Der Ring Der Jaegerin
anrichten wollte. Aber ich konnte ja auch ein Brot essen. Vielleicht ein Ei kochen.
»Magst du Kalbfleisch, Minni?«
»Mhm, ja.«
»Wie soll es denn zubereitet werden? In Butter gedünstet, vielleicht etwas Paprikapulver darübergestäubt?«
»Igitt.«
»Igitt? Ich hab’s gut gemeint. Aber wenn du es nicht magst …«
»Ich liebe Kalbfleisch. Aber du solltest es in Olivenöl anbraten und dann einen Hauch Salbei dazu.« Sie leckte sich die Lippen. »Paprikapulver ist sooo ordinär.«
»Ich habe aber weder Olivenöl noch Salbei. Also entweder in Butter oder Margarine und nur leicht gesalzen – oder roh.«
»Nun gut, in Butter.«
Ich richtete also die Pfanne und bereitete dieser Gourmetkatze ihr Abendessen. Rundete das Ganze mit einem Schüsselchen lauwarmer Sahne ab und hatte die Lust auf mein gekochtes Ei verloren. Das Kalbfleisch hatte ich probiert und befunden, dass es wirklich gut schmeckte, so in Butter gebraten. Aber Butter ist Fett, und Fett macht fett.
Minni war das ganz augenscheinlich egal. Sie speiste zierlich, und nur ganz leise war ab und zu ein kleiner Schmatzer zu hören.
Ich nahm mir ein Stück Schokolade, das tat’s auch.
Minni kam nach ausgiebigem Lippenlecken zu mir auf das Sofa und sah seltsam schuldbewusst aus.
»Ich habe dir dein Abendessen weggefuttert, nicht?«
»Das macht nichts, Minni. Ich brauche nicht so viel.«
»Doch, Katharina. Du …«
»Ja?«
»Du kannst mir ruhig solche Döschen mitbringen. Das geht auch.«
»Bist du sicher? Ich glaube nicht, dass die deinem verwöhnten Geschmack entgegenkommen. Also ich mag zum Beispiel diese Industrienahrung nicht.«
»Sie machen satt. Eine hungrige Katze kann sehr unruhig werden, weißt du. Manchmal richtig ausfallend. Und ich möchte nicht, dass mir das bei dir passiert.«
Ich warf einen kritischen Blick auf die zerfetzten Vorhänge, und versuchte mir vorzustellen, was passieren würde, wenn Minni mal ausfallend wurde. Die Vorstellung war schaurig.
»Also gut, Katzenfutterdöschen. Sonst noch etwas zu deiner Bequemlichkeit?«
»Eher etwas zu deiner Bequemlichkeit. Eine Kiste mit Sand oder so was, dann kannst du morgens länger schlafen.«
»Mhh.«
Mir kam eine andere Idee.
»Ich bin ganz sauber.«
»Du bist auch sehr klug. Was hältst du davon, die Toilette zu benutzen?«
»Wenn du mir zeigst, wie die funktioniert.«
So hatte ich alsbald das leicht ungewöhnliche Bild vor Augen, wie eine weiße Katze auf dem Rand einer Klobrille saß und anschließend mit einem leichten Pfotendruck die Wasserspülung betätigte.
»Ihr Menschen habt schon geschickte Sachen erfunden«, meinte sie dazu. Dann setzten wir uns wieder zusammen ins Wohnzimmer, und ich holte die Bibel hervor. Mühsam versuchte ich noch ein paar der allerersten Seiten zu entziffern, auf denen in altertümlicher Schrift von Geburt und Tod die Rede war. Aber so sehr ich auch suchte, mehr als die Tatsache, dass Mathilde die Mutter meiner Urururgroßmutter war, konnte ich nicht herausfinden.
»Minni, woher wusstest du das mit diesem Familienzweig derer vom Walde? Und hilft dir das, was wir hier herausgefunden haben, eigentlich weiter?«
Minni war neben mir eingeschlafen und schreckte bei meiner plötzlichen Frage hoch. Aber sie war sogleich hellwach und richtete sich auf, um in das Buch zu schauen.
»Es hilft mir weiter, denn es bestätigt das, was ich vermutet habe. Du bist eine Nachfahrin der Katharina vom Walde.«
»Das sehe ich aber nicht daraus. Wir wissen noch nicht einmal, wer Mathilde war. Sie könnte ja einen Herrn vom Walde geheiratet haben. Ich glaube, die Namensgesetze waren damals noch sehr strikt.«
»Ja. Und trotzdem – Mathilde war die einzige Tochter der Katharina vom Walde. Ihre Mutter starb kurz nach ihrer Geburt.«
»Woher weißt du das?«
»Ich verließ diese Welt mit ihr.«
Mir verschlug es die Sprache. Ich glaube, ich hatte Minni fast fünf Minuten lang wortlos angesehen. Das sagte sie so selbstbewusst und so absolut ernsthaft, dass ich ihr beinahe glauben musste. Obwohl ich von Wiedergeburten und Seelenwanderungen ungefähr so viel hielt wie von Hexenkunst und Wunderheilungen.
»Du wirst wissen, was du da sagst.«
»Ja, Katharina. Aber du glaubst es nicht, das sehe ich dir an der Nasenspitze an. Trotzdem kannst du es ruhig wortwörtlich nehmen. Schau, du hast jetzt schon akzeptiert, dass ich mit dir sprechen kann, das andere sollte dir jetzt auch nicht mehr so schwerfallen.«
Ein süßes Tier. Aber mir blieb ja wohl nichts
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