Der Ring Der Jaegerin
IT- Sup port erlaubte sich ein hohles Lachen, als ich mich meldete.
»Sie haben Ihren Chef wieder alleine an die Tastatur gelassen.«
Ich musste das zu meinem Bedauern bestätigen.
»Hoffentlich haben Sie die automatische Sicherung aktiviert. Was Sie gerade bearbeitet haben, dürfte dabei draufgegangen sein.«
Ich schnaubte leise vor Wut. O nein! Zwei Stunden Arbeit schlicht für die Katz. Manchmal hatte ich das stille Bedürfnis, Mergelstein zu würgen.
Die Tür zu seinem Büro ging zögernd auf.
»Ach, Frau Leyden, ich habe das Gefühl, mit meinem Computer stimmt etwas nicht. Meinen Sie, wir sollten die Computer-Abteilung mal anrufen? Und könnten Sie mir inzwischen mal die aktuellen Nachrichten ausdrucken lassen? Ich muss doch für die Besprechung nachher vorbereitet sein.«
Ich mahnte mich zur Geduld und setzte ihm so nachsichtig wie möglich auseinander, dass derzeit keiner am Netzwerk arbeiten könne.
»Oh, habe ich wieder den falschen Knopf gedrückt?«
»Denkbar!«
»Sie sehen sehr grimmig aus, Frau Leyden. Sind Ihnen ein paar Daten verloren gegangen?«
»Ach, unwesentliche – nur das Zitateverzeichnis meiner Diplomarbeit.«
»Das kann man doch sicher wieder rekonstruieren. Diese DV -Leute sind doch solche Zauberer.«
»Bei einem Netzwerkzusammenbruch fehlt ihnen aber noch der richtige Spruch.«
Es piepste, und das Bild erschien wieder. Ich ignorierte Mergelstein, der mir gebannt über die Schulter sah, und meldete mich wieder an. Dann drehte ich mich um und meinte: »Ich stelle Ihnen jetzt die Mailbox ein. Kommen Sie, wir gehen die Anmeldung noch mal gemeinsam durch.«
Irgendwie kam ich mir zwar etwas anmaßend vor, wie ich ihn so belehrte, aber der Mann wollte es nicht anders. Vielleicht war er einfach zur falschen Zeit auf die Welt gekommen. Mit einem altertümlichen Hauptbuch, Tinte und Feder, schwarzen Stulpen an den Armen wäre er vielleicht ganz brauchbar gewesen, aber diese moderne Technik war sein Verderben. Er hörte mir aufmerksam zu, aber ich war sicher, morgen würde er wieder irgendeinen Kniff finden, den noch kein anderer vor ihm praktiziert hat. Diese Zufälligkeit, diese gänzliche Abwesenheit von Systematik in seinen Fehlern, das war das besonders Unberechenbare an seinem Vorgehen.
Plötzlich flog mich ein Hauch von Heiterkeit an, und bevor ich mir den Mund verbieten konnte, rutschte es mir heraus: »Sie sollten als Software-Tester anfangen. Sie haben ein Talent, Schwachstellen aufzutun.«
Er nahm es mir nicht übel, nein, er kicherte sogar und sah mich fröhlich an.
»Tja, das habe ich wahrscheinlich, ein Talent, Schwachstellen zu finden. Leider scheint’s aber nur instinktiv. Ich kann Ihnen nicht einmal sagen, was ich gemacht habe. Aber so geht mir das oft. So, und jetzt nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Arbeit noch mal abzutippen. Stellen Sie das Telefon rein, ich störe Sie nicht mehr.«
Eigentlich eben doch ein sehr lieber Mann. Ich stellte das Telefon selbstverständlich nicht zu ihm hinüber, denn bevor ich mich anschließend mit der gesamten Telekom anlegen musste, behielt ich das besser in meiner Obhut. Die Verzeichnisse konnte ich morgen früh wieder erfassen, ich hatte ja noch etwas Zeit bis zum Abgabetermin.
Auf dem Nachhauseweg am Abend hielt ich an dem kleinen Einkaufsmarkt in meiner Straße an und musterte prüfend das Angebot an Katzenfutter. Krabben? Thunfisch? Huhn? Huhn, ja, das hatte gefallen, Truthahn auch, vielleicht noch etwas Rind und ein Experiment namens Schleckerkatz. Knusperpfötchen wurden wärmstens empfohlen, um sie über die Mahlzeit zu streuen. Da freut sich die Katz! Na, wenn dem so ist, kann man ja gleich mal sehen, wie gut die Marketingtruppe des Tierfutterherstellers war. Endlich würde ich mal sozusagen aus erster Pfote erfahren, ob sich die Versprechen bewahrheiteten. Ich war auch ein wenig hungrig und nahm mir etwas Tartar mit. Etwas mehr, falls die Werbung doch nicht hielt, was sie versprach. Dann machte ich mich verhältnismäßig gut gelaunt auf den Heimweg. Ich freute mich wider Willen auf Minnis Gesellschaft.
Minerva empfing mich. Sie kam wie ein kleiner weißer Geist aus der Dunkelheit des Vorgartens angesprungen und lief wortlos neben mir die Treppe empor.
»So, Minni, ich habe eingekauft.«
»Riecht man. Zeig mal.«
Ich konnte sie noch immer verstehen. Und bemühte mich, ihr schnellstmöglich das Angebot zu präsentieren.
»Nicht schlecht. Mach mal Schleckerkatz auf. Und diese Knusperdinger darüber. Die kenne ich noch
Weitere Kostenlose Bücher