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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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streift die Gummibänder ab.
    »Wo liegt das Problem?«
    »Wir werden von einer Versicherungsgesellschaft aufs Kreuz gelegt und betrogen.«
    »Welche Art von Police?« frage ich. Sie schiebt mir den Papierkram zu, dann wischt sie sich die Hände ab, als wäre sie ihn jetzt los und hätte die Last an jemanden weitergereicht, der imstande ist, Wunder zu wirken. Obenauf liegt eine verschmierte, zerknitterte und abgenutzte Police. Dot stößt eine weitere Rauchwolke aus, und einen Augenblick lang ist Buddy kaum zu sehen.
    »Es ist eine Krankenversicherung«, sagt sie. »Great Benefit Life. Wir haben sie vor fünf Jahren abgeschlossen, als unsere Jungen siebzehn waren. Jetzt stirbt Donny Ray an Leukämie, und die Gauner wollen seine Behandlung nicht zahlen.«
    »Great Benefit?«
    »Richtig.«
    »Nie davon gehört«, sage ich selbstbewußt, während ich die erste Seite der Police überfliege, als hätte ich schon Dutzende solcher Prozesse hinter mir und wüßte alles, was es über Versicherungsgesellschaften zu wissen gibt. Zwei Angehörige sind aufgeführt, Donny Ray und Ronny Ray Black. Beide haben dasselbe Geburtsdatum.
    »Entschuldigen Sie die Ausdrucksweise, aber das ist eine verdammte Drecksbande.«
    »Das sind die meisten Versicherungsgesellschaften«, erkläre ich nachdenklich, und Dot lächelt. Ich habe ihr Vertrauen gewonnen. »Sie haben diese Police also vor fünf Jahren gekauft?«
    »So ungefähr. Habe sämtliche Prämien pünktlich bezahlt und das verdammte Ding nie benutzt, bis Donny Ray krank wurde.«
    Ich bin Student, unversichert. Es gibt keine Policen, die mich oder mein Leben, meine Gesundheit oder mein Auto abdecken. Ich kann mir nicht einmal einen neuen Hinterreifen für meinen ramponierten kleinen Toyota leisten.
    »Und, äh, Sie sagten, daß er stirbt?«
    Sie nickt mit der Zigarette zwischen den Lippen. »Akute Leukämie. Ist vor acht Monaten ausgebrochen. Die Ärzte haben ihm ein Jahr gegeben, aber das schafft er nicht, weil er seine Knochenmarkstransplantation nicht bekommen konnte. Jetzt ist es vermutlich zu spät.«
    »Eine Transplantation?« sage ich verwirrt.
    »Wissen Sie denn nichts über Leukämie?«
    »Nein, jedenfalls nicht viel.«
    Sie klickt mit den Zähnen und verdreht die Augen, als wäre ich ein kompletter Idiot, dann steckt sie die Zigarette wieder in den Mund und tut einen gequälten Zug. Als der Rauch hinreichend exhaliert ist, sagt sie: »Meine Jungen sind eineiige Zwillinge. Also ist Ron, wir nennen ihn Ron, weil er Ronny Ray nicht mag, der ideale Spender für Donny Rays Knochenmarkstransplantation. Das haben die Arzte gesagt. Das Problem ist, daß die Transplantation so an die hundertfünfzigtausend Dollar kostet. Die haben wir nicht. Die Versicherungsgesellschaft müßte zahlen, weil es von der Police her gedeckt ist. Die Schweine sagen nein. Und deshalb stirbt Donny Ray, wegen denen.«
    Sie hat eine erstaunliche Art, auf den Kern der Dinge zu kommen.
    Wir haben Buddy ignoriert, aber er hört zu. Er nimmt langsam seine Brille mit den dicken Gläsern ab und wischt sich mit dem haarigen Handrücken über die Augen. Großartig. Buddy weint. Bosco wimmert am Tisch der ehrenwerten N. Elizabeth Erickson. Und Bookers Mandanten haben wieder Schuldgefühle oder Reue oder sonst ein Kummer gepackt, und er schluchzt in seine Hände. Smoot steht an einem Fenster und beobachtet uns; bestimmt fragt er sich, was das für Ratschläge sind, die wir erteilen, daß sie solche Qualen auslösen.
    »Wo lebt er?« frage ich, nur um eine Antwort zu bekommen, die ich auf meinen Block notieren und damit für ein paar Sekunden die Tränen ignorieren kann.
    »Er lebt bei uns. Ist nie von zu Hause weggegangen. Das ist noch ein Grund, weshalb die Versicherung nicht zahlen will. Sie hat gesagt, weil er volljährig ist, wäre er nicht mehr gedeckt.«
    Ich blättere in den Papieren und werfe einen Blick auf die Briefe von und an Great Benefit. »Steht in der Police, daß der Versicherungsschutz endet, wenn er volljährig wird?«
    Sie schüttelt den Kopf und lächelt verkniffen. »Nein. Davon steht nichts drin, Rudy. Ich habe sie Dutzende von Malen gelesen, und so was steht da nirgends. Hab sogar das ganze Kleingedruckte gelesen.«
    »Sind Sie sicher?« frage ich und betrachte wieder die Police.
    »Ganz sicher. Ich gehe das verdammte Ding seit fast einem Jahr immer wieder durch.«
    »Wer hat sie Ihnen verkauft? Wer ist der Agent?«
    »Irgend so ein blöder Kotzbrocken, der an unsere Tür geklopft und uns dazu

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