Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath
Fensterscheibe. So konnte sie das äußerste Ende vom Dachgiebel
des Nachbarhauses sehen. Es war ebenfalls ein neues Haus, allerdings wesentlich größer als ihres, und verfügte über einen Fischteich, gepflasterte Terrassen und einen riesigen, völlig ebenen Rasen mit Sprinklern, die an heißen Tagen achtzehn Stunden lang liefen. Sie sprach nur selten mit ihren Nachbarn, die jedoch gelegentlich lächelten und winkten, wenn Rebecca mit Milly auf der Wiese spazieren ging und sie in ihrem Jaguar vorbeifuhren.
»Tut mir leid, Andrea«, sagte sie. »Du hast Recht. Es muss wirklich traumatisch für dich gewesen sein.«
Ihre Tochter nahm ihr Telefon für ein paar Sekunden vom Ohr. Rebecca hörte Unterhaltungen im Hintergrund und fragte sich, ob Andrea mit den Lippen eine verärgerte Bemerkung über die unmögliche Verschrobenheit ihrer Mutter zu Hause in Derbyshire für jemanden formte, der neben ihr saß, wo auch immer sie war.
»Tja, also«, sagte Andrea, als sie das Telefongespräch fortsetzte, »worüber, in aller Welt, solltest du jetzt mit ihm sprechen müssen, Mum?«
»Es gibt da einige Dinge«, erwiderte Rebecca, »von denen man behaupten könnte, dass sie noch immer nicht geklärt sind.«
»Oh, Gott, Mum. Du treibst mich noch zur Verzweiflung.«
Rebecca lächelte. Ihre Tochter wusste tatsächlich nicht alles.
»Aber wie auch immer«, sagte Rebecca, »er wird sowieso nicht hierherkommen.«
Mit einiger Mühe lächelte und nickte Raymond Proctor und zwang sich, trotz des unguten Gefühls im Bauch freundlich zu sein. Schließlich waren diese Leute seine Gäste. Und davon gab es heutzutage zu wenige auf Wingate Lees. Bei diesen Gästen handelte es sich um eine Familie aus Hertfordshire – Mutter, Vater und zwei Kinder. Ihr Auto stand in der Nähe der Landstraße vor einem der Wohncontainer, bereit zur Abfahrt.
»Und, wo soll’s heute hingehen? Was Schönes vor? Das Wetter sollte mitspielen, nehme ich an.«
Die Frau hielt einen Moment inne und bugsierte ihre Kinder zum Auto. »Die Kinder möchten eine der Höhlen sehen«, sagte sie. »Wir haben uns gedacht, wir besichtigen die, die Sie uns gestern empfohlen haben. Die Peak Cavern.«
»Ah, den Teufelsarsch«, sagte Proctor grinsend.
»Wie bitte?«
»›Devil’s Arse‹, so wird sie heutzutage genannt. Man denkt vermutlich, das steigert ihren Marktwert.« Dann sah Proctor, dass sie nicht lächelte. »Entschuldigung.«
»Wir halten es nicht für angebracht, wenn die Kinder solche Ausdrücke hören.«
Proctor zuckte mit den Schultern. »Ich fürchte, Sie werden es auch auf den Schildern zu lesen bekommen.«
»Dann werden wir vielleicht doch woanders hinfahren. Es gibt ja noch die Speedwell-Höhle.«
»Ja, die ist auch interessant. Aber die Peak Cavern ist die beste. Lassen Sie mich wissen, wie es Ihnen gefallen hat, wenn Sie zurück sind. Richten Sie dem Führer doch bitte Grüße von mir aus, wenn Sie dort sind. Und vergessen Sie nicht, ihn zu fragen …«
»Ja, vielen Dank.« Die Frau drehte sich zum Gehen um.
»War mir ein Vergnügen«, sagte Proctor, der noch immer lächelte. »Unter der Erde spielt das Wetter schließlich keine Rolle, nicht wahr? Ich hab gesagt, es spielt keine Rolle...«
Doch die Frau gab ihm keine Antwort. Sie zerrte an den Sicherheitsgurten der Kinder herum und schnauzte ihren Mann an, als sie neben ihm auf dem Beifahrersitz Platz nahm.
»Es sei denn, es regnet richtig, richtig stark«, sagte Proctor durch zusammengebissene Zähne, nachdem sie den Motor angelassen hatten. »Dann werden die Höhlen vielleicht geflutet, und ihr werdet alle ersaufen .«
Als er mit einem Fußtritt einen Goldlack köpfte, der in
einem Blumenbeet neben der Telefonzelle wuchs, ließ ihn ein stechender Schmerz im Bein zusammenzucken. Da ihm seine Arthritis an diesem Morgen zu schaffen machte, würde es später wahrscheinlich tatsächlich regnen. Er ging langsam am Laden und am Fernsehraum vorbei und ärgerte sich wie jedes Mal über deren Blockhütten-Imitat-Fassaden. Die Außenverkleidung war Connies Idee gewesen – sie sagte, dass sie zum Stil der Bungalows passen und dem Campingplatz ein Thema verleihen würde. Doch Proctor fand, dass er dadurch aussah wie eine Wild-West-Stadt. Einfach viel zu geschmacklos für die Sorte von Gästen, die er nach Wingate Lees locken wollte.
Die Konkurrenz der anderen Campingplätze im Hope Valley war groß, und Wingate Lees lag für den Durchgangsverkehr ein Stück weit weg vom Schuss. Die Leute mussten
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