Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
Vom Netzwerk:
derartiges Chaos gesehen. Wir schwelgen ein paar peinliche Minuten lang in Erinnerungen, ein verzweifelter Versuch, der Fakultät etwas Erfreuliches abzugewinnen. Ich habe ihn noch nie so niedergeschlagen erlebt. Es sieht fast so aus, als fiele es ihm wirklich schwer, von hier fortzugehen. Er deutet auf einen Stapel Papiere in einem Wild-Turkey-Karton. »Das ist für Sie. Alles neueres Material, das ich in Leistungsverweigerungsfällen verwendet habe. Könnte nützlich für Sie sein.«
    Ich bin noch nicht einmal ganz fertig mit dem letzten Pakken Recherchenmaterial, den er mir in die Hand gedrückt hat. »Danke, Max«, sage ich und betrachte den roten Truthahn auf dem Karton.
    »Haben Sie die Klage schon eingereicht?« fragt er.
    »Äh, nein. Noch nicht.«
    »Das müssen Sie aber. Suchen Sie sich einen Anwalt, der sich mit Prozessen einen guten Namen gemacht hat. Jemanden mit Erfahrung in solchen Fällen. Ich habe eingehend über diesen Fall nachgedacht, und er geht einem an die Nieren. Viel Stoff für die Geschworenen. Ich sehe die aufgebrachte Jury förmlich vor mir, wie sie eine hohe Bestrafung der Versicherung fordern. Jemand muß sich dieses Falls annehmen und die Sache durchziehen.«
    Ich ziehe ja schon, wie besessen.
    Er springt von seinem Stuhl auf und reckt die Arme. »Bei was für einer Kanzlei werden Sie arbeiten?« fragt er, jetzt auf den Zehenspitzen und mit einer Art Yogadehnung seiner Waden beschäftigt. »Weil das hier nämlich ein großartiger Fall für Sie ist. Ich denke nur nach, wissen Sie. Vielleicht sollten Sie ihn in Ihre Firma einbringen, jemanden dort unterschreiben lassen und dann die Knochenarbeit selbst erledigen. Bestimmt gibt es dort jemanden mit Prozeßerfahrung. Sie können mich anrufen, wenn Sie wollen. Ich bin den ganzen Sommer über in Detroit und arbeite an einem Mega-Fall gegen Allstate, aber die Sache interessiert mich, okay? Ich glaube, das könnte eine ganz große Sache werden, eine Grundsatzentscheidung. Ich würde zu gern erleben, wie Sie diese Kerle in die Pfanne hauen.«
    »Was hat Allstate denn angestellt?« frage ich, um vom Thema Firma abzulenken.
    Sein Gesicht verzieht sich zu einem breiten Grinsen, und er verschränkt die Hände über dem Kopf. Er kann es einfach nicht fassen. »Unglaublich«, sagt er, dann stürzt er sich in einen weitschweifigen Bericht über ein wahres Prachtexemplar von einem Rechtsstreit. Ich wünschte, ich hätte nicht gefragt.
    Meine begrenzten Erfahrungen im Umgang mit Anwälten haben mich gelehrt, daß sie alle an derselben Krankheit leiden. Eine ihrer widerwärtigsten Angewohnheiten ist das Erzählen von Kriegsgeschichten. Wenn sie einen großen Prozeß hinter sich haben, wollen sie, daß man das auch erfährt. Wenn sie mit einem großen Fall beschäftigt sind, der sie zweifellos reich machen wird, müssen sie die gute Nachricht unbedingt mit Gleichgesinnten teilen. Max ist so erfüllt von Visionen, wie er Allstate in den Konkurs treiben wird, daß er nachts nicht schlafen kann.
    »Auf jeden Fall«, sagt er, in die Realität zurückkehrend, »kann ich Ihnen bei dieser Sache behilflich sein. Ich komme im Herbst nicht zurück, aber Sie finden meine Adresse und meine Telefonnummer in dem Karton. Rufen Sie an, wenn Sie mich brauchen.«
    Ich hebe den Wild-Turkey-Karton auf. Er ist schwer, und der Boden sackt durch. »Danke«, sage ich. »Das ist wirklich nett von Ihnen.«
    »Ich möchte helfen, Rudy. Glauben Sie mir, es gibt nichts Aufregenderes, als eine Versicherungsgesellschaft fertigzumachen.«
    »Ich werde mein Bestes tun. Danke.«
    Das Telefon klingelt, und er stürzt sich darauf. Meinen schweren Karton unter dem Arm, verlasse ich sein Büro.
    Miss Birdie und ich schließen einen seltsamen Handel ab. Sie ist nicht sonderlich gut im Verhandeln und natürlich auf das Geld nicht angewiesen. Ich bringe sie auf hundertfünfzig Dollar herunter, Nebenkosten eingeschlossen. Außerdem stellt sie mir genügend Möbel zur Verfügung, um die vier Räume einzurichten.
    Als eine Art zusätzliche Mietzahlung erkläre ich mich bereit, ihr auf dem Grundstück zu helfen, vor allem bei der Gartenarbeit. Ich werde den Rasen mähen; auf diese Weise spart sie wöchentlich dreißig Dollar. Ich werde die Hecken beschneiden, Laub zusammenharken, das übliche. Es gab auch vage Andeutungen über Unkrautjäten, aber die habe ich nicht ernst genommen.
    Für mich ist es ein guter Handel, und ich bin stolz auf meine Geschäftstüchtigkeit. Die Wohnung ist mindestens

Weitere Kostenlose Bücher