Der Raecher
dem Westen ablehnend gegenüberstanden, heimlich mit Waffen belieferte. Im angolanischen Bürgerkrieg konnte er nicht nur von seinen ausgezeichneten Portugiesischkenntnissen Gebrauch machen, sondern auch enge Kontakte zur Luftwaffe knüpfen.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 herrschten jahrelang chaotische Zustände. Das Militär führte einfach keine Bestandslisten mehr, und Kommandeure verhökerten ihr Kriegsgerät zu jedem Preis, den sie erzielen konnten. Bout erwarb die sechzehn Transportflugzeuge vom Typ Iljuschin 76 seiner Einheit für ein Butterbrot und stieg ins Charter- und Frachtgeschäft ein.
1992 kehrte er in seine Heimat Tadschikistan zurück. Im benachbarten Afghanistan war soeben der Bürgerkrieg ausgebrochen, und sein Landsmann General Dostum mischte kräftig mit. Die einzige »Fracht«, die der grausame Dostum begehrte, waren Waffen. Bout lieferte sie ihm.
1993 tauchte er im belgischen Ostende auf, einer Drehscheibe für Lieferungen in den Kongo, die von ständigen kriegerischen
Auseinandersetzungen erschütterte ehemalige belgische Kolonie, und von dort ins übrige Afrika. Seine Bezugsquelle, das riesige Waffenarsenal der alten Sowjetunion, wo man noch immer mit fiktiven Inventarlisten arbeitete, war unerschöpflich. Zu seinen neuen Kunden zählten auch die Interahamwe-Milizen, die Völkermörder in Ruanda und Burundi.
Selbst die Belgier waren darüber schließlich so empört, dass sie ihn aus Ostende verjagten. 1995 tauchte er in Südafrika auf und verkaufte nicht nur an die Rebellen von der UNITA in Angola, sondern auch an ihre Gegner von der MPLA-Regierung. Unter Präsident Nelson Mandela wurde ihm allerdings auch hier der Boden zu heiß, und er verließ überstürzt das Land.
1998 tauchte er in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf und ließ sich in Scharjah nieder. Briten und Amerikaner legten dem Emir ihre Dossiers über ihn vor, und drei Wochen bevor Bill Brunton mit Inspektor bin Zayed in seinem Büro saß, war Bout abermals vor die Tür gesetzt worden.
Doch er zog nur fünfzehn Kilometer die Küste hinauf, ließ sich in Ajman nieder und mietete eine Suite im Gebäude der Industrie- und Handelskammer. Das nur vierzigtausend Einwohner zählende Ajman besitzt kein Öl und nur wenig Industrie und konnte daher nicht so wählerisch sein wie Scharjah.
Bill Brunton maß der Beobachtung des Inspektors große Bedeutung bei. Er wusste zwar nicht, warum sich sein Vorgesetzter, Colin Fleming, für den verschwundenen Serben interessierte, aber sein Bericht würde ihm im Hoover-Gebäude sicherlich ein paar Pluspunkte einbringen.
»Und der dritte Mann?«, fragte er. »Sie sagten, Sie kennen ihn vom Sehen. Wissen Sie noch, wo Sie ihn gesehen haben?«
»Natürlich. Hier. Es ist einer Ihrer Kollegen.«
Wenn Bill Brunton gedacht hatte, der Tag hätte keine Überraschungen mehr zu bieten, so sah er sich nun getäuscht. Er spürte, wie sein Magen Kapriolen schlug. Behutsam zog er eine Akte aus der unteren Schreibtischschublade. Sie enthielt eine Liste der Botschaftsangehörigen
mit Fotos. Inspektor bin Zayeed deutete ohne Zögern auf das Gesicht des Kulturattachés.
»Der da«, sagte er. »Das war der dritte Mann am Tisch. Kennen Sie ihn?«
Und ob Brunton ihn kannte. Obwohl sich der Kulturaustausch in Grenzen hielt, war der Kulturattaché ein viel beschäftigter Mann, und zwar deshalb, weil seine Konzertbesuche nur Fassade waren und er in Wahrheit die hiesige CIA-Station leitete.
Die Neuigkeit aus Dubai brachte Colin Fleming zur Weißglut. Nicht weil der Geheimdienst in Langley zu einem Mann wie Wladimir Bout Beziehungen unterhielt. Das mochte im Rahmen der Informationsbeschaffung notwendig sein. Was ihn erzürnte, war, dass ein führender Beamter der CIA Außenminister Colin Powell und seinen eigenen Vorgesetzten, den Justizminister, ganz offensichtlich belogen hatte. Hier spielte jemand mit gezinkten Karten, und er glaubte auch zu wissen, wer. Er rief in Langley an und bestand auf einem sofortigen Treffen.
Die beiden Männer waren sich schon einmal begegnet. Sie waren im Beisein der Nationalen Sicherheitsberaterin, Condoleezza Rice, aneinander geraten und hatten wenig füreinander übrig. Manchmal ziehen sich Gegensätze an, nicht aber in diesem Fall.
Paul Devereaux III. entstammte jenen alteingesessenen Familien, die in Massachusetts lange Zeit fast so etwas wie eine Aristokratie darstellten. Er war ein typischer Spross der gebildeten, konservativen Bostoner Elite.
Bereits im
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