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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Geist hatte die äußerste Mühe gehabt, um seinen Fortbestand zu sichern.
    Aus diesem sowie auch etlichen anderen Gründen sann Moksha -Jehannum begierig auf Rache. Linden war im Vergleich zum gewaltigen Appetit des Wütrichs nur ein kleiner Happen. Er ließ ihren Körper unbeschadet, um ihn verwenden zu können. Ihre Seele dagegen schändete er so tiefgreifend, daß es auf Vergewaltigung hinauslief. Und er lachte immerzu weiter.
    Das Lachen ihres Vaters, das wie eine Flut aus Mitternacht dem langen Außergebrauchsein des Dachbodens entströmte; ein Schwarm von Alpträumen, in dessen Mitte sie zusammensank; Triumph, der jener grausigen Höhlung, dem Schlund entquoll, bei dem es sich einmal um seinen schwachen Mund gehandelt hatte. Du hast mich ja sowieso nie geliebt. Ihn nicht – und nie jemand anderes. Sie hatte nicht einmal den bloßen Anstand aufgebracht, laut zu weinen, während sie ihre Mutter erstickte, diese arme, kranke Frau allein und voller Entsetzen in die letzte Finsternis vertrieb.
    So mußte das gewesen sein, was Joan empfunden hatte, dies schreckliche, verzweifelte Grauen, das in keiner Hinsicht noch irgendeine Unterscheidung zuließ, nicht einmal dazu in der Lage war, die Laute der Bosheit nur zu dämpfen. Irgendwo in sich selbst gefangen, hatte Joan ihre wütende Begierde nach Covenants Blut, nach dem Genuß seiner Pein mit angesehen. Und nun betrachtete Linden ihn, als schaue sie aus Moksha -Jehannums Augen, hörte ihn mit Ohren, die sich der Wütrich zu eigen gemacht hatte. Nur durch die ghulischen Emanationen der beiden Kreaturen erhellt, stand er wie jemand, der soeben verstümmelt worden war, auf dem Grund der Felskluft. Der stark mitgenommene Arm baumelte an seiner Seite. Alle Konturen seines Körpers wirkten, als wären sie durch seine unablässige Not und Bedrängnis, seine so gut wie vollkommene Erschöpfung bereits zuschanden geworden. Die Blutergüsse in seinem Gesicht verliehen seiner Miene ein mißgestaltetes Aussehen, wie deformiert durch den wachsenden Druck in seinem Innern, in dem er die wilde Magie an die Kette gelegt hatte. Doch seine Augen glänzten wie gebleckte Zähne, loderten den Wütrichen so viel Drohung entgegen, daß Moksha -Jehannums Bruder es nicht gewagt hatte, ihn ein zweites Mal zu schlagen.
    »Bringt mich zu Foul!« sagte er. Offensichtlich hatte er den Verstand verloren. Was ihn bewegte, war keine Verzweiflung; für Verzweiflung war es viel zu brisant. Es war Wahnsinn. Das Sonnenfeuer hatte ihn die geistige Gesundheit gekostet. »Er kann den Ring haben.« Sein Blick bohrte sich direkt in Linden. Schreie wären ihr entfahren, hätte sie noch über eine Stimme verfügt. Er lächelte wie ein Opfer.
    Und da bemerkte Linden, daß sie keineswegs dazu gezwungen war, ihn anzusehen. Zur Bewußtheit konnte der Wütrich sie nicht nötigen. Seine Erinnerungen enthüllten ihr, daß die meisten der von ihm Besessenen sich einfach in den Zustand der Geistlosigkeit geflüchtet hatten. Die seelisch-moralische Gelähmtheit, die sie so angreifbar durch Moksha -Jehannum gemacht hatte, vermochte sie nun zu schützen, nicht vor dem Mißbrauchtwerden, aber der Erkenntnis der damit verbundenen Geschehnisse. Sie brauchte nichts anderes zu tun, als auf den letzten Halt an ihrer Identität zu verzichten. Dann würde es ihr erspart bleiben, das Ergebnis der Kapitulation Covenants miterleben zu müssen.
    In diebischem Vergnügen ermunterte der Wütrich sie regelrecht zum Ablassen von sich selbst. Ihr Bewußtsein diente ihm zum Fraß, ergötzte ihn, erhöhte seine Freude an ihrer Unterwerfung. Aber wenn sie sich in sich selbst zurückzog, konnte er sich die Mühe sparen, die er aufwenden mußte, um sie unter Kontrolle zu halten. Und sie durfte endlich sicher sein – so sicher, wie sie es damals, nach dem Selbstmord ihres Vaters, unter den weißen Decken im Krankenhaus gewesen war –, aller Quälerei enthoben, für alle Pein unerreichbar, sicher wie im Tod. Keine einzige andere Entscheidung stand ihr noch offen.
    Doch sie verwarf sie. Mit der letzten Leidenschaft und Kraft, die noch in ihr vorhanden war, sah sie von ihr ab. Sie hatte schon angesichts der Not Joans versagt, war beim bloßen Anblick von Marids Entstellung mit Hilflosigkeit geschlagen gewesen. Gibbons Berührung hatte sie um den klaren Verstand und ihren Willen gebracht. Seitdem allerdings hatte sie zu kämpfen gelernt.
    In der Höhle des Einholzbaums hatte sie zum erstenmal nach Macht gegriffen und sie genutzt, es gewagt, sich

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