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Der Rattenfänger von Hameln

Der Rattenfänger von Hameln

Titel: Der Rattenfänger von Hameln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Browning
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auf ein buntes Band, Das er um seinen Nacken trug.
    Es hing an dessen unterm Rand
    Ein Instrument, als wie zum pfeifen, Und das er mit den Fingern schlug, Als bebe in ihm jede Fiber,
    Ihm Töne zu entlocken wieder.
    „Ich bin zwar nur ein armer Mann, Der nicht viel mehr als spielen kann; Doch rettete ich letzten Mai
    Die Herren in der Tartarei
    Von blutdürstigen Mückenschwärmen.

    In Asien gab’s gewalt’ges Lärmen Von fürchterlichen Vampyrschaaren, Die bald durch mich vernichtet waren.
    Und was Euch jetzo also quält
    Und schier das Leben Euch vergällt, —
    Die Ratten sollen bald verschwinden; Doch müsset Ihr Euch streng verbinden, Mir tausend Goldgulden zu geben.
    Wollt Ihr’s, soll keine Ratt’ mehr leben.
    „Ein Tausend nur? Wohl fünfzig tausend!“
    So tönt es in dem Saale brausend Vom Stadtrat und dem edlen Haupt, Das aller Not ein Ende glaubt.

    VII.
    D er Pfeifer schritt zur Straße nieder, Ein stilles Lächeln um den Mund, Als kenne er die Macht der Lieder, Die nun bald Allen würde kund.
    Und wie wohl Kerzenflammen flimmern, Wenn man d’rauf Salz geworfen hat, Begann’s in seinem Aug’ zu schimmern, Bald grün, bald blau, bald hell, bald matt.
    Die Lippen spitzten sich zum Blasen, Und eh’ viel Laute noch entfloh’n, Ertönt ein eigenart’ger Ton,
    Wie mühsam unterdrücktes Rasen.
    Der Ton schwillt an zum lauten Surren, Und aus dem Surren wird ein Murren, —
    Dann stürzen auch aus jedem Haus, Die Ratten schaarenweis heraus: Große Ratten, kleine Ratten,
    Glänzendbraune und die matten, Fette und auch hagere,
    Kugelrunde magere;
    Ernste Alte, junge Gecken,
    Kinder, die sich spielend necken, Väter, Mütter, Onkel, Tanten,
    Ganze Schaaren von Verwandten, Alle laufen wie zum Tanz
    Geringelt bald, bald lang den Schwanz, Herren mit gewichstem Bart,
    Damen von gar zarter Art,
    Brüder, Schwestern, Männer, Weiber; Alle strecken ihre Leiber,

    Als ginge es um Tod und Leben, All dem Pfeifer nach sie streben.
    Der schreitet still von Gass’ zu Gasse, Die Ratten nach in dichter Masse.
    Bis sie zum Weserfluß gekommen; Der diente keiner Ratt’ zum frommen.
    Es gab dort große, bitt’re Not; Sie fanden alle ihren Tod.
    Nur einer, — die wie Cäsar kühn, —
    Gelang es, mühsam zu entfliehn.
    Sie kehrte heim in’s Rattenland, (Vielleicht dem Leser unbekannt) Erzählte unter vielen Klagen,
    Was sich mit ihnen zugetragen;
    „Wir hörten bei dem ersten Pfeifen Das Schneiden wie von Schinkenstreifen, Zerstoßen wie vom feinsten Obst, Davon der Saft in Strömen floß; Von großart’gen Conservenräumen, Die wir sonst nur erschaut in Träumen, Wurden die Riegel weggeschoben, Aus Oelflaschen der Kork gehoben.
    Von Butterfässern sprang der Reifen, Und Jemand nah’, als wie zum Greifen, Rief uns mit süßer Stimm’ in’s Ohr: Ihr Ratten kommt nur all’ hervor!
    Ein Ende hat’s mit eurem Jammer, Es ward die Welt zur Speisekammer; So kommt und knuspert, beißt und schleckt, —
    Für immer ist der Tisch gedeckt.
    Und g’rade als ich vorwärts sprang

    Und mich auf eine Torte schwang, Wich Alles unter meinen Füßen.
    Elendig hätt ich sterben müssen; —
    Doch schwamm ich wie um Tod und Leben, Euch diese Nachricht noch zu geben.“ —

    VIII.
    D as war eine Freude in der Stadt!
    Man läutete mit den Glocken!
    Der Bürgermeister und sein Rat, —
    Wie konnten sie alle frohlocken!
    Der erstere rief: „Herbei nun all!
    Herbei Ihr Zimm’rer und Schreiner!
    Verstopfet, verklopfet die Löcher all, Erlaubet der Ratten nicht einer Zurückzukehren in unsere Stadt!“ —
    „Zuerst, wenn ich bitten darf Herr Rat, Entledigt Euch Eurer Schulden
    Und gebet mir die tausend Gulden.
    IX.
    „ E in tausend Gulden für solch’ einen Wicht!“
    Der Bürgermeister ward blau im Gesicht Und so erging es den anderen Herren.
    Es hatt’ nicht geholfen ihr Gut zu vermehren, Daß sie so gar viel diniert und supiert, Wenn über die Rattennot sie sinniert.
    Die Fässer im Keller waren geleert Und Medoc und Claret längst aufgezehrt.
    Wie schön, wenn man mit des Spielmanns Sold Sie füllen dürfte mit Rheinweingold.
    Mit solch’ einem hergelaufenen Mann, Der wie ein Zigeuner zu ihnen kam, Braucht man doch keine Umständ’ machen.
    „Ein tausend Gulden! Es wär ja zum lachen!

    Im Ernste habt ihr doch das nicht gemeint?
    Unser Geschäft ist zu Ende lieber Freund.
    Wir sahen’s ja alle; die Ratten sind tot Und machen uns fürder keine Not.
    Doch wollen wir gern uns erkenntlich zeigen: Ein gutes Trinkgeld

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