Der Raecher
nicht sehen konnte, weil sie vierhundert Meter entfernt war. Der FBI-Legat in der Belgrader Botschaft
hatte von seinem CIA-Kollegen einen Abzug erhalten, sodass jetzt beide Dienste die gleiche Aufnahme besaßen.
Im Allgemeinen operiert die CIA außerhalb und das FBI innerhalb der Vereinigten Staaten. Gleichwohl ist das Bureau im steten Kampf gegen Spionage, Terrorismus und Kriminalität zu einer engen und umfassenden Zusammenarbeit mit anderen, insbesondere verbündeten Staaten genötigt und entsendet zu diesem Zweck Verbindungsbeamte, so genannte Legal Attachés, ins Ausland.
Es mag so aussehen, als sei der Legal Attaché eine Art Diplomat und unterstehe dem Außenministerium, aber dem ist nicht so. Der »Legat« ist der FBI-Vertreter in der US-Botschaft. Jedem von ihnen schickte der stellvertretende Direktor Fleming das Foto von Zilić mit der Anweisung, es in der Hoffnung auf einen Glückstreffer auszuhängen. Das Glück kam unverhofft in Gestalt von Inspektor bin Zayeed.
Auch Inspektor Moussa bin Zayeed hätte die Frage, ob er ein guter Mensch sei, bejaht. Er diente seinem Emir, Scheich Maktoum von Dubai, in treuer Ergebenheit, nahm keine Bestechungsgelder an, ehrte seinen Gott und zahlte brav Steuern. Und wenn er am Abend einer Nebentätigkeit nachging und seinem Freund von der amerikanischen Botschaft nützliche Informationen zukommen ließ, so war das schlicht und einfach Kooperation mit einem Verbündeten und durfte nicht missgedeutet werden.
So kam es, dass er im Juli bei Außentemperaturen von über vierzig Grad in der angenehmen Kühle der klimatisierten Botschaftslobby Zuflucht suchte und darauf wartete, dass sein Freund ihn zum Essen ausführte. Sein Blick wanderte zum Schwarzen Brett.
Er stand auf und ging hinüber. Zwischen den üblichen Hinweisen auf bevorstehende Ereignisse, Veranstaltungen, Abgänge und Zugänge sowie Einladungen in verschiedene Klubs hing ein Foto, versehen mit der Frage: »Haben Sie diesen Mann gesehen?«
»Und? Haben Sie?«, fragte eine fröhliche Stimme hinter ihm, und eine Hand klopfte ihm auf die Schulter. Es war Bill Brunton, sein Kontaktmann, Gastgeber am heutigen Abend und der Legal Attaché. Sie begrüßten sich freundlich.
»O ja«, erwiderte der Beamte der Spezialabteilung. »Vor zwei Wochen.«
Bruntons Fröhlichkeit war wie weggeblasen. Das Fischrestaurant draußen in Jumeirah konnte warten.
»Gehen wir in mein Büro«, schlug er vor.
»Wissen Sie noch, wo und wann?«, fragte der FBI-Mann, als sie dort angekommen waren.
»Selbstverständlich. Vor ungefähr vierzehn Tagen. Ich besuchte einen Verwandten in Ras al Khaimah. Es war in der Faisal-Straße. Kennen Sie die? Die Küstenstraße, die aus der Stadt hinausführt, zwischen Altstadt und Meer.«
Brunton nickte.
»Na ja, ein Lastwagen stieß rückwärts in eine enge Baustelle. Ich musste anhalten. Links lag ein Straßencafé. Drei Männer saßen an einem Tisch. Einer von ihnen war der da.«
Er deutete auf das Foto, das nun auf dem Schreibtisch des FBI-Manns lag.
»Sind Sie sich ganz sicher?«
»Absolut sicher. Es war dieser Mann.«
»Und er war mit zwei anderen zusammen.«
»Ja.«
»Haben Sie die beiden gekannt?«
»Einen mit Namen, den zweiten nur vom Sehen. Der andere heißt Bout.«
Bill Brunton sog geräuschvoll die Luft ein. Wladimir Bout brauchte kaum einem Geheimdienstmann aus dem Westen oder dem früheren Ostblock vorgestellt zu werden. Er war zur Genüge bekannt, ein ehemaliger KGB-Major und mittlerweile einer der größten Waffenschieber der Welt, ein Händler des Todes ersten Ranges.
Dass er nicht einmal gebürtiger Russe war, sondern ein halber Tadschike aus Duschanbe, bewies sein Talent für die niederen Künste. Wenn die Russen etwas sind, dann das rassistischste Volk auf Erden. In Sowjetzeiten wurden Bürger aus den nichtrussischen Republiken kollektiv als »Chorny« bezeichnet, was so viel wie »Schwarze« bedeutete und durchaus nicht als Kompliment gemeint war. Nur Weißrussen und Ukrainern blieb dieses Schimpfwort erspart, und nur sie hatten ähnliche Aufstiegschancen wie ein richtiger Russe. Dass ein halber Tadschike am renommierten Moskauer Militärinstitut für Fremdsprachen, hinter dem sich ein Ausbildungszentrum des KGB verbarg, ein Studium absolvierte und es bis zum Major brachte, war ungewöhnlich.
Er wurde dem Navigations- und Lufttransportregiment der sowjetischen Luftwaffe zugeteilt, einer weiteren Tarnorganisation, die Guerillas und Regierungen in der Dritten Welt, die
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