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Der Raritätenladen

Der Raritätenladen

Titel: Der Raritätenladen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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versetzte Daniel, »warum sollten sie es nicht?«
    »Es liegt doch hoffentlich nichts Unrechtes oder Unschickliches in einem Nachtessen?« sagte Frau Jiniwin.
    »Gewiß nicht«, erwiderte der Zwerg. »Warum auch? Auch nichts Ungesundes, wenn nicht etwas Hummersalat oder Seegarnelen dabei sind, die, wie ich hörte, etwas schwer im Magen liegen sollen.«
    »Und es wäre Ihnen nicht lieb, wenn Ihre Frau dadurch oder durch sonst etwas zu leiden hätte – nicht wahr?« sagte Frau Jiniwin.
    »Nicht um zwanzig Welten wollt ich das«, versetzte der Zwerg mit einem Grinsen, »ja nicht einmal um zwanzig Schwiegermütter auf einmal – und welch ein Segen würden die nicht sein!«
    »Meine Tochter ist jedenfalls Ihre Gattin, Herr Quilp«, sagte die alte Dame mit einem Kichern, das ironisch gemeint war und andeuten sollte, daß es wohl nötig sei, ihn an die Tatsache zu erinnern, »Ihre angetraute Gattin …«
    »Daran ist kein Zweifel, das ist sie«, bemerkte der Zwerg.
    »Und hat daher hoffentlich ein Recht, zu handeln, wie es ihr beliebt, Quilp«, sagte die alte Dame zitternd – zum Teil vor Zorn, zum Teil aus geheimer Furcht vor ihrem koboldartigen Schwiegersohn.
    »Sie hoffen, daß sie es hat?« entgegnete er. »Wie? Sie wissen also nicht, daß sie es hat? Sie wissen also nicht, daß sie es hat, Frau Jiniwin?«
    »Ich weiß, daß sie es haben sollte, Quilp, und es haben würde, wenn sie wie ich dächte.«
    »Und warum denkst du nicht wie deine Mutter, meine
Liebe?« sagte der Zwerg, indem er sich an seine Frau wandte. »Warum ahmst du nicht immer deiner Mutter nach, meine Liebe? Sie ist eine Zierde ihres Geschlechts – ich zweifle nicht, daß dein Vater jeden Tag seines Lebens so sprach.«
    »Ihr Vater war ein gottgesegneter Mensch, Quilp, und zwanzigtausendmal so viel wert wie gewisse Leute«, versetzte Frau Jiniwin, »ja hundertzwanzigtausendmillionenmal.«
    »Ich hätte ihn gern kennen mögen«, bemerkte der Zwerg. »Ohne Zweifel war er zu Lebzeiten ein gesegneter Mensch, aber ich bin überzeugt, daß er es jetzt noch mehr ist. Es war eine glückliche Erlösung. Ich glaube, er hat lange leiden müssen!«
    Die alte Dame öffnete den Mund, aber es wollte nichts herauskommen. Quilp fuhr mit dem gleichen boshaften Blicke und der gleichen sarkastischen Höflichkeit fort:
    »Sie sehen schlecht aus, Frau Jiniwin; ich weiß, Sie haben sich zu sehr erhitzt, im Sprechen vielleicht, denn das ist Ihre Schwäche. Gehen Sie zu Bett, gehen Sie zu Bett!«
    »Ich werde gehen, wenn es mir beliebt, Quilp, und nicht früher.«
    »So belieben sie jetzt zu gehen! Belieben Sie jetzt zu gehen!« sagte der Zwerg.
    Die alte Frau warf ihm einen zornigen Blick zu, wich aber vor ihm zurück, bis sie zur Tür gelangte, und ließ sichs gefallen, daß er die Tür hinter ihr schloß und sie von den Gästen absperrte, die sich indessen die Treppe hinunterdrängten. Sobald der kleine Mann allein war mit seiner Frau, die zitternd, mit niedergeschlagenen Augen in einer Ecke saß, trat er vor sie hin, schlug die Arme zusammen und sah sie, ohne zu sprechen, eine Weile fest an.
    »O du süßes Dingelchen!« waren die Worte, mit denen er das Schweigen brach, indem er mit den Lippen schmatzte, als ob dies keine bloße Redensfigur sei und sie tatsächlich eine
süße Näscherei wäre. »O du teures Liebchen! O du entzückendes Wesen!«
    Frau Quilp schluchzte; und da sie den Charakter ihres feinen Herrn wohl kannte, schien sie diese Komplimente genauso zu fürchten, als ob sie die gräßlichsten Wutausbrüche gewesen wären.
    »Sie ist doch«, sagte der Zwerg mit grauenvollem Grinsen, »ein solches Juwel, ein herrlicher Diamant, eine wahre Perle, ein Rubin, ein wundervolles goldenes Kästchen mit allen möglichen Edelsteinen besetzt! Sie ist ein Schatz! Ich bete sie an!«
    Die arme kleine Frau zitterte vom Kopf bis zu den Füßen, und indem sie die Augen mit flehendem Ausdruck hob, seufzte sie noch einmal auf und senkte die Lider gleich wieder.
    »Das Beste an ihr«, sagte der Zwerg, indem er näher hüpfte, was infolge seiner krummen Beine, des Spottes und Hohns in seinem Wesen und seines häßlichen Gesichtes unglaublich koboldartig wirkte, »das Beste an ihr ist, daß sie so sanft, so milde ist, daß sie nie einen eigenen Willen und eine liebreizende Mutter hat!«
    Indem er diese letzteren Worte mit einer hämischen Bosheit hervorgestoßen hatte, die außer ihm selbst niemand auch nur annähernd erreichen konnte, stützte Herr Quilp seine Hände auf die

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