Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
trüben Helligkeit.
    »Mein Bruder ist tot.« Diese Erkenntnis erschütterte ihn noch immer. »Seit dem Ableben unserer Mutter und unseres Vaters, ohne alle andere Sippschaft, habe ich ihn geliebt, und nun ist er tot. Das Geschenk seiner Erd-Sicht hat uns Hoffnung verliehen, wiewohl es ihn mit Martern schlug, und nun ist auch diese Hoffnung tat, und er vermag keine Erlösung zu finden. Wie's den Toten Herzeleids erging, schied auch er in Grauen aus dem Leben. Er wird niemals erlöst werden, mein Bruder Ankertau Seeträumer, stummer Dulder der Erd-Sicht, tapfer bis in den Tod.« Covenant wandte nicht den Kopf. Doch er blinzelte gegen das Stechen in seinen Augen an, bis der Schatten über ihm sie besänftigte. Der Weg der Hoffnung und des Unheils , dachte er stumpfsinnig. Er steht dir offen. Vielleicht war es tatsächlich so gewesen. Möglicherweise hätte ihm der Weg zum Einholzbaum, wäre er zu Linden ehrlich gewesen oder hätte er auf die Elohim gehört, wirklich eine Hoffnung geboten. Aber welche Hoffnung hatte Seeträumer jemals gehabt? Doch selbst bar aller Hoffnung hatte der Riese versucht, alles Unheil auf sich zu nehmen. Und irgendwie hatte er am Schluß seine Stimme wiedererlangt, um einen Warnruf auszustoßen. »Ich richtete an die Auserwählte die Bitte«, sagte Blankehans mit rauher Stimme, »mit dir zu sprechen, doch mochte sie's nicht tun. Als ich den Entschluß faßte, dich selbst aufzusuchen, schalt sie mit mir und forderte mich zur Rücksichtnahme auf. ›Hat er noch nicht genug gelitten?‹ rief sie. ›Kennst du kein Mitleid?‹« Für einen Augenblick schwieg er, ehe er mit leiserer Stimme weitersprach. »Sie hält sich wacker, die Auserwählte. Sie ist nicht länger jenes Weib der Schwäche und Furcht, dem so bange war vor dem Lauerer der Sarangrave-Senke. Aber auch sie war meinem Bruder durch eine besondere Art der Verwandtschaft verbunden, und sein Tod peinigt sie nunmehr auf eigene Weise.« Anscheinend meinte Blankehans damit, daß sie trotz ihrer Weigerung seine Achtung genoß. »Doch was habe ich mit Rücksicht oder Mitleid zu schaffen?« sagte er dann. »Derlei ist zu hoch für mich. Ich weiß nur, Ankertau Seeträumer ist tot. Niemals wird er Erlösung erlangen, wenn nicht du ihn erlöst.«
    Daraufhin zuckte Covenant aus Überraschung und gequälter Bestürzung zusammen. Wenn nicht ich ...? Er war übervoll mit Gift und Auflehnung. Wie soll ich ihn erlösen können? Hätten nicht Enthüllung in letzter Sekunde, Entsetzen und Linden während seines Kampfes gegen die Aura der Schlange des Weltendes tief in ihn einen Keil der Zurückhaltung getrieben, die Luft selbst wäre durch ihn aus keinem anderen Grund verbrannt worden, als daß er aus bloßem Übermaß an Macht hilflos gewesen war und gekränkt. Wie soll ich das nur verwinden? Doch er bewahrte seine Selbstbeherrschung. Und Blankehans wirkte unnatürlich klein, wie er da an der Wand saß, in seiner ausweglosen Trauer auf dem Fußboden hockte. Der Riese war Covenants Freund. Im Lichtschein der Laterne hätte er eine Wiederverkörperung des dahingegangenen Salzherz Schaumfolger sein können, der Covenant buchstäblich alles gegeben hatte. Covenant brachte genug Mitgefühl auf, um Schweigen zu bewahren. »Riesenfreund«, sagte der Kapitän, ohne den Kopf zu heben, »habe ich dir je die Geschichte erzählt, wie mein Bruder Ankertau Seeträumer zu seiner Narbe gekommen ist?« Die buschigen Brauen verbargen Blankehans' Augen. Der Bart ruhte ihm auf der Brust. Der Schatten der Tischkante verdunkelte den unteren Teil seiner Gestalt; seine Hände jedoch waren sichtbar, ineinander verklammert. Die Muskeln seiner Unterarme und Schultern glichen Strängen der Müdigkeit und Zermürbung. »Die Schuld daran war mein«, sagte er gedämpft in den leeren Helligkeitsschein. »Der Übermut und die Torheit meiner Jugend versahen ihn mit jenem Mal, um jedermann zu zeigen, wie wenig ich seiner geachtet hatte. Er war mein Bruder und um einige Jahre jünger als ich, wiewohl die Jahre, die uns trennten, in Anbetracht der Lebensspanne von uns Riesen geringe Bedeutung besaßen. Gewißlich waren wir beide bereits über deine gegenwärtige Zahl von Lebensjahren hinaus, aber wir waren jung, standen noch in frischster Blüte unserer just gereiften Mannheit, und hatten erst kurz zuvor begonnen, die Seefahrerkünste und die Meisterung der Schiffe zu erlernen, die wir liebten. Die Erd-Sicht hatte ihn noch nicht heimgesucht, und so stand nichts zwischen uns als wenige

Weitere Kostenlose Bücher