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Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Titel: Der Regen in deinem Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sahen aus wie das Präsidentenpaar. O Gott, wie lächerlich.« Sie streicht sich das Haar aus dem makellosen Gesicht. »Aber diese Wohnung ist himmlisch, und stell dir vor, er hat sie nur gehasst, weil sie dem Vater gehörte.« Sie verzieht abschätzig den Mund.
    »Und wieso?«
    »Weil der die Mutter mit sämtlichen schönen Frauen betrog, die ihm über den Weg liefen, und nie zu Hause war – das Übliche eben.« Sie bläst sich ein paar Ponysträhnen aus der Stirn.
    »Arbeitest du wieder?«, frage ich, um das Thema zu wechseln.
    »Gerade nicht, aber ein Freund hat mich gefragt, ob ich ihm in seiner Buchhandlung zur Hand gehen will. Das macht bestimmt Spaß, und außerdem lernt man eine Menge Leute kennen.« Sie sieht mich an. »Kannst du dir mich als Buchhändlerin vorstellen?« Sie lacht und ich muss mitlachen. Sie wirft mir ein jahrhundertealtes Kissen an den Kopf. »Hey, sehe ich etwa nicht aus wie eine Intellektuelle?«
    So vergeht die Zeit bis zum Mittagessen, wir plaudern und albern herum, und ich habe das Gefühl, als wäre ich mit einer Gleichaltrigen zusammen und nicht mit einer Erwachsenen. Jetzt verstehe ich noch besser, wieso meine Mutter immer froh war, sie zu sehen. Claudia bringt einen zum Lachen, mit ihr fühlt man sich unbeschwert, alles erscheint möglich, und die Probleme verschwinden.
    Wir fläzen auf den ehrwürdigen Sofas und reden über alles Mögliche, nur nicht über dich.
    Nach dem Mittagessen legt Claudia sich ein wenig hin. Angela kommt erst am Nachmittag, und für den Shoppingmarathon, der uns erwartet, will sie in Form sein.
    »Heute musst du dir einen Haufen Sachen kaufen«, sagt sie. »Du bist ein verdammt hübsches Mädel. Das weißt du, oder?« Und als würde ihr der Schwachsinn von dem umkämpften Jungen erst jetzt wieder einfallen, fragt sie: »Übrigens, wie ist es eigentlich mit diesem Typen ausgegangen, wegen dem du so sauer warst?«
    »Gar nicht. Der weiß nicht, was er will.«
    »Dann vergiss ihn«, sagt sie in routiniertem Ton. »Das lohnt sich nicht.« Sie steht auf, kommt zu mir herüber und gibt mir einen Kuss. »Bis später. Sieh ruhig fern, wenn du möchtest. Du kannst machen, was du willst«, sagt sie fürsorglich, ehe sie in ihrem Zimmer verschwindet.
    Ich strecke mich auf dem Sofa aus, schalte den Fernseher ein und schlafe wohl ein, denn als ich die Augen wieder öffne, steht die lächelnde Angela vor mir, die ich nicht habe kommen hören.
    Ich hatte keine Ahnung, was Claudia mit Shoppingmarathon meinte, bis wir losgegangen sind. Angela riet mir, bequemeSchuhe und praktische Kleidung anzuziehen. Jetzt weiß ich, warum.
    Ich glaube, wir waren in mindestens zwanzig Läden und ich habe die kompletten Winterkollektionen von Dutzenden Modedesignern anprobiert. Am Ende bin ich total erschossen und mit zahllosen Tüten behängt. Nur ein Parfum habe ich selbst bezahlt. Alles andere sind Geschenke von Angela und Claudia. Angela hat die ganze Zeit mit Claudia herumgefrotzelt oder vor den Läden gestanden und geschäftliche Telefonate geführt. Ich habe versucht, mir dich an meiner Stelle vorzustellen und mich gefragt, ob Claudia und Angela wohl auch an dich dachten, wenn sie mich ansahen.
    Zum Abendessen sind wir in ein wunderschönes Restaurant bei Claudia um die Ecke gegangen, so eines, wo der Kellner sofort mit der Weinflasche herbeieilt, sobald man sein Glas leergetrunken hat. Beim Essen haben wir wieder über alles Mögliche geredet, nur nicht von dir, nicht einmal ansatzweise. Dann sind wir nach Hause gegangen und Claudia hat uns ihren berühmten Mandarinenpunsch kredenzt.
    Während wir schweigend vor dem flackernden Kamin saßen, habe ich dich hereinkommen sehen.
    Du hast dich zu uns gesetzt und gewartet. Du warst nicht traurig, aber dein Blick schien zu sagen: Und ich? Habt ihr mich schon vergessen?
    Claudia hat als Erste angefangen, von dir zu sprechen, und da hast du mich angesehen und gelächelt.
    Claudia und Angela kannten dich, wie ich dich nie mehr kennenlernen werde. Sie haben von dir gesprochen, als gäbe ihnen das Zusammensein mit mir das Gefühl, du wärst noch da. Siehaben mir erzählt, wie du einmal in einen Laden gegangen bist, um einen Dufflecoat zu kaufen, und dann hat Claudia angefangen, so viele Klamotten anzuprobieren, dass du darüber vergessen hast, den Dufflecoat wieder auszuziehen. Als ihr aus dem Laden gekommen seid, hattest du ihn noch immer an, während dein alter Parka dortgeblieben war. Keiner hatte etwas gemerkt, und du wusstest nicht, was

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