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Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Der Regen in deinem Zimmer - Roman

Titel: Der Regen in deinem Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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denn alles war es wert, beachtet zu werden: Der Typ, der mit seinem Hund an der Leine über die Straße ging; die Damen, die an der Ampel standen; der Mann im Jaguar, der neben uns hielt. Heißhungrig saugtest du das Leben in dich auf, nicht das winzigste Krümelchen sollte dir entgehen.
    Ich war glücklich, und einen Moment lang glaubte ich, es könnte noch ein Wunder geschehen: Du endlich genesen, ich mit deiner Liebe.
    Diese Erinnerung ist die mächtigste Zauberformel, die ich kenne: Du wirst zu Erde und mein Herz zu Glas.

25. Januar
    Heute in der Schule war es, als wäre ich tatsächlich unsichtbar geworden. Ich habe mit niemandem geredet und niemand hat mich angesprochen. Als Gabriele gekommen ist, habe ich noch nicht mal vom Tisch aufgesehen und so getan, als wäre er gar nicht da. Es war wie am Anfang, als er Zero und ich noch Zeta war. Unglaublich, wie das Ende der Dinge stets dem Anfang gleicht. Es ist, als wäre zwischen uns nie etwas gewesen. Wenn ich an die Male denke, die wir zusammen gewesen sind, kommt es mir wie eine Geschichte vor, die außer mir niemand kennt, als hätte ich sie erfunden. Wenn ich sie erzählen sollte, wüsste ich nicht, wie, und wenn ich sie nicht erzählen kann, habe ich sie vielleicht nur geträumt.
    Auf dem Weg zum Roller habe ich Gabrieles Mutter zwischen zwei parkenden Autos auf der anderen Straßenseite stehen sehen. Suchend blickte sie hierhin und dorthin, um ihn in der Menge herausströmender Schüler auszumachen. Instinktiv bin ich zu ihr hingegangen, und als sie mich erkannte, hat sie gelächelt.
    Sie hat mich gefragt, ob ich ihn gesehen hätte und ob es ihm gut gehe und er jeden Tag in die Schule komme. Ich habe ja gesagt und gemeint, dieses Jahr würde er das Abi bestimmt schaffen. Sie hat mich erfreut angelächelt, mir eine Hand auf den Arm gelegt und sich bedankt. Ich war froh, sie lächeln zu sehen, und habe überlegt, was ich ihr sonst noch Nettes sagen könnte. Ich weiß nicht, was mich dazu drängte, es war nichtFreundlichkeit, sondern ein inneres Bedürfnis, als würde ich mich weniger unglücklich fühlen, wenn ich sie glücklich machte.
    Obwohl es nicht kalt war, hatte sie sich die schwarze Daunenjacke fest um die Schultern gezogen, während sie den Blick unablässig von einer Seite der Schule zur anderen wandern ließ, dabei war Gabriele sicher schon längst nicht mehr da. Plötzlich hat sie mir abermals die Hand auf den Arm gelegt und gesagt, sie müsse gehen, wenn ich Gabriele sehe, sollte ich ihn von ihr grüßen. Ich habe genickt, doch richtig beruhigt sah sie nicht aus. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie noch tagelang dort gestanden und auf ihn gewartet. Jetzt verstehe ich dieses Band aus Blut, Liebe und Sorge. Als sie ging, hat sie mir unendlich leidgetan. Verzweifelt musste ich daran denken, was ich gestern am Strand zu Gabriele gesagt hatte.
    Giovanni habe ich auch heute nicht gesehen. Ich bin noch immer nicht ganz beruhigt, aber solange ich ihn nicht sehe, kann ich damit leben. Ich hätte ihn anzeigen sollen. Jetzt ist es zu spät, und außerdem stünde nach wie vor sein Wort gegen meins. Jemand könnte behaupten, ich wollte nach dem Tod meiner Mutter nur Aufmerksamkeit erregen, was ohne Zeugen und Beweise recht plausibel klänge. Jedes Mal, wenn ich wieder daran denke, steigt blinde Wut in mir auf, ein Ohnmachtsgefühl, das kaum zu ertragen ist.
    In ein paar Tagen fahre ich zu Angela und Claudia. Eine Woche lang bin ich weg. Ich kann es kaum erwarten. In der Schule habe ich es nur Greci gesagt, der gemeint hat, ein wenig Luftveränderung könne mir nicht schaden, er wisse, wie schwer es für mich sei. Ohne meine Mutter, meinte er damit. Und dann hat er gesagt: »Ich kann es immer noch nicht glauben.«Wir haben uns angesehen, und ich habe mit Tränen in den Augen gelächelt. Ehe ich irgendetwas herausbringen konnte, bin ich gegangen, doch es hat mich gefreut, dass jemand mit mir über sie gesprochen hat. Ich wünschte, es würde öfter passieren.

26. Januar
    Heute redet die Klasse über nichts anderes. Als ich hereinkomme, verstummen Sonia, Ilaria und Silvia, und Sonia macht eine Handbewegung, die so viel heißt wie, darüber reden wir später. Ich sitze noch nicht ganz, da kommt Pietro zu mir. »Hast du gehört?«, sagt er und deutet mit dem Kinn auf den leeren Platz neben mir. »Was denn?«, frage ich ihn gleichgültig. »Gestern auf dem Weg nach draußen hat Giovanni Zero die Treppe runtergeschubst.« – »Was?«, frage ich entsetzt. Ilaria und

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