Der Ring Der Jaegerin
nicht.«
Gehorsam richtete ich einen Teller und reichte ihn dann nach unten. Kritisch schnupperte Minni daran, nahm einen kleinen Bissen, dann noch einen, knackste die Knusperpfötchen und sah dann zu mir auf.
»Gibt Besseres, aber macht satt. Was hast du?«
»Rindfleisch, durchgedreht. Hast du einen Vorschlag, wie ich das zubereiten soll?«
»Tartar, mhm. Schalotten, Eigelb, ein Hauch Knoblauch, ein Tröpfchen Olivenöl.«
»Ich wusste, dass ich wieder die Hälfte vergessen habe.«
»Mach dir nichts draus, das lernst du noch.«
»Für so was hab ich keine Zeit. So, hier deine Sahne. Ich esse das Zeug so wie ich es gewöhnt bin.«
Ich wandte mich von dem futternden Tier ab und machte mir das Fleisch mit Pfeffer und Salz, Zwiebel und Ei an. Ein Restchen blieb übrig – ich musste hungriger gewesen sein, als ich dachte. Minni probierte es, zog die Nase kraus und bemerkte mit leiser Verachtung in der Stimme: »Fad.«
»Wie gut, dass wir die Döschen haben.«
»Dumme Pute.«
»Eben. In Dosen.«
Die nächste halbe Stunde gingen wir uns aus dem Weg. Aber als ich mich mit meinem Statistik-Lehrbuch an den Schreibtisch setzen wollte, um diese absolut nervtötenden Übungsaufgaben zu lösen, kam Minni wieder, frisch geputzt und mit erhobenem Schwanz – oben leicht abgeknickt – auf mich zu.
»Wo hast du deine Bücher stehen?«, fragte sie mit neugierigem Funkeln in den blauen Augen.
»Warum, suchst du etwas zu lesen? Sie stehen hier im Regal, unten die Krimis, darüber etwas gehobenere Lektüre, Bildbände hinter Glas …«
»Hab ich alles schon durchgesehen. Mehr hast du nicht?«
»Also manche Leute würden das schon als eine reichhaltige Sammlung betrachten«, bemerkte ich leicht indigniert. Was diese Katze sich so einbildete.
»Ich suche ein bestimmtes Buch. Etwas älter, so wie die Bibel zum Beispiel.«
»Ich bin kein Antiquariat, ich habe nur neue Bücher. Und jetzt muss ich endlich diese Aufgaben lösen. Stör mich nicht, such dir was Nettes zum Lesen und sei ruhig.«
Minni blieb ruhig. Noch nicht mal das gequälte Kreischen zerreißenden Stoffes störte meine Konzentration. Ich rang mit den Wundern der Gauß’schen Normalverteilung, Stichprobengrößen, signifikanten und anderen Abweichungen, mit geometrischen Reihen und Folgen, und nach anderthalb Stunden warf ich genervt den Bleistift hin. Ich sah mich um. Minni war nirgends zu sehen.
»Minni? Minni … ? Mi … ni?!«
Sie saß im Schlafzimmer, vor einer halbgeschlossenen Schublade. Aus der hingen meine Strumpfhosen – oder was jetzt noch davon übrig war. O nein! Die hatten verdammt viel Geld gekostet.
»Minni!«
Zornentbrannt wollte ich sie mir greifen und ihren Kopf gegen irgendetwas Hartes schlagen. Sie schoss an mir vorbei. Ich hinterher, über den Sessel, hinter den Schrank, die oberste Reihe Bücher kam mir entgegen, auf die Lautsprecher, die CD s flogen nach allen Seiten, die Gardine hoch – da hatte ich sie. Sie fauchte mich an und tatzte nach mir. Ein langer Kratzer schmerzte mich am Arm, und ich ließ die kleine Furie los.
»Du Mistvieh, du widerliches. So was füttert man durch! Raus mit dir! Du kannst dir meinetwegen einen Schnupfen holen, du stinkender Flohfänger.«
Ich wollte sie durch das geöffnete Fenster scheuchen, aber sie wand sich durch meine Beine durch und schlüpfte unter das Sofa.
»Warte«, dachte ich und griff zur Wasserspritze, mit der ich meine paar Blumen befeuchtete. Der erste Spritzer ging daneben, der zweite saß offensichtlich. Sie verzog sich weiter nach hinten zur Wand hin und fauchte empört. Aber ich erwischte sie wieder und wieder, und nach wenigen Minuten gab sie auf.
»Frieden!«, nuschelte sie.
»Komm ganz langsam raus. Und keine Mätzchen, du linker Abschaum aller Katzenartigen!«
»Schon gut, schon gut.«
Ein triefendes, erbärmlich tropfendes, mageres Geschöpf, das feuchte Fell voller Staub und Spinnweben, kroch geduckt unter dem Sofa hervor. Mir kam mal wieder der Verdacht, dass ich als Hausfrau versagt hatte, und Minni tat mir richtig leid.
»O je, Minerva, ein nasser Staubwedel. Wenn du mir versprichst, mich nicht wieder zu kratzen, dann helfe ich dir beim Saubermachen.«
»Bin schon ruhig – hatschi!«
Ich holte ein großes Handtuch und wickelte sie vorsichtig darin ein. Sie zitterte leicht, und ich bekam ein ganz schlechtes Gewissen. Offensichtlich vertrugen diese dünnfelligen Katzen kaltes Wasser nicht besonders. Ich tupfte und trocknete, und sie ließ es ganz ruhig
Weitere Kostenlose Bücher