Der Ring der Kraft - Covenant 06
Covenants Gestalt. Er lag in der Nähe am steinigen Untergrund ausgestreckt, mitten in dem mit Blut gezogenen Dreieck. Das Morgenlicht streichelte sein Linden so lieb gewordenes Gesicht wie zum Zeichen einer Verklärung. Aus der Mitte seines Brustkorbs ragte das Messer, das alles, was geschehen war, zwangsläufig unabwendbar gemacht hatte. Der Mann, der Linden hielt wiederholte ihren Namen. »Das tut mir alles furchtbar leid«, sagte er leise. »Ich hätte Sie nicht in diese Geschichte verwickeln dürfen. Wir hätten nicht zulassen sollen, daß seine Ex-Frau bei ihm bleibt. Aber wir haben ja nicht gewußt, daß er in solcher Gefahr schwebt.« Bedächtig drehte Linden den Kopf und begegnete dem müden, beunruhigten Blick Dr. Berenfords. Seine Augen schienen in ihren Höhlen fortgesetzt zu zucken, so heftig zitterten seine Tränensäcke. Sein ältlicher Schnurrbart hing ihm über den Mund. Es fehlte seinem Tonfall an der charakteristischen Mißgestimmheit, in dieser Beziehung ließ seine Stimme ihn im Stich. Beinahe furchtsam stellte er Linden die gleiche Frage wie zuvor Covenant. »Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«
Linden nickte, soweit ihr Kopfschmerz es erlaubte. Die Stimme drang ihr so rauh aus der Kehle, als wäre sie eingerostet. »Sie haben ihn umgebracht.« Aber keine Worte konnten ihrer Trauer Ausdruck verleihen.
»Ich weiß.« Berenford half ihr dabei, sich aufzusetzen. Dann drehte er sich um, klappte seine Arzttasche auf. Im nächsten Moment roch Linden die Schärfe eines Desinfektionsmittels. Mit angenehmer Behutsamkeit teilte er Lindens Haar, betastete die Verletzung, machte sich daran, sie zu säubern. Unterdessen redete er weiter. »Mrs. Jason und ihre drei Bälger sind zu mir nach Hause gekommen. Wahrscheinlich haben Sie sie am Tag Ihrer Ankunft auch vorm Gerichtsgebäude rumlungern sehen. Mit den Schildern, auf denen ›Bereue!‹ stand. Sie gehört auch zu diesen Leuten, die meinen, daß Ärzte und Schriftsteller wie selbstverständlich dazu verdammt sind, eines Tages zur Hölle zu fahren. Aber diesmal hat sie mich gebraucht. Vor ein paar Stunden hat sie mich aus dem Bett geholt. Alle vier ...« Er schluckte krampfhaft. »Sie hatten sich alle ziemlich scheußlich die rechte Hand verbrannt. Auch die Kinder.« Er beendete die Behandlung ihrer Wunde, vermied es jedoch, sie wieder anzuschauen. Für einige Zeit starrte Linden blicklos in die erloschene Asche des Feuers. Dann richtete sie den Blick erneut auf Covenant. Er lag in seinem verschlissenen T-Shirt und der alten Jeans da, als könnten keine Totengewänder der Welt ihn jemals mit Würde ausstatten. Seine Gesichtszüge waren erstarrt in Furcht und Schmerz – und einer eigentümlichen Art von Eindringlichkeit, die wirkte wie Hoffnung. Wäre nicht Dr. Berenford zugegen gewesen, sie hätte Covenant zum Trost in die Arme geschlossen. Er verdiente es nicht, so unbeachtet herumzuliegen. »Zuerst wollte sie nicht mit der Sprache rausrücken«, erzählte der Arzt weiter. »Aber während ich mit ihr zur Klinik gefahren bin, ist sie zusammengeklappt. Irgendwo in ihr war noch so viel Anstand vorhanden, daß es ihr grauste. Ihre Kinder haben pausenlos geheult, und das hat sie nicht aushalten können. Ich vermute, keiner von ihnen hat richtig gewußt, was sie da eigentlich anstellen. Sie haben gedacht, Gott würde endlich anerkennen, was für Gerechte sie sind. Alle hatten sie dieselbe fixe Idee, nach der sie sich gerichtet haben. Sie haben sich derartig hineingesteigert, daß sie ein Pferd abgestochen haben, um an das Blut zu gelangen, mit dem sein Haus beschmiert worden ist. Sie sind nicht mehr ganz bei Verstand gewesen. Ich habe keine Ahnung, warum sie es ausgerechnet auf ihn abgesehen hatten.« Seine Stimme bebte. »Kann sein, weil er ›unchristliche‹ Bücher geschrieben hat. Sie hat dauernd vom ›Meister der Schändung‹ gefaselt. Die Vorstellung dieser Leute war, daß die Welt, wenn sie ihn dazu zwingen konnten, sich als Blutopfer zur Verfügung zu stellen, von Sünde geläutert würde. Vergeltung und Apokalypse sollten kommen. Und Joan war der Köder. Sie glaubten, anders könne er sie gar nicht von ihrer ›Besessenheit‹ erlösen.« Seine Bitterkeit erhöhte sich. »Was für glänzende Einfälle. Wundert mich nicht, daß sie solchen Sachen nicht widerstehen konnten. Ja wahrhaftig, sie dachten, sie retten die Welt, als sie ihre Hände ins Feuer gehalten haben. Erst als Sie sie durch Ihr Eingreifen gestört haben, sind sie aus ihrem Wahn
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