der Geschäftsführende Ausschuß hat beschlossen, daß nur mehr spendende Mitglieder ihre Kinder schicken dürfen.«
    »Ist ja großartig«, sagte June Berman.
    »Und was ist mit der großen alten Idee, die schul soll allen, ohne Unterschied, ob arm oder reich, für ihre Gottsuche offenstehen?« fragte Sandy.
    »Wir reden von der Mitgliedschaft, Sandy. Kein Mensch wird Sie aus dem Tempel weisen.«
     
    »Aber Sitz wird keiner mehr da sein für mich.« »Sitz wird keiner mehr da sein.«
    »Und wie ist das, wenn einer die siebenhundertfünfzig nicht aufbringen kann?« fragte June.
    »Dafür gibt es jetzt den Armenausschuß«, sagte Michael lustlos. »Das ist aber nicht so schlimm. Ich sitze selber darin. Auch Ihr Freund Murray Engel. Und Felix Sommers, der Chef Ihres Mannes. Und Joe Schwartz.
    Lauter vernünftige Leute.«
    Leslie hatte Berman nicht aus den Augen gelassen. »Schauerlich«, sagte sie leise.
    Sandy lachte bitter. »Armenausschuß! Wissen Sie, was der Geschäftsführende Ausschuß mich kann? Ich bin kein Armenfall. Ich bin Lehrer. Universitätsdozent.«
    Sie beendeten ihren Imbiß. Als die Rechnung kam, wollte Michael zahlen. Aber da er wußte, daß Sandy es gerade heute nicht zulassen würde, überließ er das Zahlen ihm.
    Eine Stunde später, man ging schon zu Bett, erörterten Michael und Leslie das Für und Wider des Falles.
    »Du solltest dich in Gegenwart von Gemeindemitgliedern nicht abfällig über die Kampagne äußern«, sagte er.
    »Aber muß man denn zu solchen Methoden greifen? Die Christen kommen auch ohne solche ... Würdelosigkeit ... zu dem, was sie brauchen. Könnte man nicht einfach ein Zehntel vom Einkommen einheben, und damit Schluß?«
     
    »Wir sind aber keine Christen. Ich bin Rabbiner, nicht Pfarrer.« »Aber es ist einfach nicht richtig«, sagte sie. »Solche Methoden sind geschmacklos.
    Eine Zumutung für jeden denkenden Menschen.«
    »Bitte, mach's nicht noch ärger, als es schon ist.« »Warum redest nicht du ihnen ins Gewissen, Michael?« »Meine Meinung wissen sie ohnehin.
    Die Geldbeschaffung ist ihre Angelegenheit, und sie sehen in ihrer Methode den einzig möglichen Weg. Wenn ich mich nicht einmische, kommt der Tempel am Ende wirklich zustande, und ist er erst gebaut -
    vielleicht kann ich dann etwas sehr Schönes daraus machen.«
    Sie gab keine Antwort, ließ die Sache auf sich beruhen. Als er aber sah, daß sie zum Thermometer griff, sträubte sich etwas in ihm. »Warte nicht auf mich«, sagte er. »Ich hab heute noch zu tun. «
    »Wie du willst.«
    Er las bis zwei Uhr früh. Als er dann endlich ins Bett stieg, glaubte er sie in tiefem Schlaf und

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