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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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umherspritzen konnten, unter Sauls rustikalem Absatz, und Ruthie küßte den Fremden, und die Hochzeitsgäste drängten herzu: maseltow !
    Hitler, der inzwischen begonnen hatte, Michaels Volk auszurotten, ruinierte nebenbei auch Michaels Sexualleben. Die Hutindustrie stellte sich auf die Erzeugung von Militärkappen für Armee und Marine um, die Gewerkschaft schloß die Kommunisten aus und stellte keine Streikposten mehr auf, und so fuhr auch Farley nicht mehr nach Danbury, und Edna lud Michael nie wieder in ihre Wohnung ein.
    Schließlich, an einem kalten Freitagmorgen, begleitete Michael die beiden auf ihre Bitte zur City Hall - als ihr Trauzeuge. Er schenkte ihnen eine Silbertasse, die über seine Verhältnisse ging, und legte eine Karte bei, auf der zu lesen stand: »Dich gekannt zu haben, war eine der wichtigsten Erfahrungen meines Lebens«. Farley zog die buschigen Brauen hoch und sagte, Michael müsse sie bald zum Dinner besuchen.
    Edna errötete und runzelte die Stirn und drückte die Tasse an ihren Busen. Von da an sah Michael die Farleys kaum mehr, auch nicht in der Mensa. Schließlich wurde die Episode in Ednas Bett für ihn wie eine Geschichte, die er irgendwo gelesen hatte, und er war wieder unberührt, ruhelos und voll Verlangen.
    Einer seiner Freunde, ein Bursche namens Maury Silverstein, trainierte für einen Platz in der Boxmannschaft von Queens College.
    Eines Abends boxte Michael mit ihm in der Sporthalle. Maury war gebaut wie Tony Galento, aber er war kein wild drauflosgehender Bulle: seine Linke schoß vor und zog sich zurück, blitzschnell wie die Zunge einer Schlange, und seine Rechte schwang aus wie ein Hammer. Michael war mit ihm in den Ring gegangen, damit er sich an einem Gegner üben könne, der ihm an Körpergröße und Reichweite überlegen war.
    Silverstein ging anfangs sehr behutsam mit Michael um, und zunächst war der Kampf ein Spaß. Dann aber geriet Maury in Begeisterung; das rhythmische Dröhnen der Schläge brachte ihn außer Rand und Band.
    Plötzlich fühlte sich Michael von allen Seiten her angegriffen und getroffen von lederbewehrten Fäusten. Ein Schlag landete auf seinem Mund. Er hob die Fäuste und ging unter einem nächsten Schlag, der ihn ins Zwerchfell traf, krachend zu Boden. Keuchend saß er auf der Matte.
    Silverstein stand vor ihm, sich auf den Ballen wiegend, verschleierten Blicks, die behandschuhten Fäuste noch immer erhoben. Allmählich nur wich der Schleier von seinen Augen, und die Hände sanken herab; verwundert sah er auf Michael nieder.
    »Schönen Dank, Killer«, sagte Michael.
    Silverstein kniete neben ihm und stammelte Entschuldigungen. Unter der Dusche fühlte Michael sich elend, aber später, als er sich im Umkleideraum frottierte und sein Gesicht im Spiegel sah, empfand er einen erregenden und seltsamen Stolz. Er hatte eine geschwollene Lippe und ein blutunterlaufenes linkes Auge. Maury bestand darauf, daß sie noch einen Keller unweit des Campus aufsuchten. Das Lokal hieß The Pig's Eye, und die Kellnerin war eine magere Rothaarige mit unwahrscheinlich wogendem Busen und etwas vorspringenden Zähnen.
    Beim Servieren warf sie einen Blick auf Michaels zerschlagenes Gesicht und schüttelte den Kopf.
     
    »Hab eben so einen Idioten verdroschen, der einer hübschen Kellnerin nahegetreten ist.«
    »Schon gut«, sagte sie uninteressiert. »Er hätte dich gleich erschlagen sollen, du Schießbudenfigur. Dürfen denn Kellnerinnen gar kein Vergnügen haben?«
    Als sie ihnen die zweite Runde Bier brachte, tauchte sie die Fingerspitze in den Schaum auf seinem Glas und berührte kühl und feucht die blutunterlaufene Stelle unter seinem Auge.
    »Wann machst du hier Schluß?« fragte er.
    » In zwanzig Minuten.« Sie starrten auf ihre wackelnden kleinen Hinterbacken, als sie sich entfernte.
    Silverstein versuchte seine Erregung zu verbergen. »Hör zu«, sagte er,
    »meine Leute sind zu Besuch bei meiner Schwester in Hartford. Die Wohnung steht leer, die ganze Wohnung. Vielleicht hat sie für mich auch ein Ferkel auf Lager.«
    Sie hieß Lucille. Während Michael mit seiner Mutter telephonierte, um ihr zu sagen, daß er nicht nach Hause kommen werde, schleppte Lucille ein Mädchen für Maury herbei, eine kleine Blonde namens Stella. Sie hatte dicke Knöchel und kaute unablässig Kaugummi, aber Maury schien hoch befriedigt. Im Taxi, das sie zu Maurys Wohnung brachte, saßen die Mädchen ihnen auf den Knien, und Michael entdeckte eine kleine Warze auf Lucilles Nacken.

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