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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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zu, während sie diese Geschichte erzählt. Er weigert sich, mich anzusehen.
    Sie zahlt sechshundert Dollar in bar und verspricht mehr. Wir werden die Scheidungsklage morgen einreichen. Bei der Kanzlei von Rudy Baylor ist sie in guten Händen, versichert ihr Deck.
    Kurz nachdem sie gegangen ist, läutet das Telefon. Eine Männerstimme fragt nach mir. Ich nenne meinen Namen.
    »Ja, Rudy, hier ist Roger Rice, Anwalt. Ich glaube nicht, daß wir uns kennen.«
    Auf meiner Stellungssuche habe ich beinahe jeden Anwalt in Memphis kennengelernt, aber an einen Roger Rice erinnere ich mich nicht. »Nein, das glaube ich auch nicht. Ich bin neu im Geschäft.«
    »Ja, ich mußte die Auskunft anrufen, um Ihre Nummer zu bekommen. Hören Sie, ich stecke mitten in einer Zusammenkunft mit zwei Brüdern, Randolph und Delbert Birdsong, und ihrer Mutter Birdie. Soweit ich verstanden habe, kennen Sie diese Leute.«
    Ich kann mir genau vorstellen, wie sie da zwischen ihren Söhnen sitzt, dämlich grinst und »wie nett« sagt.
    »Ja, Miss Birdie kenne ich sehr gut«, sage ich, als hätte ich den ganzen Tag auf diesen Anruf gewartet.
    »Genaugenommen sitzen sie nebenan hier in meiner Kanzlei. Ich habe mich hinausgeschlichen, um mit Ihnen zu sprechen. Ich arbeite an ihrem Testament und, nun ja, es geht um einen Haufen Geld. Sie haben gesagt, sie hätten versucht, ihr Testament aufzusetzen.«
    »Das stimmt. Ich habe vor ein paar Monaten einen Entwurf angefertigt, aber sie war offensichtlich nicht geneigt, ihn zu unterschreiben.«
    »Warum nicht?« Er macht einen netten Eindruck, tut nur seinen Job, und es ist nicht seine Schuld, daß sie bei ihm sind. Also liefere ich ihm einen kurzen Bericht über Miss Birdies Absicht, ihr Vermögen dem Reverend Kenneth Chandler zu vermachen.
    »Hat sie das Geld?« fragt er.
    Ich kann ihm die Wahrheit nicht sagen. Es widerspräche sämtlichen ethischen Grundsätzen, wenn ich ohne ihre ausdrückliche Zustimmung irgendwelche Informationen über Miss Birdie preisgeben würde. Und die Information, auf die Rice aus ist, habe ich mir mit wenn auch nicht gerade illegalen, so doch mit dubiosen Mitteln verschafft. Mir sind die Hände gebunden.
    »Was hat sie Ihnen erzählt?« frage ich.
    »Nicht viel. Etwas über ein Vermögen in Atlanta, Geld, das ihr zweiter Ehemann ihr hinterlassen hat, aber wenn ich versuche, sie festzunageln, macht sie alle möglichen Ausfüchte.«
    Das kommt mir sehr bekannt vor. »Weshalb will sie ein neues Testament machen?« frage ich.
    »Sie will alles ihrer Familie hinterlassen – Söhnen und Enkelkindern. Ich möchte nur wissen, ob sie das Geld hat.«
    »Darüber kann ich Ihnen nichts sagen. In Atlanta gibt es eine Nachlaßakte, und die ist versiegelt. Weiter bin ich nicht gekommen.«
    Er ist immer noch nicht befriedigt, aber mehr kann ich ihm nicht sagen. Ich verspreche, ihm den Namen des Anwalts in Atlanta und seine Telefonnummer zu faxen.
    Als ich nach neun nach Hause komme, stehen sogar noch mehr Mietwagen in der Einfahrt. Ich bin gezwungen, meinen Wagen auf der Straße stehen zu lassen, und das ärgert mich. Ich schleiche durch die Dunkelheit, und die Leute auf der Terrasse bemerken mich nicht.
    Es müssen die Enkelkinder sein. Ich sitze im Dunkeln am Fenster meines kleinen Wohnzimmers, esse eine Hühnerpastete und lausche den Stimmen. Ich kann die von Delbert und Randolph heraushören. Gelegentlich dringt Miss Birdies Gekicher durch die schwüle Luft. Die anderen Stimmen sind jünger.
    Das muß gelaufen sein wie bei der Notrufzentrale, eine Sache um Leben und Tod. Kommt schnell! Sie ist stinkreich! Wir dachten, die alte Krähe hätte ein paar Dollar, aber doch kein Vermögen. Sie müssen mit einer Art Telefonkette die ganze Familie aufgescheucht haben. Kommt schnell! Euer Name steht im Testament, und daneben steht eine Million Dollar. Und sie denkt daran, es zu ändern. Macht euch schleunigst auf die Socken. Es ist an der Zeit, Granny zu lieben.

31
    Auf Kiplers Rat und mit seiner Zustimmung treffen wir uns für Dots Vernehmung in seinem Gerichtssaal. Nachdem Drummond sie für meine Kanzlei vorgesehen hatte, ohne mich vorher zu fragen, habe ich bewußt weder Ort noch Zeitpunkt zugestimmt. Kipler schaltete sich ein, rief Drummond an, und binnen Sekunden war alles geregelt.
    Als wir Donny Ray vernahmen, konnten alle einen Blick auf den in seinem Fairlane sitzenden Buddy werfen. Ich habe Kipler und auch Drummond erklärt, daß es meiner Meinung nach keinen Sinn hat, Buddy zu vernehmen.

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