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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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den heutigen Tag damit verbracht, alles nur Erdenkliche aus ihrer Mutter herauszuholen, und sind jetzt an dem Punkt angelangt, daß sie ihre Beschützer sind.
    Mich kümmert das nicht im mindesten. Ich kann mir nicht helfen, aber der Gedanke an diese Versammlung bringt mich zum Kichern. Wie lange wird es wohl dauern, bis sie die Wahrheit erfahren?
    Fürs erste ist Miss Birdie glücklich. Und ich gönne ihr dieses Glück.

30
    Ich komme pünktlich zu meiner Neun-Uhr-Verabredung mit Dr. Walter Kord, aber das nützt mir nicht das geringste. Ich warte eine Stunde und lese in Donny Rays medizinischen Unterlagen, die ich längst auswendig kenne. Der Warteraum ist überfüllt mit Krebspatienten. Ich versuche, sie nicht anzusehen.
    Um zehn erscheint eine Schwester, um mich zu holen. Ich folge ihr in einen fensterlosen Raum tief in einem Labyrinth. Wie kommt jemand auf die Idee, sich unter all den medizinischen Spezialgebieten ausgerechnet für Onkologie zu entscheiden? Aber vermutlich muß es wohl irgend jemand tun.
    Wie kommt jemand auf die Idee, sich für die Juristerei zu entscheiden?
    Ich sitze mit meiner Akte auf einem Stuhl und warte weitere fünfzehn Minuten. Stimmen auf dem Flur, dann geht die Tür auf. Ein junger Mann von ungefähr Fünfunddreißig stürmt herein. »Mr. Baylor?« sagt er und ergreift meine Hand, noch bevor ich mich richtig von meinem Stuhl erheben kann.
    »Ja.«
    »Walter Kord. Ich bin in Eile. Können wir das in fünf Minuten erledigen?«
    »Ich denke schon.«
    »Machen wir es so kurz wie möglich. Ich habe eine Menge Patienten«, sagt er und bringt sogar ein Lächeln zustande. Mir ist vollauf bewußt, wie sehr Ärzte Anwälte hassen. Irgendwie kann ich es ihnen nicht übelnehmen.
    »Danke für das Gutachten. Es hat funktioniert. Wir haben Donny Ray bereits vernommen.«
    »Gut.« Er ist ungefähr zehn Zentimeter größer als ich und schaut auf mich herab, als wäre ich ein Idiot.
    Ich knirsche mit den Zähnen und sage: »Wir brauchen Ihre Aussage.«
    Seine Reaktion ist typisch für Ärzte. Sie hassen Gerichtssäle. Und um sie zu vermeiden, erklären sie sich manchmal zu einer aufgezeichneten Vernehmung bereit, die dann anstelle ihrer persönlichen Aussage vor Gericht verwendet werden kann. Aber sie brauchen das nicht zu tun. Und wenn sie es nicht tun, sind Anwälte gelegentlich zu einem unerfreulichen Schritt gezwungen – der Vorladung. Es liegt in der Macht eines Anwalts, so gut wie jedem eine Vorladung ausstellen zu lassen, Ärzte eingeschlossen.
    »Ich bin sehr beschäftigt«, sagt er.
    »Ich weiß. Es ist nicht für mich. Es ist für Donny Ray.«
    Er runzelt die Stirn und atmet schwer, als bereitete ihm dies starkes körperliches Unbehagen. »Ich berechne fünfhundert Dollar die Stunde für eine Zeugenaussage.«
    Das schockiert mich nicht, weil ich damit gerechnet habe. Während des Studiums habe ich Geschichten von Ärzten gehört, die sogar noch mehr berechnet haben. Ich muß betteln. »Das kann ich mir nicht leisten, Dr. Kord. Ich habe meine Kanzlei erst vor sechs Wochen eröffnet und bin dem Hungertod nahe. Dies ist der einzige anständige Fall, den ich habe.«
    Es ist erstaunlich, was die Wahrheit bewirken kann. Dieser Mann verdient vermutlich eine Million Dollar im Jahr, und er ist sofort entwaffnet von meiner Offenheit. Ich sehe Mitleid in seinen Augen. Er zögert eine Sekunde, denkt vielleicht an Donny Ray und daran, wie frustrierend es ist, ihm nicht helfen zu können. Vielleicht tue ich ihm auch leid. Wer weiß?
    »Ich schicke Ihnen eine Rechnung, okay? Bezahlen Sie sie, wann immer Sie können.«
    »Danke, Doktor.«
    »Machen Sie mit meiner Sekretärin einen Termin aus. Können wir es hier machen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Gut. Ich muß weitermachen.«
    Als ich zurückkomme, hat Deck eine Mandantin in seinem Büro. Es ist eine Frau in mittlerem Alter, dicklich, gut angezogen. Er winkt mich herein und stellt sie mir als Mrs. Madge Dresser vor, die eine Scheidung möchte. Sie hat geweint, und als ich mich neben Deck an den Schreibtisch lehne, schiebt er mir seinen Block mit einer Notiz zu: »Sie hat Geld.«
    Wir verbringen eine Stunde mit Madge, und es ist eine traurige Geschichte. Alkohol, Schläge, andere Frauen, Glücksspiel, mißratene Kinder, und sie hat sich nichts vorzuwerfen. Vor zwei Jahren hat sie schon einmal die Scheidung eingereicht, und ihr Mann hat ihrem Anwalt die Kanzleifenster zerschossen. Er spielt mit Waffen herum und ist gefährlich. Ich werfe Deck einen Blick

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