Der Richter und sein Henker - Der Verdacht
neue die Hände über dem Kopf zusammen und meinte verzweifelt:
»Was die Polizei nicht alles verbietet!«
Bärlach ging und war froh, aus dem Hause hinaus zu sein.
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Tief in Gedanken versunken, aß er gegen seine Gewohnheit nicht in der Schmiedstube, sondern im Du Theatre zu Mittag, aufmerksam in der Mappe blätternd und lesend, die er von Schmieds Zimmer geholt hatte, und kehrte dann nach einem kurzen Spaziergang über die Bundesterrasse gegen zwei Uhr auf sein Bureau zurück, wo ihn die Nachricht erwartete, daß der tote Schmied nun von Biel angekommen sei. Er verzichtete jedoch darauf, seinem ehemaligen Untergebenen einen Besuch abzustatten, denn er liebte Tote nicht und ließ sie daher meistens in Ruhe. Den Besuch bei Lutz hätte er auch gern unterlassen, doch mußte er sich fügen.
Er verschloß Schmieds Mappe sorgfältig in seinem Schreibtisch, ohne sie noch ein mal durchzublättern, zündete sich eine Zigarre an und ging in Lutzens Bureau, wohl wissend, daß sich der jedesmal über die Freiheit ärgerte, die sich der Alte mit seinem Zigarrenrauchen herausnahm. Nur einmal vor Jahren hatte Lutz eine Bemerkung gewagt; aber mit einer verächtlichen
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Handbewegung hatte Bärlach geantwortet, er sei unter anderem zehn Jahre in türkischen Diensten gestanden und habe immer in den Zimmern seiner Vorgesetzten in Konstantinopel geraucht, eine Bemerkung, die um so gewichtiger war, als sie nie nachgeprüft werden konnte.
Dr. Lucius Lutz empfing Bärlach nervös, da seiner Meinung nach noch nichts unternommen worden war, und wies ihm einen bequemen Sessel in der Nähe seines Schreibtisches an.
»Noch nichts aus Biel?« fragte Bärlach.
»Noch nichts«, antwortete Lutz.
»Merkwürdig«, sagte Bärlach, »dabei arbeiten die doch wie wild.«
Bärlach setzte sich und sah flüchtig nach den Traftelet-Bildern, die an den Wänden hingen, far-bige Federzeichnungen, auf denen bald mit und bald ohne General unter einer großen flatternden Fahne Soldaten entweder von links nach rechts oder von rechts nach links marschierten.
»Es ist«, begann Lutz, »wieder einmal mit einer immer neuen, steigenden Angst zu sehen, wie sehr die Kriminalistik in diesem Lande noch in den Kinderschuhen steckt. Ich bin, weiß Gott, an vieles im Kanton gewöhnt, aber das Verfahren, wie man es hier einem toten Polizeileutnant gegenüber offenbar für natürlich ansieht, wirft ein so schreckliches Licht auf die berufliche Fähigkeit unserer Dorfpolizei, daß ich noch jetzt erschüttert bin.«
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»Beruhigen Sie sich, Doktor Lutz«, antwortete Bärlach, »unsere Dorfpolizei ist ihrer Aufgabe sicher ebensosehr gewachsen wie die Polizei von Chicago, und wir werden schon noch herausfinden, wer den Schmied getötet hat.«
»Haben Sie irgendwen im Verdacht, Kommissär Bärlach?«
Bärlach sah Lutz lange an und sagte endlich:
»Ja, ich habe irgendwen im Verdacht, Doktor Lutz.«
»Wen denn?«
»Das kann ich Ihnen noch nicht sagen.«
»Nun, das ist ja interessant«, sagte Lutz, »ich weiß, daß Sie immer bereit sind, Kommissär Bärlach, einen Fehlgriff gegen die großen Erkennt-nisse der modernen wissenschaftlichen Kriminalistik zu beschönigen. Vergessen Sie jedoch nicht, daß die Zeit fortschreitet und auch vor dem be-rühmtesten Kriminalisten nicht haltmacht. Ich habe in New York und Chicago Verbrechen gesehen, von denen Sie in unserem lieben Bern doch wohl nicht die richtige Vorstellung haben. Nun ist aber ein Polizeileutnant ermordet worden, das sichere Anzeichen, daß es auch hier im Gebäude der öffentlichen Sicherheit zu krachen beginnt, und da heißt es rücksichtslos eingreifen.«
Gewiß, das tue er ja auch, antwortete Bärlach.
Dann sei es ja gut, entgegnete Lutz und hustete.
An der Wand tickte eine Uhr.
Bärlach legte seine linke Hand sorgfältig auf den 16
Magen und drückte mit der rechten die Zigarre im Aschenbecher aus, den ihm Lutz hingestellt hatte.
Er sei, sagte er, seit längerer Zeit nicht mehr so ganz gesund, der Arzt wenigstens mache ein langes Gesicht. Er leide oft an Magenbeschwerden, und er bitte deshalb Doktor Lutz, ihm einen Stellvertreter in der Mordsache Schmied beizugeben, der das Hauptsächliche ausführen könnte, Bärlach wolle dann den Fall mehr vom Schreibtisch aus
behandeln. Lutz war einverstanden. »Wen denken Sie sich als Stellvertreter?« fragte er.
»Tschanz«, sagte Bärlach. »Er ist zwar noch in den Ferien im Berner Oberland, aber man kann ihn ja heimholen.«
Lutz entgegnete: »Ich
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